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Tote Männer Milch (German Edition)

Tote Männer Milch (German Edition)

Titel: Tote Männer Milch (German Edition)
Autoren: Simone Malina
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drinsteckt, zu was wir fähig sind, wenn wir zutiefst verbittert sind. Wenn Sie mich fragen“, Frisch blickte zweifelnd seine Kollegin an, die sich konzentriert in die Akte Doris Maibach vertieft hatte.
    „Ja“, sagte sie knapp und blickte dem Kollegen Frisch ungeduldig an.
    „Also, ich glaube, der hat alle Brücken hinter sich abgebrochen. Der ist ausgestiegen, einfach weg, irgendwohin. Ziegenhüten in Griechenland oder Schafe scheren in Australien.“ Frisch blickte verklärt aus dem Fenster, Kommissarin Wagenknecht wieder in ihre Akte.
    „Wir werden sein Haus durchsuchen, seine finanziellen Verhältnisse überprüfen, alle in Frage kommenden Verwandten, Nachbarn, Freunde und so weiter abklappern, das Übliche eben. Vielleicht bestätigt sich Ihre Hypothese.“ Wagenknecht betonte das letzte Wort und hob sarkastisch die linke Augenbraue.
     
    Einige Stunden später verschafften sich die Beamten Zutritt in die Villa. Der zuständige Amtsrichter hatte den Beschluss unterschrieben, ohne den Antrag zu lesen. Alles wirkte sauber und aufgeräumt. Keinerlei Spuren, die auf einen Menschen hindeuteten, der den Boden unter den Füßen verloren hatte.
    „So wie es aussieht“, hob Kommissarin Wagenknecht an, während sie den halb leer geräumten Kleiderschrank inspizierte, „behalten Sie Recht.“ Sie blickte den Kollegen Frisch an, als sei ihr eine andere Feststellung lieber gewesen. „Es sind auch keine Ausweispapiere, Geld oder Sonstiges zu finden. Das Vögelchen scheint tatsächlich ausgeflogen zu sein… wohin auch immer…“
    „Australien“, ergänzte Herr Frisch selbstzufrieden und deutete mit dem Kinn auf die Nachtkommode, auf der ein australischer Atlas lag – aufgeschlagen, und somit als aufschlussreiches Indiz verwendbar.
    Die Wagenknecht nickte widerwillig. In ihren Augen sah alles zu simpel aus, auf nicht greifbare Art, arrangiert. Sie hatte das Gefühl, dass etwas nicht stimmte, wusste aber selbst, dass sich dieses Gefühl oft als trügerisch herausgestellt. Sie musste an ihre Eltern denken. Als ihre Mutter vor fünf Jahren einer schweren Krankheit erlag, sah es beinahe so aus, als würde ihr Vater an diesem Schicksalsschlag zerbrechen. Aber er fasste einen Entschluss. Er kündigte seinen sicheren Job, verkaufte Haus und Auto und lebte seitdem als Selbstversorger in einer kleinen Hütte im Allgäu. Und jedes Mal, wenn sie ihn besuchte, stellte sie fest, dass dieses bescheidene Leben ihn glücklich machte – ja, er war glücklich, glücklicher als vor sechs Jahren – glücklicher als zu der Zeit als ihre Mutter noch lebte – auch das musste sie sich eingestehen. Vermutlich hat mein Kollege Recht, dachte sie, der Maibach hat sich verkrümelt, und vielleicht ist er jetzt auch glücklicher als vorher.
     
    Seit geraumer Zeit war nicht nur Doktor Maibach verschwunden, sondern auch Frau Müllers Kittelschürze. Sie war sich fast sicher gewesen, dass sie die Schürze in Isoldes Schlafzimmer abgelegt hatte, aber eben nur fast. Nun war sie weg. Es war weniger der Verlust des Kleidungsstückes, was ihr Kopfzerbrechen bereitete als vielmehr Isoldes Brief, den sie in ihre Obhut genommen hatte. Die Müllerin machte sich große Sorgen. Was sollte sie Isolde bei ihren morgen anstehenden Besuch sagen, wenn sie darauf angesprochen wurde? Schließlich war sie eine gewissenhafte Person und wollte nicht als Schlampe gelten. Obwohl oder gerade deshalb, weil das Weib ihre Rivalin war. So hoffte sie, dass sie in Anbetracht dieser ereignisreichen Zeiten, vom Thema Brief ablenken konnte.
     
    „Was gibt’s Neues?“, fragte Isolde, als Frau Müller sichtlich erhitzt das Krankenzimmer betrat.
    „Herr Doktor Maibach ist wie vom Erdboden verschluckt!“
    „Ach!“, Isolde versuchte interessiert zu wirken.
    „Die haben gestern die Villa durchsucht!“
    „Tatsächlich“, fragte Isolde schon eifriger, während sie daran dachte, wie viel Kraftanstrengung es sie in der Mordnacht gekostet hatte, das Haus auf Vordermann zu bringen. Sie dachte an den enormen Verbrauch von Putzmitteln, dachte an Pauls Dokumente, die sie schweren Herzens verbrannt hatte, an das Bargeld aus seiner Brieftasche, das nun in ihrer Haushaltskasse lag, und sie dachte an Pauls Kleiderschrank, aus dem sie einige Sachen entwendet und in einem Kleidercontainer entsorgt hatte.
    „Die Kommissarin und ihr Kollege waren bei mir“, machte sich die Müller wichtig. „Die haben mich in diesem Fall um Unterstützung gebeten.“ Die Müllerin gönnte sich eine
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