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Tote Kehren Nicht Zurück

Tote Kehren Nicht Zurück

Titel: Tote Kehren Nicht Zurück
Autoren: Granger Ann
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abgeholt werden. Sie blätterte durch den Inhalt und reichte ihm einen Abzug.

    »Hier. Den kannst du behalten, wenn du magst.« Sie legte die restlichen Bilder auf den Tisch. Das konnte nicht sein – das war nur ein böser Traum. So hatten sich die Dinge nie entwickeln sollen. Er war so dumm gewesen. Er hätte es vorhersehen müssen. Das war ein Albtraum. Carla lag oben im Schlafzimmer und kämpfte mit ihren Kopfschmerzen und der Übelkeit, doch sie litt bestimmt nicht mehr als er. Trotzdem, was für ein Glück, dass sie ausgerechnet heute ihren Migräneanfall hatte. Wenigstens würde sie nicht nach unten kommen und hereinplatzen. Wie hätte er es erklären sollen? Wie konnte er eine Erklärung anbieten, die nicht wie eine faule Ausrede klang? Er fühlte sich ganz elend. Warum hatte er nicht die ganze Zeit über mit offenen Karten gespielt? Warum hatte er es nicht allen gesagt, frei und offen heraus? Der Schnappschuss war gelungen. Eine Gruppe ausgelassener junger Leute, gesund, attraktiv, voller Selbstbewusstsein – die Welt war ihr Zuhause. Jemand schwenkte eine Champagnerflasche. Die meisten waren bereits betrunken, das sah man deutlich, sogar Luke. Andrew war erleichtert, denn es bedeutete, dass Luke sich höchstwahrscheinlich nicht an sämtliche Einzelheiten dieser Begegnung erinnerte. Dann spürte Andrew einen Stachel der Eifersucht in sich, denn er selbst war nie der sportliche Typ gewesen. Er hatte stets die Kameradschaft beneidet, die Feiern nach den Spielen, das Selbstvertrauen, das die sportlichen Jugendlichen ausgestrahlt hatten. Doch der Anflug von Eifersucht wich sogleich Ärger, nicht nur über sie, sondern auch über sich selbst und seine Arbeit. Er war auf dem Festland aufgehalten worden, und zwar tatsächlich den größten Teil des Jahres. Es war nicht das erste Mal, dass er außer Stande gewesen war, zu den Spielen zu erscheinen, sowohl während Lukes Zeit an der Universität als auch schon früher, während seiner Schultage. Doch diesmal hatte seine Abwesenheit mehr ausgemacht als jemals zuvor. Wäre er dort gewesen, er hätte diese Sache verhindert. Er hatte es nicht zugelassen. Er hätte sie gesehen, und irgendwie wäre es ihm gelungen, die beiden auseinander zu halten. Verdammte Europäische Gemeinschaft! Verdammter Job! Verdammter beruflicher Erfolg, verdammt einfach alles! Alles verwandelte sich vor seinen Augen in wertlosen Abfall. Noch nie hatte sich Andrew älter gefühlt, verletzlicher, so fremd in seiner gewohnten Umgebung. Dort draußen existierte eine Welt, in welcher er seiner Überzeugung nach einen wichtigen Part spielte – er war ein bedeutender Mann. Doch in Wirklichkeit gehörte er nicht einmal hinein. Sie hatte nichts für ihn, und er empfand nichts für sie. Er ließ das Foto auf die restlichen auf dem Tisch fallen.

    »Das ist ein sehr albernes Spiel, Kate«, sagte er kalt.

    »Du weißt, dass er … es ist unmöglich! Mein Gott, ich werde nicht zulassen, dass du Luke verletzt. Ich meine es ernst! Ich werde es ihm selbst sagen. Ich werde ihm morgen noch schreiben. Und bis dahin wirst du dich von ihm fern halten, junge Dame!«

    »Wir haben uns ziemlich nett unterhalten«, sagte sie.

    »Er ist sehr süß.« Fast hätte er sie geschlagen.

    »Du wirst dich von meinem Sohn fern halten!« Er hatte die Worte, ohne nachzudenken, hervorgestoßen und sie mehr verletzt, als er beabsichtigt oder auch nur geglaubt hatte, imstande zu sein. Sie zuckte zurück, doch dann beugte sie sich vor und entgegnete mit gleicher Vehemenz:

    »Ich tue das, was ich verdammt nochmal will! Du hast kein Recht, mir Befehle zu erteilen!« Sie hatten die Stimmen erhoben, und nun wurden sie sich beide dessen gewahr. Ein verlegenes Schweigen senkte sich über den Raum. Es verschaffte Andrew Zeit, seine Strategie zu überdenken. Normalerweise war er sehr schlagfertig. Kämpfe nicht auf Terrain, das deinem Gegner besser liegt, sagte er sich. Schaff sie aus dem Haus. Rede erst wieder mit ihr, wenn du Zeit gehabt hast, dir zu überlegen, was du sagen willst, und wenn sie sich ein wenig abgeregt hat. Offensichtlich ist sie aufgebracht, weil du dich nicht gemeldet … weil du zu lange gebraucht hast, um dich bei ihr zu melden. Sie muss verstehen, wie viel du zu tun gehabt hast. Laut sagte er:

    »Es wird bereits spät. Du kannst nicht über Nacht hier bleiben. Es gibt ein Lokal in Bamford, The Crown, und es vermietet Zimmer. Sie sind vernünftig ausgestattet. Gib mir einen Augenblick, um nach Carla zu sehen, ja?
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