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Tom Thorne 03 - Die Blumen des Todes

Titel: Tom Thorne 03 - Die Blumen des Todes
Autoren: Mark Billingham
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durchtrainiert und sah gut aus, keine Frage. Er hatte schwarze Haare, die er sehr kurz geschnitten trug, und blaue Augen. Und Holland war sich nicht sicher, vermutete aber, dass Stone sich seiner Wirkung durchaus bewusst war. In einer Hinsicht jedoch war sich Holland sicher: dass Stones Anzüge einen Tick besser geschnitten waren und er sich in dessen Gegenwart wie ein rotbackiger Pfadfinder fühlte. Wahrscheinlich kam Holland bei den Hausfrauen noch immer besser an, aber sie wollten ihn alle bemuttern. Er bezweifelte sehr, ob sie Andy Stone bemuttern wollten.
    Stone hielt sich auch ihren Vorgesetzten gegenüber keineswegs zurück. Und obwohl Holland eigentlich nichts gegen dieses Spielchen einzuwenden hatte, hatte er Probleme, wenn es Tom Thorne betraf. Holland waren die Macken des Detective Inspector nicht unbekannt. Er hatte genug eingesteckt und war bei mehr als einer Gelegenheit gemeinsam mit ihm baden gegangen …
    Trotz alledem war es für Holland das Höchste, dass Thorne ihn schätzte, etwas für beachtenswert hielt, was er getan hatte.
    Er gehörte bereits länger zum Team als Andy Stone, und das, fand Holland, zählte schließlich auch. Anscheinend aber nicht. Stone hatte das große Wort geführt, als sie morgens mit einem Durchsuchungsbefehl vor Mary Remfrys Tür aufkreuzten.
    »Guten Morgen, Mrs. Remfry.« In Anbetracht seiner Größe hatte Stone eine überraschend hohe Stimme. »Wir haben einen Durchsuchungsbefehl und würden gern reinkommen …«
    Sie hatte ihnen den Rücken zugekehrt, die Tür offen stehen lassen und sich wortlos durch den Gang geschleppt. Irgendwo im Haus bellte ein Hund.
    Stone und Holland gingen hinein und standen dann vor der Treppe. Sie mussten sich entscheiden, wer wo begann. Stone nahm sich das Wohnzimmer vor, in dem sie durch die halb offene Tür einen grauhaarigen Mann in einem Sessel sitzen sahen, tief versunken in Kilroy. An die Tür gelehnt, nickte Stone Holland zu und zeigte in Richtung der Küche, wohin sich Mrs. Remfry allem Anschein nach zurückgezogen hatte.
    »Denkst du, eine Tasse Tee wär drin?«
    Sie war nicht drin.
    Holland hatte ein merkwürdiges Gefühl dabei, einen Durchsuchungsbefehl zu brauchen, um sich im Haus eines Opfers umzusehen. Andererseits hatte Stone Recht, Remfry war nun mal wegen Vergewaltigung verurteilt, und die Mutter hatte ihnen durch ihr Verhalten keine andere Wahl gelassen. Sie war nicht nur traurig über den Tod ihres Sohnes, sondern vor allem außer sich vor Wut, weil die Ermittlungen ihrer Ansicht nach in eine völlig falsche Richtung liefen. In Anbetracht der Art und Weise, wie ihr Sohn ums Leben gekommen war, musste diese Spur verfolgt werden, doch sie konnte damit rein gar nichts anfangen.
    »Dougie war immer ein Frauentyp. Die standen alle auf ihn.«
    Sie wiederholte es, nachdem sie plötzlich in der Tür zum Schlafzimmer ihres Sohnes aufgetaucht war, wo Holland systematisch sämtliche Schubladen und Schränke durchsuchte. Mary Remfry, eine Frau von Mitte fünfzig, zog die Strickweste, die sie über ihrem Nachthemd trug, fester vor der Brust zusammen, während sie Holland zwar zusah, aber nicht richtig wahrnahm, was er da eigentlich tat. Sie war vollkommen darauf konzentriert, was sie ihm zu sagen versuchte.
    »Dougie mochte Frauen, und die Frauen mochten ihn. Das weiß jeder.«
    Holland ging rücksichtsvoll zu Werke. Das hätte er auch getan, wenn Mrs. Remfry ihm nicht zugesehen hätte. Doch nun bemühte er sich umso mehr, Respekt an den Tag zu legen, während er sich durch die Schubladen voller Hosen und Pullis arbeitete und die behandschuhten Hände zwischen Kopfkissen- und Bettbezüge schob. In den wenigen Tagen seit seiner Entlassung hatte sich Remfry augenscheinlich nicht viel Neues zugelegt, weder Klamotten noch anderes, doch es war noch jede Menge da aus der Zeit, bevor er ins Gefängnis kam. Sogar noch aus der Zeit, bevor er die Schule verlassen hatte …
    »Er hatte immer genug Weiber«, fuhr Remfrys Mutter fort. »Selbst als er aus dem Knast kam, ließen sie ihn nicht in Ruhe. Ständig riefen welche an. Hören Sie mir eigentlich zu?«
    Holland wandte sich halb um und nickte, bevor er, wie auf Bestellung, einen ansehnlichen Stapel Pornomagazine unter dem Bett hervorzog.
    »Sehen Sie?« Mary Remfry deutete auf die Zeitschriften. »Da drinnen werden sie keinen einzigen Mann finden.« Ihr Stolz war ihr deutlich anzuhören. Als habe Holland soeben den Staub von einem Abschlusszeugnis oder einer Nobelpreisnominierung gepustet.
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