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Tohuwabohu

Tohuwabohu

Titel: Tohuwabohu
Autoren: Tom Sharpe
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»Von der Seite habe ich mir das gar nicht überlegt«, sagte er.
    »Na, dann überlegen Sie es sich besser jetzt von der Seite. Sie brechen das Gesetz. Sie haben die verdammte Pflicht und Schuldigkeit, das Ganze aufzuhalten. Ich bin nicht bereit, hier zu sitzen und mir etwas derart Empörendes anzusehen«, sagte der Kommandant bestimmt.
    »Ich auch nicht«, sagte der Bürgermeister. Mehrere Stadträte nickten zustimmend.
    »Ich weiß wirklich nicht, wie ich das könnte«, sagte Dr. Herzog. »Sie fangen ja schon an.«
    In der Mitte des Exerzierplatzes hatte Miss Hazelstone das britische Lager aufgebaut und überwachte nun die Aufstellung der beiden Feldhaubitzen. Mehrere hundert Meter davon entfernt stand die Zulu-Armee schon für ihren kurzen Triumph bereit.
    »Ich bestehe darauf, daß Sie die Schlacht abbrechen«, sagte der Kommandant.
    »Ich auch«, sagte der Bürgermeister, dem die Gummispeere noch immer ein Dorn im Auge waren.
    Dr. Herzog zögerte. »Du liebe Güte, ich wollte, Sie hätten mir das früher gesagt, daß das ungesetzlich ist. Ich weiß nicht, was ich jetzt noch machen könnte«, sagte er zitternd. »Schön, wenn Sie das nicht aufhalten, dann mach ich’'s eben«, sagte der Kommandant.
    »Bravo«, sagte der Bürgermeister, sekundiert von den Stadträten.
    Bevor Kommandant van Heerden über die möglichen Folgen seiner Einmischung nachdenken konnte, war er schon weg, ließ sich vom Podium herunterhelfen und einen Weg zum Exerzierplatz bahnen. Langsam marschierte er auf die beiden Armeen zu, und wie er da so ging, dämmerte ihm langsam, in welcher Lage er sich befand. Mitten auf dem Platz, genau zwischen den beiden gegnerischen Irrenheeren, bereute er allmählich seinen vorschnellen Entschluß, sich einzumischen. Auf der einen Seite stampften fünfhundert schizophrene Zulus den Boden und fuchtelten wild mit ihren Speeren herum, und auf der anderen erwartete die gleiche Zahl weißer Irrer ihre Niederlage mit einer Entschlossenheit, die, weil sie wußten, was auf sie zukam, nur desto furchterregender war. Kommandant van Heerden blieb stehen und hob die Hand. Schweigen senkte sich auf die beiden Heere. »Hier spricht Kommandant van Heerden«, schrie er. »Ich befehle Ihnen, auseinanderzugehen und in Ihre Stationen zurückzukehren. Das hier ist eine illegale Menschenansammlung, die gegen die Aufruhrakte verstößt.«
    Er hielt inne und wartete, daß sich die Armeen zurückzögen.
    Aber es gab kein Anzeichen dafür, daß sie etwas Derartiges täten. Während seine Worte verhallten, starrten beide Seiten ihre Gegner debil an, und Murren breitete sich in den Reihen aus. Miss Hazelstone war mit dem Ausrichten der Feldhaubitzen fertig und schritt nach vorn. Auf der Seite der Zulus folgte ein baumlanger Krieger ihrem Beispiel.
    »Was soll denn der Blödsinn?« rief Miss Hazelstone. »Sie haben gehört, was ich gesagt habe«, schrie der Kornmandant zurück. »Diese Schlacht stellt eine öffentliche Ruhestörung dar. Ich verlange, daß Sie auseinandergehen.« Mitten zwischen den beiden Heeren fühlte Kommandant van Heerden seine neue Rolle als Friedensbewahrer immer schwieriger werden.
    »Sie haben kein Recht, hierherzukommen und sich in unser Schauspiel einzumischen«, beharrte Miss Hazelstone. »Und eine öffentliche Ruhestörung ist es auch nicht.«
    »Wir haben gewonnen«, sagte der Zulu-Anführer. »Wir haben die Schlacht von Isandhlwana gewonnen, und jetzt gewinnen wir sie noch mal.«
    »Nur über meine Leiche«, sagte der Kommandant und bereute seine Worte, sobald er sie gesagt hatte. Das Murren in den Reihen der beiden Armeen zeigte nur allzu deutlich, daß die Streitlust wuchs.
    Die Zuschauer auf der Tribüne wurden langsam genauso unruhig wie die Irren.
    »Sind die Äxte da drüben auch aus Gummi?« fragte der Bürgermeister, als er sah, wie mehrere Zulus Beile anstelle ihrer Speere schwenkten.
    »Das will ich doch hoffen«, sagte der Anstaltsleiter. »Die Briten scheinen die Feldhaubitzen zu laden«, sagte der Bürgermeister.
    »Unmöglich«, sagte der Anstaltsleiter. »Sie haben gar nichts, womit sie sie laden könnten.«
    »Sie schütten irgend etwas ins Rohr«, sagte der Bürgermeister, »und die Zulus dort scheinen irgendwas auf ihre Speere zu stecken. Sieht mir wie Stricknadeln aus. Oder Fahrradspeichen.«
    Die Bestürzung des Bürgermeisters war nichts, verglichen mit der Panik, die Kommandant van Heerden langsam spürte. Miss Hazelstone und der Zulu-Anführer lagen miteinander in hitzigem Streit
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