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Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders

Titel: Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders
Autoren: Mark Billingham
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außer Atem«, sagte Cookson. »Was haben Sie gemacht?«
    Es war ein Moment schrecklicher Klarheit. Die Art Klarheit, die nur mit entsetzlichem Schrecken oder großem Schmerz einhergeht. Thorne hieß ihn willkommen, wie er eine schmerzende Flamme willkommen heißen würde, die eine Wunde ausbrennt.
    Andrew Cookson …
    »Sie töteten Bowles, weil er Sie erkannte«, sagte Thorne. »Es war kein Zufall. Sie wollten nichts damit sagen. Sie mussten es tun …«
    Cookson legte McEvoy beiläufig eine Hand auf die Schulter. »Der alte Blödmann hätte sich schon vor Jahren zur Ruhe setzen sollen. Konnte kaum noch eins und eins zusammenzählen. Und dann, nach einer halben Stunde mit Ihnen, sieht er mich einmal ohne Bart an und … bumm! Weg sind die Spinnweben. Fängt mich im Lehrerzimmer ab. Deutet mit dem Finger auf mich und schwingt melodramatische Reden. Ich weiß, wer Sie sind. Blödes Arschloch …«
    Thorne sah die Kreidestriche auf Bowles’ Hose vor sich, die Erde, die auf seinen Sargdeckel fiel. Warum hatte er nicht die Polizei angerufen? Warum, wenn er Nicklin in Cookson erkannt hatte, hatte er nicht die Karte genommen, die Thorne ihm gegeben und die Jay in seiner Jackentasche gefunden hatte?
    Die Antwort war schwer zu verdauen. Es war nicht Heldentum gewesen, sondern Verzweiflung. Es war Ken Bowles’ letzte Chance. Die Möglichkeit, diesen Stuhl ein letztes Mal auf dem Kinn zu balancieren.
    »So spaßig sie ist«, sagte Cookson, »die Situation ist nicht ganz einfach, finden Sie nicht auch? Ich denke, wir sollten uns schnell eine Lösung überlegen. Also, irgendwelche tollen Ideen?«
    Sein Ton war ruhig und leicht amüsiert. Nicht schwierig, wenn man der war, der das Messer hatte und es einer Frau an den Rücken hielt.
    »Nicht wirklich«, antwortete Thorne.
    »Das dachte ich mir.«
    Das darauf folgende Schweigen hätte eigentlich bedrohlich sein müssen, doch durch die Kinder, die feixend vorbeiliefen, wirkte es eher seltsam oder peinlich. Thorne fragte sich, wie sie drei wohl aussahen. Cookson und McEvoy hätten ein Liebespaar sein können und er der Exfreund, der soeben auf die beiden stieß und sehr ungelegen kam …
    Cookson lächelte, als überlegte er sich gerade etwas, was ihm ungeheuren Spaß machte. »Sie sind wohl auch allein gekommen, oder?«
    Thorne schoss kurz durch den Kopf, ob er lügen sollte, aber er war nicht schnell genug. Cookson beugte sich vor, bereit, weiterzugehen. »Sie sind mitten in die Party reingeplatzt, aber dadurch lassen wir uns das Vergnügen nicht verderben, stimmt’s, Sarah?« McEvoy zuckte leicht zusammen, als das Messer noch eine Hautschicht tiefer drang. Thorne war kurz davor, sich auf ihn zu stürzen und sein Gesicht mit Fäusten zu bearbeiten. »Also machen wir einfach weiter, als hätten wir Sie nie gesehen. Entschuldigen Sie mich …«
    Es gab nichts, was Thorne hätte tun können. Er musste zur Seite treten und Cookson wegspazieren lassen. Er hegte nicht den geringsten Zweifel, dass er auf die kleinste Provokation hin McEvoy das Messer in die Wirbelsäule rammen würde. Er drehte sich zur Seite und gab Cookson die Gelegenheit, McEvoy durch das Tor zu bugsieren. Thorne sah, dass Cookson in der freien Hand seine Aktentasche trug. Seine Tarnung war perfekt. Auf diesem Gelände fühlte er sich sicher. Nur ein müder Lehrer, der nach einem langen Arbeitstag mit einer Freundin nach Hause ging …
    Plötzlich erstarrte Cookson, blickte nach links und nach rechts. Und dann sah Thorne, was los war. Die Kinder gingen zurück ins Gebäude, einige rannten. Am Rande des Schulhofs waren Lehrer aufgetaucht und hatten begonnen, die Kinder zusammenzurufen, die noch da waren.
    Die Nachricht war angekommen.
    Anweisungen wurden gezischt, es wurde gestikuliert, gewinkt, die Lehrer sorgten dafür, dass der Schulhof sich so geordnet wie möglich leerte. Sie befolgten dabei die Instruktionen, die sie erhalten hatten – die in solchen Situationen Standard waren. Sie versuchten, eine Panik zu vermeiden und niemanden zu erschrecken, schon gar nicht den Mörder, der sich, wie man ihnen gesagt hatte, in der Nähe aufhielt.
    Er war näher, als sie ahnten, und er war erschrocken. Thorne bemerkte sein Zaudern, die Anspannung in Cooksons Gesicht und in der Hand, die Sarah McEvoy unter Kontrolle hatte.
    »Bitte«, sagte McEvoy. Es war eher ein Stöhnen als ein Wort.
    »Anscheinend kommen wir nicht voneinander los«, sagte Thorne. »Die halbe Met wartet da draußen auf Sie. Die meisten davon bewaffnet
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