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Tote Männer Milch (German Edition)

Tote Männer Milch (German Edition)

Titel: Tote Männer Milch (German Edition)
Autoren: Simone Malina
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sieht irgendwie amtlich aus – von der „Niederbayerischen Landmilch“, fügte sie noch hinzu.
    Isolde riss den Briefumschlag auf, las und brach in einem Jubelschrei aus.
    „Ich habe gewonnen!“
    „Schön“, murrte die Müllerin.
    „Zwei Wochen Kanada, in einem Dreisterne-Hotel, für zwei Personen!“
    „Schön“, wiederholte die Nachbarin nur, denn sie hatte die zweite Person schon vor Augen, die an dieser Reise teilnehmen würde. Anstandshalber fragte sie nochmal nach.
    „Wen willst du denn mitnehmen?“
    „Was für eine dumme Frage!“, rief Isolde aus.
    Die Müller nickte betreten.
    „Dich, werde ich mitnehmen!“
    „Mich?“ Die Müller traute ihren Ohren nicht.
    „In zwei Wochen geht’s los!“
    „Kanada“, murmelte Frau Müller selbstvergessen. „Das ist ja am Ende der Welt.“
    „Unendliche Weite, Einsamkeit, Berge, bizarre Felslandschaften…“ Isolde geriet ins Schwärmen.
     
     
     

1 6. Kapitel
     
    Frau Johanna Müller, geborene Dingeldein, war leichenblass. Sie war noch nie geflogen, und nun saß sie in diesem gigantischen Düsenjet, der gleich durchstartete. Die nette Stewardess war ihr beim Anschnallen behilflich und Isolde hatte ihrer aufgeregten Begleiterin vorsichtshalber die Brechtüte in die Hand gedrückt. Hochkonzentriert verfolgte die Müller die Anweisungen des smarten Stewards, der mit komplizierten Handzeichen über Notausgänge informierte und die Fluggäste mit der Handhabung von Schwimmwesten und Sauerstoffmasken vertraut machte. Ebenso gespannt lauschte sie der Ansage des Flugkapitäns, der seine 150 Passagiere im munteren Plauderton willkommen hieß.
    Die Müllerin vermisste in seiner Stimme den nötigen Ernst. In ihren Ohren hörte sich der Pilot an wie ein abenteuerlustiger Vogel, der seine Flugroute gern mal mit ein paar schnittigen Schleifen oder originellen Loopings auflockerte.
    Der spricht ja in einem Marktschreier-Singsang wie der Mikrophonquatschkopf beim Kirchweih-Bingo.
    Zu allem Übel untermauerte Isolde den finsteren Verdacht der Müllerin.
    „Ein aufgewecktes Kerlchen, findest du nicht? Der hat Spaß am Fliegen, das hört man“, schrie Isolde gegen die Geräusche der Triebwerke.
    Die Maschine setzte sich schwerfällig in Bewegung, holperte über die Landebahn, gewann immer mehr an Geschwindigkeit und hob endlich ab. Und wie von der Müllerin vermutet, zog der Pilot noch im Tiefflug eine enge Schleife. Seinen Spieltrieb rechtfertigte er mit dem Vorwand, seinen Fluggästen ein schönes Stadtpanorama zu bieten. Die Gesichtsfarbe der auch sonst nicht arg schönen Müllerin hatte sich derweil eines gräulicheren Tons befleißigt. Ihre Lippen bebten und ihre Lider flatterten im turbulenten Rhythmus der Tragflächen.
    „Ich werde nie wieder so eine Höllenmaschine besteigen. Nie wieder“, schwor sich sie sich.
    Isolde nickte kaum merklich.
     
    Nach einem unspektakulären Flug und der bevorstehenden Landung in Winnipeg , sah das schon alles ganz anders aus. Isolde musste ihre Begleiterin förmlich aus dem Tiefschlaf schütteln.
    „Sind wir schon da?“, maulte die Müllerin verschlafen. Sie rappelte sich wie aus einer Trance, griff nach ihrer Handtasche, stand auf und strebte wie ein Fahrgast im öffentlichen Nahverkehr einem Verschlag entgegen, von dem sie annahm, dass es sich dabei um den Ausgang handelte. Dort wartete sie, bis sich die Stewardess sich ihrer annahm, sie wieder zurück zu ihrem Platz führte und die Müllerin mit ausgesuchter Höflichkeit bat, sich unverzüglich anzuschnallen.
     
    Auf dem Flughafen in Winnipeg wurden sie von einer Hotelangestellten mit dem Geländewagen abgeholt. Obwohl es schon November war, strahlte die Sonne. Die Luft war unverhältnismäßig warm, die Menschen wirkten ausgelassen und freundlich. Die Hostess sprach deutsch. Der Weg ins Hotel dauerte mehr als eine Stunde, führte teilweise durch unwegsames Gelände, schlängelte sich durch üppige Vegetation, vorbei an Wasserfällen, Stauseen und Flusstälern und mündete schließlich auf einen von Kiefern umsäumten Gipfel. Hier stand das Hotel. Ein rustikales, langgestrecktes Gebäude, das den robusten Charme einer störrischen alten Lady ausstrahlte, die den Unbilden der Natur trotzte. Die Herberge erweckte trotz leichter Verschleißerscheinungen einen gemütlichen und anspruchsvollen Eindruck. Beide Damen wurden von der Geschäftsleitung mit einem Glas Sekt herzlich begrüßt und auf ihr Zimmer geführt, welches mit einem Badezimmer, einem Kamin und einer
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