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Töten Ist Ein Kinderspiel

Töten Ist Ein Kinderspiel

Titel: Töten Ist Ein Kinderspiel
Autoren: Corinna Waffender
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in Unterlurch. Das liegt in Rheinland-Pfalz. Studiert hat sie wiederum in Freiburg.“
    „Wie lange lebt sie schon in Berlin?“
    „Seit 1987.“
    Die Hauptkommissarin bemerkte, dass ihre Konzentration nachließ, und räkelte sich. „Woher kommt die Info?“
    „Evangelische Kirchengemeinde Berlin-Zehlendorf. Ich hab mir ihre Unterlagen faxen lassen. Darin gibt es eine Art Selbstdarstellung.“
    „Dann lass mal hören“, ermunterte ihn seine Chefin und lehnte sich erwartungsvoll zurück.
    „Die Frau Pfarrer war in jungen Jahren ziemlich engagiert in Sachen Lateinamerika und hat einen der ersten Dritte-Welt-Läden mitbegründet. Nach ihrem Studium hat sie sich dann in kirchlichen Kreisen für Entwicklungshilfeprojekte eingesetzt. Sie war über Jahre in gemeinnützigen Vereinen aktiv, aber Anfang des Jahres ist sie von den meisten Posten zurückgetreten.“
    „Begründung?“ Nowaks sprachlicher Ausdruck passte sich allmählich ihrer Trägheit an.
    „Der gesundheitliche Zustand ihres Mannes. Jedenfalls lautet so die offizielle Version. Überall, wo ich angerufen habe, hat man mir die traurige Geschichte von Ingo Mangold und seiner Frau erzählt. Und natürlich den Rückzug aus ihren Ehrenämtern bedauert.“
    „Aber ihren Job als Pfarrerin hat sie nicht an den Nagel gehängt?“
    „Im Gegenteil. Vor ein paar Wochen hat sie zu ihren eigenen Gemeindepflichten in Zehlendorf eben auch noch die Vertretung für die Charlottenburger Gemeinde übernommen, mit allem, was dazugehört: Seniorenbetreuung im Altersheim, Konfirmandenunterricht, Obdachlosenanlaufstelle und natürlich den sonntäglichen Gottesdienst.“
    „Wer ist dafür sonst zuständig?“
    „Ein Kollege, Hartmut Güllner, mit dem sie offenbar schon seit Studienzeiten befreundet ist. Er hat so etwas wie eine kleine Auszeit genommen.“
    „Leiden jetzt schon unsere Geistlichen unter Burnout?“ Inge Nowak schüttelte den Kopf. „Sagenhaft.“
    Berger grinste, dann fragte er: „Könnte er am Ende gemeint gewesen sein?“
    „Du meinst, jemand hat die Falsche erschossen?“ Inge Nowak runzelte zweifelnd die Stirn, Erkner dagegen nickte zustimmend: „Stimmt. Die sehen doch in ihren schwarzen Roben alle gleich aus!“
    „Sie hatte aber gar keine Robe an, sondern einen Rock“, erwiderte seine Chefin, „und der war rot. Eher ungewöhnlich für einen Pfarrer. Außerdem sieht mir das Ganze nicht nach Kurzschluss aus, bei dem ein Täter sein Opfer verwechselt.“
    „Wieso?“
    „Es gibt keine Anzeichen von gewaltsamem Eindringen, keine unnötige Sachbeschädigung, die auf eine überstürzte Flucht schließen ließe. Mir scheint eher, es ist jemand hineinspaziert, hat seelenruhig erschossen, wen er töten wollte, und den Ort des Geschehens unauffällig wieder verlassen.“
    „Wir müssen unbedingt die Anwohner befragen“, sagte Erkner.
    „Und wieso bist du dann noch hier?“
    Nowaks jüngstem Teamkollegen lag die Antwort auf der Zunge, aber er schluckte sie schnell weg. Es war erst zwei Wochen her, dass er einmal mehr ihre rüde Kritik für einen seiner Alleingänge hatte einstecken müssen. Sogar zu Helmut Frickel hatte sie ihn geschickt, um sich eine Kriminaldirektorenpredigt über Disziplin und Ordnung anzuhören! Und das, obwohl sie nur durch seine spontane Initiative auf die entscheidenden Indizien im Mordfall an dem Banker gestoßen waren, der aus dem vierten Stock geworfen worden war. So schnell würde er sich nicht wieder aus dem Fenster lehnen. Auch wenn es zugegebenermaßen einen Unterschied zwischen einer unautorisierten Hausdurchsuchung und einer Anwohnerbefragung gab.
    „Zurück zum Tatort: Fingerabdrücke massenweise überall.“ Berger erhob sich. „Von den unzähligen Spuren rund um die Kirche und den Spielplatz, die dort von Erwachsenen und Kindern ständig hinterlassen werden, mal ganz abgesehen.“
    Inge Nowak, die zwar wusste, dass Berger nur wegen seines Rückens aufgestanden war, nahm die Geste dennoch zum Anlass, die Besprechung zu beenden und sich ebenfalls zu erheben.
    „Dann mal los. Wo fangen wir an?“
    „Wir beide machen später eine kleine Spritztour im einzigen Dienstwagen mit Klimaanlage“, antwortete Berger und wedelte fröhlich mit einem Autoschlüssel, während sein Kollege bereits nach Zweieurozehn für die U-Bahn kramte.
    Ingo Mangold starrte an die Decke, konzentrierte sich auf die Wirkung der Medikamente in seinem Körper, nahm die Erleichterung, die sich in Form eines watteartigen Schwebezustands einstellte,
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