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Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders

Titel: Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders
Autoren: Mark Billingham
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die Ruhe des Beutetiers war, das sich zu schützen versuchte, oder die des Raubtiers, das sich seine Kraft aufhob und darauf wartete zuzuschlagen.
    Palmer sprach und der Gedanke war weggewischt.
    »Das mit Ihrer Kollegin tut mir Leid.« Seine Stimme klang noch tiefer als gewöhnlich und auf alle Fälle ruhiger als vor ein paar Minuten. »Es gibt da etwas, was ich Ihnen sagen muss. Ich bekam die Pistole von einem Mann in einem Pub. Die erste Pistole, meine ich.« Er zeigte mit der Pistole auf Cookson. »Er weiß es. Es ist ein Pub in Kilburn, ich bin mir sicher, Sie können ihn finden …«
    Thorne starrte ihn an. Was zum Teufel sollte das? »Das muss jetzt nicht sein, Martin …«
    »Diese Pistole habe ich von demselben Kerl. Ich bin ihm von dem Pub aus gefolgt. Er hat eine Einzelgarage in Neasden, bei den Eisenbahnwerken, gegenüber von der U-Bahn-Station.«
    Thorne war verwirrt, aber seine Gedanken rasten, stellten Verbindungen her. Neasden, vier oder fünf U-Bahn-Stationen von hier. Fünfzehn Minuten, nicht mehr. Palmer hatte problemlos schneller hierher gelangen können als er. »Martin, das ist nicht wichtig …«
    »Bitte, Sie müssen mir zuhören. Ich hab die Pistole genommen, und da war noch eine Menge Geld
    Cookson schnaubte verächtlich. »Er wird dich umbringen.«
    »Er ist tot.« Cookson riss die Augen auf. Palmer wandte sich wieder an Thorne. »Aber er war ein schlechter Mensch, vielleicht war es also ein gutes Werk. Ich hatte ohnehin keine Wahl.« Er betrachtete die Pistole in seiner Hand. »Ich brauchte … das hier. Ich brauchte ein Dach über dem Kopf. Ich blieb in der Garage. Mit der Leiche. Es begann schon zu riechen …«
    Palmer blinzelte langsam, schloss beinahe die Augen, doch nicht lange genug für Thorne, um sich auf ihn zu stürzen …
    »Das können wir alles später klären, Martin. Wir haben jede Menge Zeit. Lassen Sie jetzt die Pistole fallen. Sie müssen sie loswerden
    Palmer senkte den Arm.
    »Das ist gut, Martin, aber Sie müssen sie fallen lassen. Lassen Sie sie los.«
    Palmer schüttelte den Kopf. Thorne spürte rechts eine Bewegung und drehte den Kopf. Die Kinder in der Turnhalle wurden von den Fenstern weggeführt. Ein Gesicht nach dem anderen verschwand.
    Thorne blinzelte. Das letzte Gesicht, das an die Scheibe gepresst war, mit großen Augen voller Zweifel, gehörte Charlie Garner …
    Da war noch eine Bewegung, undeutlich, fließend, irgendwo über und rechts von ihnen. Endlich war die Verstärkung eingetroffen. Positionen wurden eingenommen, Ziele identifiziert. Ein kurzer Blick sagte ihm, dass auch Cookson es bemerkt hatte.
    »Ich möchte nicht, dass Sie Angst haben«, sagte Palmer unvermittelt.
    Thorne löste die Augen vom Dach. Als er sich wieder Palmer zuwandte, überprüfte er kurz Cookson, der regungslos dastand, die Arme an den Seiten, die Augen schmale Schlitze.
    Palmers Gesichtsausdruck war auf bizarre Weise ernst. »Wirklich, Sie brauchen keine Angst zu haben.«
    »Pistolen machen mir Angst, Martin. Lassen Sie sie fallen.«
    »Sie wissen doch, dass man Angst schmecken kann, oder? Das kommt von der Nebenniere. Das, was man schmeckt, das ist der Geschmack von …«
    Thorne sah, wie sich Palmers Finger bewegten. Er sah zu, wagte es nicht zu atmen, als der Finger sich vom Abzug entfernte.
    Sollte er sich jetzt bewegen! Ihm die Pistole entrei ßen …!
    »Es ist ein merkwürdiger Geschmack. Als beiße man auf Stanniolpapier. Ein leicht metallischer Geschmack. Das kommt von einem chemischen Stoff, der im Adrenalin enthalten ist …«
    Palmer zog den Finger aus dem Abzugshebel. Legte ihn außen auf die Waffe. Gesichert.
    Jetzt musste er handeln. Er war sich nicht sicher, ob McEvoy sich noch mal bewegt hatte …
    »Es heißt Adrenochrom. Wussten Sie das?«
    Thorne schüttelte den Kopf. Er kannte den Namen nicht, doch der Geschmack war ihm sehr wohl bekannt.
    Als Palmer schrie und den Arm hob, sah Thorne, was passierte. Als Palmer die Pistole auf ihn richtete, erkannte Thorne, was er vorhatte.
    Er sah alles viel zu spät.
    Die Kugel aus dem Gewehr des Scharfschützen hatte Palmers Kehle aufgerissen, bevor einer von ihnen auch nur den Schuss gehört hatte.
    Palmer sank merkwürdig langsam auf die Knie, fiel dann jedoch ganz schnell nach vorn auf sein Gesicht. Thorne glaubte zu hören – oder vielleicht bildete er es sich auch nur ein –, wie Nase, Wangenknochen und Brille zerschmettert wurden, als er auf dem Boden aufschlug.
    Thorne reagierte schnell, legte die Hand auf die
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