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Tödliches Labyrinth

Tödliches Labyrinth

Titel: Tödliches Labyrinth
Autoren: Rebecca Brandewyne
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Industrieller gehörte, nicht jedoch zur Arbeiterschaft. Roland hatte es geliebt, mit Merritt abends Hand in Hand durch die gewundenen und dezent beleuchteten Korridore zu schlendern, die jedes Geräusch widerhallen ließen, wenn sich außer ihnen niemand mehr in den Büroetagen aufhielt. Oder er hatte mit seinem Vater im abgedunkelten Vorführraum der Villa gesessen und sich mit ihm seine Mutter in Hunderten von Filmszenen betrachtet, bis er das Gefühl hatte, er würde sie kennen, obwohl sie längst nicht mehr lebte.
    Merritt war bei diesen Gelegenheiten immer ein sehr liebevoller Vater gewesen, der sorgfältig darauf achtete, dass sich in ihrem gemeinsamen Päckchen Jewel-Box tatsächlich keine weißen Jelly Beans mehr fanden und in der Cola genug Eis war.
    Es war für Roland praktisch undenkbar, dass dieser aufmerksame, wenn auch ein wenig verschrobene Vater, den er mit seiner Kindheit in Verbindung brachte, sich so unverrückbar gegen ihn gestellt haben sollte. Als er länger über die Situation nachgedacht hatte, war ihm außerdem bewusst geworden, dass Merritt unter normalen Umständen wohl kaum alle die geschäftlichen Entscheidungen getroffen hätte, die in den letzten Jahren bei MMI beschlossen worden waren.
    Roland hatte sich zu der Zeit nur über die Ansichten seines Vaters gewundert und sich gegen sie ausgesprochen. Erst als er zu der Überzeugung gelangt war, man habe Merritt tatsächlich die Kontrolle über MMI entrissen, war Roland deutlich geworden, dass sein Vater niemals hinter diesen Entscheidungen gestanden haben konnte. Man hatte ihn offensichtlich seiner Macht beraubt und vielleicht sogar ermordet.
    Doch auch nach dieser Erkenntnis war Roland ratlos, was er machen sollte, da er nicht wusste, an wen er sich wenden und wem er vertrauen konnte. An dieser Verschwörung konnte jeder in der obersten Führungsebene von MMI beteiligt sein – darunter auch alle Mitglieder oder wenigstens der größte Teil des Aufsichtsrats, weil zumindest einige von ihnen erforderlich waren, um ein Verbrechen von dieser Größenordnung zu decken. Es war nicht zu leugnen, dass jemand an Merritts Stelle getreten war und Entscheidungen traf, die weltweit Folgen für das Unternehmen hatten. Das musste bedeuten, dass jemand seine Unterschrift auf offiziellen Dokumenten und internen Rundschreiben fälschte.
    Da man Roland aus dem inneren Zirkel der Macht verbannt hatte, war er nach Kräften bemüht gewesen, die Angelegenheit so verstohlen und unauffällig wie möglich zu untersuchen. Er hatte gewusst, dass ihm ohne handfeste Beweise niemand diese Geschichte abkaufen würde, allen voran nicht die Polizei. Man würde am ehesten glauben, er sei – wie der Vater, so der Sohn – im Begriff, den Verstand zu verlieren.
    Als dann vor einigen Wochen ein erster Anschlag auf ihn verübt worden war, hatte Roland erkennen müssen, dass er als Merritt Marlowes einziges Kind und damit als Alleinerbe eines unermesslichen Vermögens in allerhöchster Lebensgefahr schwebte.
    Obwohl er stets darauf geachtet hatte, bei seinen Nachforschungen keine Aufmerksamkeit zu erregen, musste er bei irgendjemandem Argwohn geweckt haben. Wer immer hinter dieser Verschwörung steckte, konnte es nicht zulassen, dass der Sohn die Nachfolge des Vaters antrat und damit ans Tageslicht kam, was sich wirklich abgespielt hatte. Sein unbekannter Gegner hatte versucht, ihn zu überfahren, und es war nur der schnellen Reaktion von Jim Tallcloud zu verdanken, dass er noch lebte. Er hatte ihn noch gerade rechtzeitig zur Seite gestoßen, ehe der heranrasende Wagen ihn hätte erfassen können.
    “Sind Sie verletzt, Sir?” hatte der Chauffeur erschrocken gefragt, als er Roland hochgeholfen und dessen Jackett und Hose abgeklopft hatte.
    “Nein … nein, ich glaube nicht. Mein Gott! Dieser Verrückte! Es ist ja ein Wunder, dass er mich nicht erwischt hat! Ohne Sie gäbe es mich jetzt nicht mehr, Jim! Dieser Kerl hat wohl drei Martinis zum Frühstück gehabt und ist dann sofort losgefahren!"
    “Verzeihen Sie, wenn ich das so sage, Mr. Roland, aber ich glaube … ich glaube, das war nicht der Fall.” Jim hatte ihn perplex und äußerst besorgt angesehen. “Er ist mir schon vorhin aufgefallen. Er hatte den Wagen am Straßenrand geparkt, als würde er auf jemanden warten. Als er Sie dann aus dem MMI-Gebäude kommen sah, ließ er den Motor an und raste los. Ich glaube, er wollte Sie absichtlich überfahren, Mr. Roland.”
    Roland hatte das Gefühl gehabt, ihm würde das
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