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Tokio Vampire

Tokio Vampire

Titel: Tokio Vampire
Autoren: Florine Roth
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Haare waren schwarz, länger als meine und zu wilden Stacheln frisiert. Ich musste ihn anstarren und machte mich sicher gerade komplett zum Idioten!
    Weil ich immer noch nichts sagte, reichte der Junge mir die Hand, um mich hochzuziehen. Ich war froh, dass ich wenigstens darauf reagieren konnte.
    Seine Hand war kalt und glatt. Er war bestimmt erst gerade von draußen hereingekommen. Mit einem sanften Ruck wurde ich wieder auf die Beine gestellt. Ich war erstaunt, dass er sich gar nicht anstrengen musste, denn er war kaum größer als ich und eher schmal. Schmale Schultern, schmale Hüften, fast wirkte er jünger als ich, obwohl er mit Sicherheit mindestens so alt war wie meine Schwester.
    „Danke“, presste ich schließlich hervor.
    „Ist alles in Ordnung?“, fragte er besorgt.
    „J... ja, klar.“
    Ich war noch immer völlig durcheinander, meine Knie waren weich wie frisch gekochter Pudding. Wie konnte ein Typ so geil aussehen? Und wieso musste ich ausgerechnet in ihn hineinrennen? Und warum war ich überhaupt so überwältigt von einem Kerl? Okay, nein, diese Frage musste ich mir nicht wirklich stellen. Ich hatte es schon immer gedacht oder befürchtet. Ich hatte gehofft, ich hätte mich nicht festgelegt, und vielleicht war das auch so – denn immerhin sah Mr. Beton bei aller offensichtlichen Männlichkeit aus wie ein Mädchen. All diese und noch 2000 andere Gedanken schossen gleichzeitig durch meinen Kopf, was für das Gespräch, das sich vielleicht hätte ergeben können, nicht gerade förderlich war.
    Und so schenkte mir mein Gegenüber noch einen amüsierten Blick und fragte im Weggehen: „Wie heißt du?“
    „Lllll... Liam.“ NEIN! Das Gefühl des Versagens schlug über meinem Kopf zusammen. Ich zwang mich ruhig zu bleiben. Super, jetzt konnte ich nicht einmal mehr meinen eigenen Namen fehlerfrei sagen! Ich hätte mir in den Arsch beißen können. Ich hatte schon seit Ewigkeiten nicht mehr gestottert! Das konnte doch alles nicht wahr sein! Ich wünschte, der Boden würde sich auftun, um mich zu verschlucken. Aber das war nicht nötig, denn der Typ war bereits gegangen. Wäre ich wohl auch an seiner Stelle.
    „Hee, was ist denn mit dir? Hast du einen Geist gesehen?“
    Ich drehte mich zur Seite und sah in Lilyanas Gesicht. „Nein, alles okay. Ich bin nur gerade mit jemandem zusammengeknallt.“ Gut, okay, das Sprechen funktionierte wieder einwandfrei. Seltsam, aber gut.
    Sie sah sich um, konnte aber in meiner unmittelbaren Nähe niemanden sehen. Ich auch nicht. Wie lange hatte ich hier wie versteinert herumgestanden?
    „Aha.“
    Da ich keine Anstalten machte, das Gespräch fortzusetzen, wollte sie mich ebenfalls stehen lassen, da gab ich mir einen Ruck. Ich musste mich jetzt zwingen, nicht immer darüber nachzudenken, ob ich vielleicht bei irgendeinem Wort hängen bleiben würde. Meine echte Stotterzeit war schon lange her, ich wollte diese Angst davor, die langsam wieder aus einem Winkel meines Gehirns kroch, aus meinem Bewusstsein verbannen. Langsam und deutlich fragte ich: „Sag mal, der Typ, der aussieht wie ein Mädchen – wer ist das?“
    Sie runzelte die Stirn. „Meinst du, Air ? Der ist Hammer, nicht?“
    „ Air ? Was ist denn das für ein Name?“
    „Are heißt er, aber so nennt ihn wohl keiner. Der ist die neueste Errungenschaft deiner Schwester. Singt in einer Band ... Devil in Blood . Kennst du die nicht?“
    Ich durchforstete mein Gehirn, denn irgendwie kam mir der Bandname bekannt vor. Lilyana musterte mich in der Zwischenzeit, als hätte ich den Verstand verloren.
    „Warum willste denn das wissen?“
    „Ach, ich frage nur, weil ich mit dem zusammengestoßen bin. Und ich habe ihn noch nie vorher gesehen“, redete ich mich heraus. Are. Air. – Na,wie Luft hatte er sich nicht gerade angefühlt.
    „Also, was ist – willst du jetzt hier vor der Klotür stehen bleiben?“
    Hm, nein, am liebsten hätte ich mich im Badezimmer verbarrikadiert. Es wäre besser gewesen, wenn ich bei Philipp übernachtet hätte. Da passierte etwas mit mir, das ich nicht unter Kontrolle hatte.
    „Ich wollte gerade etwas an die frische Luft.“
    Sie zuckte mit den Schultern. „Na dann ...“

2
    Die frische Luft tat mir gut, aber es war arschkalt. So hielt ich es nicht ewig draußen aus, tigerte nur ein paar Mal im Garten auf und ab. Meine Schuhe waren nass, als ich wieder auf die Terrasse trat. Ich hörte gedämpftes Lachen von drinnen. Das Geräusch verursachte ein unbestimmtes Gefühl in mir, das
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