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Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders

Titel: Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders
Autoren: Mark Billingham
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unter ihr lag.
    Wenigstens bewegte sie sich.
    Langsam rappelte Thorne sich hoch. Seine Augen und die von Andrew Cookson blieben starr auf Martin Palmer gerichtet. Er stand nur ein paar Meter von ihnen entfernt, den Kopf gebeugt, die Hand zitternd um die Pistole geklammert.
    »Was machen Sie hier, Palmer?«, sagte Thorne.
    Palmer blickte auf. Seine Augen wirkten riesig hinter der Brille. Die Pistole schlug gegen sein Bein. »Es tut mir Leid.«
    Hinter Palmer schrie McEvoy auf. Thorne konnte nicht sagen, ob aus Schmerz oder Wut.
    »Es tut Ihnen Leid?«, brüllte Thorne. »Leid …?«
    »Du steckst voller Überraschungen, Martin«, sagte Cookson. »Ich sag dir, du sollst jemanden erschießen, und du kriegst Muffensausen und rennst zur Polizei …«
    Palmer schüttelte den Kopf. »Halt die Klappe, Stuart …«
    Cookson holte nicht mal Luft. »Dann tauchst du aus heiterem Himmel auf und jagst einem von ihnen eine Kugel rein.«
    Palmer hob die Pistole und richtete sie auf Cooksons Brust. »Ich sagte, halt die Klappe.«
    »Natürlich nicht absichtlich. Ich denke, wir wissen, für wen die Kugeln gedacht waren.« Er machte eine Kopfbewegung in Richtung McEvoy. »Das war nur ein glückliches Versehen.«
    Thorne sah zu Cookson, der keine zwei Schritte entfernt stand, und schwor sich, ihm, was immer geschehen mochte, richtig wehzutun.
    Ein Ton drang aus Palmers Kehle, ein tiefes Stöhnen, das als lautes Brüllen aus seinem Mund hervorbrach. Die um den Griff der Pistole gekrallten Knöchel waren weiß, sein Finger zuckte am Abzug. Er nickte ein-, zweimal. Dieses kurze Kopfnicken. Zwang sich zu schießen.
    Was Cookson kalt zu lassen schien. »Ich musste dich immer anheizen, stimmt’s?«, bemerkte er. »Weißt du noch? Es war immer ein kleines Fenster, das ich nutzen musste, um dich zu etwas zu bringen, weil du es nie lange aushieltest. Was hat dich jetzt so aufgebracht? Was genau?« Er stellte die Frage beiläufig, als überprüfe er belanglose Fakten. »War es Karen?«
    Palmer schluckte schwer. Er hob die linke Hand, um die Pistole ruhig zu halten.
    »Ja, genau, das war’s.« Cookson lächelte. » Das war’s, stimmt doch, Martin, oder? Du schaffst es nicht mehr. Du willst mich umlegen, aber was immer dir half, den Mut dazu aufzubringen, es zu versuchen, ist verschwunden, stimmt’s? Aus dir rausgelaufen wie wässrige Scheiße. Jetzt hast du wieder Angst …«
    Thorne sah hinüber zu McEvoy. Er konnte sie nur schwer ausmachen. Die Wolken hingen jetzt tiefer, das Licht war schmutzig und diffus. Die ganze Szene wirkte wie von tausend staubigen Vierzig-Watt-Birnen beleuchtet. Er musste etwas tun. »Ich muss zu meiner Kollegin«, sagte er. Palmer schien ihn nicht zu hören. Thorne trat einen Schritt vor, und eine Sekunde später war die Pistole auf ihn gerichtet.
    »Nein!«, brüllte Palmer.
    Thorne war aufrichtig überrascht. »Worauf wollen Sie hinaus, Martin?« Palmer sagte nichts. Er wirkte verloren. Verloren, verwirrt und mit einer Pistole in der Hand, die auf Thornes Bauch gerichtet war.
    Thorne bemühte sich, ruhig und gleichmäßig zu sprechen. »Da draußen sind bewaffnete Polizisten, die uns beobachten. Die sind darin etwas besser als Sie. Verstehen Sie mich, Martin?«
    Palmer nickte langsam.
    Thorne war sich absolut im Klaren, dass niemand sie beobachtete – noch nicht. Wäre die bewaffnete Einheit bereits da, würde Palmer nicht mit einer Pistole herumstehen. Dann wäre er inzwischen mit ziemlicher Sicherheit tot.
    »Lassen Sie die Pistole fallen, und lassen Sie mich hinübergehen zu meinem Sergeant. Martin …?«
    Rechts von Thorne wurde es hell. Er blickte hinüber und sah, dass die Kinder sie von den Turnhallenfenstern aus beobachteten.
    Die Graupeln fielen dichter.
    »Martin?«, wiederholte Thorne.
    Cookson zuckte mit den Achseln. »Das ist heftig, Mart …«
    Thornes Kopf flog herum, und ein Schauer aus Spucke und Hass ergoss sich über Cooksons Gesicht. »Halt deine verfluchte Klappe. Ich werde dich umbringen, kapiert? Ich hab keine Angst, schon gar nicht vor dir. Mir ist egal, was passiert. Er kann uns beide erschießen, das schert mich einen Dreck. Aber wenn ich dich auch nur atmen höre, bevor das hier vorbei ist, nur ein giftiges Wort, reiß ich dir das Gesicht mit bloßen Händen runter. Ich zieh es dir ab, Nicklin. Ich besorg dir eine neue, frische Identität Cooksons Gesicht war leer. Er war vollkommen ruhig. Thorne dachte, er hätte ihn ins Mark getroffen, aber er konnte sich nicht sicher sein, ob dies
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