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Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Titel: Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns
Autoren: Mark Billingham
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Anne noch Bishop ihn gesehen hatten. Beide hatten geradeaus geschaut. Wohin fuhren sie? Thorne hatte auf der Straße nicht genügend Platz, um den Wagen schnell wenden zu können. Ohne nachzudenken, legte er den Rückwärtsgang ein und drückte das Gaspedal durch.
    Die ersten Minuten, während Thorne am Clapham Common entlangfuhr, war er froh, dass er zwei oder drei Wagen hinter Bishops Volvo fuhr, den er an den markanten Rücklichtern erkannte. Er war sicher, dass Bishop keine Ahnung hatte, dass er verfolgt wurde. Thorne war zufrieden damit und wollte entspannt Abstand halten. Und die beiden dorthin fahren lassen, wohin sie wollten. Einmal in seinem verdammten Leben die Vorschriften beachten – auf Nummer sicher gehen.
    Die Sache gelassen angehen.
    Während er darüber nachdachte, bog der Wagen vor ihm ab und gab den Blick auf den Volvo frei.
    An dem Bild stimmte etwas nicht.
    Er brauchte eine halbe Sekunde, dann hatte er es begriffen: Anne war weg.
    Der Wagen hatte ganz sicher nicht angehalten. Anne hatte, ihren Kopf an die Scheibe gelehnt, vor ein paar Minuten noch neben Bishop gesessen. Es gab nur eine Erklärung.
    Sie musste bewusstlos sein.
    Zwischen Thorne und dem Volvo befand sich ein weiterer Wagen. Er versuchte, ihn zu überholen, während der Verkehr einen Bogen nach rechts auf die Clapham Park Road machte. Als Thorne auf der Innenspur überholte, beschleunigte der Volvo und vergrößerte den Abstand. Jetzt sah es so aus, als wüsste Bishop, dass Thorne ihn verfolgte.
    Das war noch nie seine Stärke gewesen. Er hatte viele Verfolgungsjagden aufgenommen, doch wenn es darum ging, den Fuß aufs Gaspedal zu drücken, war er nie gut gewesen. Mit siebzig Stundenkilometer im Dunkeln über eine nasse Fahrbahn zu rasen war verdammt beängstigend.
    Warum sollte Bishop Anne wehtun? Warum jetzt? Thorne müsste den Vorgang eigentlich melden. Doch er hatte kein Funkgerät im Auto. Sein Mobiltelefon hatte er zu Hause gelassen. Er überlegte, ob er anhalten und ein Münztelefon benutzen sollte. Bis ein Einsatzfahrzeug die Verfolgung aufnehmen würde, könnte es bereits zu spät sein. Also musste Thorne dranbleiben.
    Mit achtzig Sachen über die Acre Lane. Die Rücklichter des Volvo verwischten, andere Autos hupten.
    Ohne den Volvo auch nur eine Sekunde aus den Augen zu lassen, wechselte Thorne die Kassette und drehte die Lautstärke auf. Eine andere Art von Musik. Ein Geräusch statt eines Liedes. Eine Melodie, die durch einen stampfenden Rhythmus entstand, der aus Thornes Kopf gesendet zu werden schien. Der Lärm und der Beat wurden zu einem fast Zen-ähnlichen Summen, pulsierten durch seinen Schädel wie der Soundtrack zu einem üblen Computerspiel.
    Konzentrier dich. Das Lenkrad, das unter seinen Fingern vibriert. Der Wagen vor ihm. Das Ziel. Den Hügel hinunter auf die Ampel zu, quietschende Reifen, als er viel zu schnell nach links in die Brixton Road abbiegt.
    Plötzlich weiß Thorne, wohin sie fahren.
    Brixton. SW2. Er erinnert sich an die Adresse aus seinem Notizbuch. Die Seite mit der Überschrift »Kinder«. Thorne war nie dort gewesen. Warum hätte er auch hinfahren sollen?
    Er wusste nun, dass er auch mit einem Durchsuchungsbefehl nichts in Battersea gefunden hätte. Dort, wohin sie jetzt fuhren, befand sich Bishops Arbeitsplatz. Dorthin hatte er Helen und Leonie mitgenommen. Ein Ort, zu dem er einen Schlüssel haben würde. Eine Wohnung, für die er die Kaution hinterlegt hatte. Eine Wohnung, die mit großer Sicherheit spät nachts leer war, wenn der Bewohner arbeitete. Was leicht mit einem Telefonanruf herauszufinden war …
    Der Beat und die Geschwindigkeit, die immer noch zunahmen, und der gegen die Windschutzscheibe peitschende Regen. Und Thornes Hände auf dem Lenkrad, die nur von den Bewegungen der beiden roten Rücklichter vor ihm dirigiert werden. Seine Augen auf diese beiden roten Lichter gerichtet, die, als der Volvo plötzlich bremst, aufblitzen wie die Augen eines glitschigen, dunklen Ungeheuers, das laut losbrüllt und sich schnell von ihm entfernt, als der Volvo über die rote Ampel fährt und er keine andere Möglichkeit hat, als es ihm gleichzutun.
    Aus dem Augenwinkel sieht er links den blauroten Streifenwagen und tausend Meter vor ihm einen zweiten.
    Das Letzte, was er jetzt braucht. Zwei verdammte schwarze Ratten, die paarweise arbeiten.
    Als Thorne die Geschwindigkeit drosselt und mit den Fäusten aufs Lenkrad hämmert, sieht er, wie die Augen des dunklen Ungeheuers immer kleiner
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