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Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Titel: Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns
Autoren: Mark Billingham
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werden.
     
    Als der Constable, ein fettes Arschloch mit pockennarbigem Gesicht und Walross-Schnauzer, endlich zur Fahrertür geschlendert kam, war das Erste, was er sah, ein Dienstausweis, der gegen das Fenster gehalten wurde. Das Erste, was Thorne sah, als er den Ausweis wieder einsteckte, war der blasierte Blick, den der Constable seinem Kollegen im Streifenwagen zuwarf: Sieh mal, was wir hier haben.
    Thorne holte tief Luft. Dies würde interessant werden.
    Das Walross machte lässig eine Drehbewegung mit seinem Zeigefinger. Fenster runter. Thorne zählte bis drei und drehte die Scheibe wie ein braver Junge nach unten.
    »Detective Inspector Thorne, SCG West.« Keine Reaktion. Mit Sicherheit hatte Thorne nicht erwartet, dass der andere seine Hand an die Schläfe legen und höflich »Gute Fahrt, Sir« wünschen würde, aber das hier würde übel ausgehen.
    Uralte Animositäten. Zivil und Uniform. I rgendjemand und Verkehrspolizei.
    »Achtzig Stundenkilometer plus eine rote Ampel im strömenden Regen. Nicht sehr klug, oder?« Mit einem ordinären Akzent bemühte er sich, sarkastisch zu klingen.
    »Ich verfolge einen Verdächtigen«, erklärte Thorne trocken. Der Constable drehte sich lässig um, beobachtete, wie der Verkehr in der Ferne verschwand, und lächelte, während der Regen von der Spitze seines Helms tropfte. Thorne versuchte, seine Wut im Zaum zu halten. »Ich war dabei, einen Verdächtigen zu verfolgen.«
    »Sie waren dabei, wie ein Idiot zu fahren.«
    Thorne stieg aus dem Wagen. Er merkte bereits, dass ihm gleich die Sicherung durchbrennen würde. »Springen Sie gewöhnlich immer so mit Mitgliedern des Staatsdienstes um?«
    Mit einem hinterhältigen Grinsen drehte sich der Constable zu seinem Kollegen um. »Sie sind doch nicht im Staatsdienst, oder?«
    Thorne stand regungslos da und starrte einfach nur geradeaus. Der Regen lief ihm an seinem Kragen hinunter.
    Er dachte an den ersten Brief des Mörders. Er dachte an Anne, wie sie, unfähig sich zu bewegen, auf dem Ledersitz zusammengesunken war. Bishop ließ wahrscheinlich klassische Musik laufen … Scheiße.
    Gottverdammte Scheiße …
    »Haben Sie getrunken, Sir?«
    »Was?« Langsam kapierte er gar nichts mehr.
    »Eine ganz einfache Frage. Ihr Wichser scheint wohl zu denken, ihr stündet über dem Gesetz …«
    Thorne packte ihn an der Jacke, wirbelte ihn herum und drückte ihn gegen den Wagen. Die Mütze landete im Rinnstein. Aus dem Augenwinkel sah Thorne, dass der andere aus dem Streifenwagen stieg. Ohne sich umzudrehen, schrie er: »Ich bin Detective Inspector! Steigen Sie gefälligst wieder in den Wagen!«
    Der Kollege des Walrosses tat, wie ihm gesagt wurde. Thorne widmete sich wieder dem Mann vor ihm ; der Regen prasselte auf die beiden herunter. Gesicht an Gesicht standen sie an der Straße. Vorbeifahrende Autos drückten zustimmend auf die Hupe – die Fahrer von Brixton freuten sich, dass ein Bulle endlich das von einem unschuldigen Autofahrer bekam, was er verdiente.
    Thorne sprach so laut, dass er in dem Lärm des Regens, der auf die reflektierende Plastiksicherheitsweste des Polizisten prasselte, deutlich zu verstehen war. »Jetzt hör mir genau zu, du fettes Arschloch: Ich steige jetzt wieder in meinen Wagen und fahre weiter, und wenn du auch nur eine Augenbraue hebst, wirst du dich eine Woche lang nicht mehr bewegen können. Das war eine Drohung. Das Nächste ist ein Befehl. Kriegst du das in deinen Schädel?«
    Das Walross nickte. Thorne lockerte den Griff nur leicht.
    »Das ist eine Dienstanweisung, verstanden? Steig in deinen Wagen und schalt dein Funkgerät ein. Ich will, dass du mit jemandem bei der Sonderkommission Backhand in der Edgware Road Kontakt aufnimmst. Es geht um Detective Inspector Dave Holland …«

 
    In meinem Traum renne ich.
    Es ist nichts Aufregendes. Nicht über ein Weizenfeld oder durch die Wellen auf einem vom Sturm gepeitschten Strand oder so was. Und ich renne auf niemanden zu. In der Ferne steht niemand, hält die Arme auf und sehnt sich nach einem Kuss von mir. Kein Soldat, der aus dem Krieg zurückkommt, oder ein Filmstar. Nicht Tim. Nur ich.
    Ich renne einfach nur.
    Das ist komisch, weil ich rennen immer gehasst und alles getan habe, um es nicht tun zu müssen. Ich fand jede Art von sportlicher Betätigung schon immer furchtbar. Zum Bus zu rennen, wenn ich es unbedingt muss, ist die Obergrenze, und das macht mich für den Rest des Tages fertig. Aber jetzt …
    Ich renne, ich sprinte, und es kommt mir so
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