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Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)

Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Tote Finnen tanzen keinen Tango: Kriminalroman (German Edition)
Autoren: Markku Ropponen
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der Tasche seiner Shorts Alarm. Es war Tatu. Kuhala blieb am Rand des Schattens stehen, den der Wohnblock warf. Sein Sohn fragte mit vorgeblicher Munterkeit, wie es ihm gehe, aber Kuhala hörte die Sorge aus dem Unterton heraus. Nach einigen lässigen Sätzen entlud sie sich dann auch kurz. »Du hast ziemlich schlecht ausgesehen, da am Ufer beim Johannisfeuer.«
    »Ich? Na, wer tut das nicht, wenn er ohne seinen Schatz auskommen muss?«
    »Hast du also keine …«
    »Doch, doch. Aber sie konnte nicht kommen. Vergiss nicht, mein Junge, die Ärzte haben mir erlaubt, die Klinik zu verlassen, weil der Bums keine bleibenden Schäden hinterlassen hat. Die wissen, was los ist. Mir geht’s gut, du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Aber es ist trotzdem immer schön, deine Stimme zu hören.«
    Tatu lachte. »Ebenfalls … Ach ja, mir ist da noch was zu dem einen Typen eingefallen.«
    »Zu wem?«, fragte Kuhala.
    »Zu dem, den ich irgendwoher kannte.«
    »Da macht bei mir nichts klick.«
    »Na, der, der am Strand die Figuren aus Lehm gemacht hat. Oder war es aus Sand? Er war im Gymnasium zwei Klassen über mir. Vielleicht auch drei. An seinen Namen kann ich mich nicht erinnern, aber er wurde mitten im letzten Schuljahr auf die Straße gesetzt, weil er beim Dealen auf dem Schulgelände erwischt wurde. Und ich hab das Gefühl, als wäre das Ganze vertuscht worden. Sein Vater ist irgendwie reich oder so. Aber mach’s gut! Du kommst doch diesen Sommer noch nach Helsinki?«
    Kuhala versprach es. Seine Gestalt verschwand im Schatten des Wohnblocks.

34
    29. Juni Die Frau, die im Hinterhof im Schatten einer Eberesche auf einer Bank saß, häkelte und hatte in Gedanken versunken die von Hitze und Schwangerschaft geschwollenen Unterschenkel übereinandergelegt. Die Bauchwölbung signalisierte die letzten Wochen der guten Hoffnung. Die Pimpfe im Sandkasten betteten eine Wespe zur Ruhe, der alte Mann, der zur Mülltonne schlurfte, blieb stehen. Er hielt eine Biomülltüte im Arm, die er selbst aus einer Zeitung gefaltet hatte, und musterte Kuhala misstrauisch, als vermute er, dieser sei gekommen, um zu prüfen, ob der Inhalt der Tüte auch den Vorschriften entsprach.
    Ein weißer protestantischer Müllpolizist mittleren Alters.
    Die Frau hörte auf zu häkeln, die Kinder drehten sich mitten in ihrer Zeremonie um. Kuhala versuchte seine Körpergröße und die Reaktionen auf seine Unbekanntheit mit einem Lächeln zu mildern, er war sicher, dass die am Rand des Sandkastens auf einem Birkenblatttotenbett liegende Wespe aus purem Schreck aufleben und davonbrummen würde.
    »Guten Tag. Entschuldigen Sie die Störung, aber in diesem Haus hat es neulich einen unschönen Vorfall gegeben. Sie wissen es sicher, ein Mann wurde tot aufgefunden. Was war das wohl für eine Wohnung? Ich soll dort mit der Renovierung anfangen und müsste mal kurz rein. Leider habe ich die genaue Adresse verloren, so was passiert mir immer.«
    Die Frau deutete nach oben. »Eingang B, oberster Stock. Die Tür, an der kein Name steht.«
    Der alte Mann rückte sein Hörgerät zurecht, mit der Folge, dass die Biomülltüte am Saum aufriss und eine hübsche Menge Bananenschalen, Hühnerknochen, schlecht gewordener Brei und – wie um der Sache den letzten Schliff zu geben – ein schwarzer Regen aus Kaffeesatz zu Boden ging. Kuhala war sicher, auf dem Zeitungsfetzen, den der Mann noch in den Fingern hielt, das Bild des Gefräßigen zu erkennen.
    Die Kinder stimmten einen Choral an.
    Kuhala hörte ihn noch an der Aufzugtür, an deren Griff ein Stück Pappe hing. »AUSSER BETRIEB!« stand darauf. Er schluckte und holte tief Luft.
    Der Weg in den sechsten Stock führte an so vielen Wohnungstüren vorbei, dass er es nie schaffen würde. Seine Nerven würden versagen wie die Biomülltüte des alten Mannes, sein erbärmliches Schauerstück würde ihn schon im ersten Stock umwerfen, und dann würde er dort wimmernd auf den Knien warten, bis man ihn ins Krankenhaus brachte, zu Zwangsjacke und bitteren Tagesrationen von Beruhigungsmitteln.
    »Scheiße!«
    Er hängte sich das Schild vom Aufzuggriff um den Hals, stand eine Weile im Dämmerlicht und verfluchte seinen Entschluss, nicht bei der Whiskyflasche im Büro geblieben zu sein. Zu Fuß nach oben zu gehen war ausgeschlossen, das Haus wieder zu verlassen wäre eine Schande, aber am meisten hasste er sein unentschlossenes Herumstehen, weil er damit sein Krankheitsbild akzeptierte wie sonst ein Idiot.
    Er betrat den Lift und war
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