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Toedliches Fieber

Toedliches Fieber

Titel: Toedliches Fieber
Autoren: Dee Shulman
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Er war unglaublich flexibel, wenn es ums Kämpfen ging. Doch ein Ziel hatte auch er. Er wollte gewinnen, wollte seinen Gegner in die Knie zwingen und ihm den Dolch an die Kehle halten. Gleichzeitig war ihm daran gelegen, die Sache mit möglichst geringen Verletzungen für sie beide hinter sich zu bringen. Ihm ging es nie ums Töten oder darum, den Gegner schwerzu verwunden. Der lanista wollte, dass die Kämpfer überlebten. Doch die Menge war wie immer außer Rand und Band, und von ihr hing es letztendlich ab, wie das Ganze endete.
    Sowohl Sethos als auch Protix wussten, dass sie bald ernsthaft miteinander kämpfen mussten, weil die Zuschauer sie sonst gnadenlos beschimpfen würden. Da Protix immer noch darauf wartete, dass Sethos’ Kraft nachließ, merkte Seth rasch, dass er für die Unterhaltung des Publikums sorgen musste. Er ging mit dem Dreizack auf den Riesen los. Brüllend drosch Protix mit dem Schwert auf ihn ein. Doch seine Bewegungen waren vorhersehbar und Sethos ahnte sie bereits, noch ehe Protix entschieden hatte, wohin er zielte. Die Menge bejubelte Sethos’ Können. Protix war wütend, ihm war heiß – er hörte auf, mit dem Schwert zu wedeln. Als die Menge ihn verhöhnte, stachelte ihn das noch mehr an, und er schlug wie ein Rasender mit dem Schwert um sich. Doch je mehr er sich ereiferte, umso schneller wich Sethos ihm aus.
    »SETHOS! SETHOS!«, jubelte das Publikum. Protix war außer sich vor Zorn. Er verlor die Kontrolle und stolperte blindlings durch die Arena, als wäre er betrunken. Die Zuschauer pfiffen ihn erbarmungslos aus, was ihn noch mehr in Rage brachte. Er drehte sich unvermittelt um und brüllte das Publikum wütend an. In diesem Augenblick schleuderte Sethos seinen Dreizack. Er traf Protix im Nacken – nicht tief, aber schmerzhaft. Protix heulte auf, packte den Dreizack und nahm ihn in beide Hände, um ihn zu zerbrechen. Die Zuschauer jauchzten.
    Auch diesen Schachzug hatte Sethos vorausgesehen und warf in dem Moment, in dem Protix den Dreizack zerbrechenwollte, sein Netz aus. Sein Gegner schlug wild um sich, aber er war gefangen.
    »Hab ich dich!«, keuchte Sethos. Doch als er mit dem Dolch auf ihn losgehen wollte, wurde er von einem goldenen Funkeln im Publikum abgelenkt. Als er hochschaute, starrte er geradewegs in zwei mandelförmige Augen.
    Die Augen wurden groß vor Entsetzen, denn Protix nutzte die Gelegenheit, befreite sein Schwert und rammte es kraftvoll durch das Leder in Seths Schulter. Ein greller Schmerz durchfuhr ihn, als das Blut aus der Wunde spritzte und der Schlag ihn rückwärtstaumeln ließ. Doch er konnte sich auf seine Reflexe verlassen und erlangte rechtzeitig das Gleichgewicht wieder, bevor er hingefallen wäre. Protix hatte noch gar nicht begriffen, dass er seinen Gegner nicht kampfunfähig gemacht hatte, und schon schlang Sethos das Netz wieder um das Schwert, mit dem Protix nun nichts mehr anfangen konnte. Gleichzeitig zog er mit der rechten Hand den Dolch aus der Scheide in seinem Gürtel. Als er Protix die Klinge an den Hals drückte, hatte er den Kampf gewonnen.
    Sethos stand als Sieger in der Arena, doch sein linker Arm hing schlaff herunter. Das Blut tropfte in den Sand, während er mit der rechten Hand an Protix’ Kehle auf das Urteil wartete. Als er den Statthalter ansah, tobten die Zuschauer: »Abstechen! Abstechen! Abstechen!«
    Cnaeus Papirius Aelianus hatte für Sentimentalitäten wenig übrig und umso mehr Verständnis für seine Bürger. Nachdem er kurz den Blick durch das Amphitheater hatte schweifen lassen, senkte er den Daumen. Protix sollte keine Gnade erfahren.
    In diesem Augenblick hasste Sethos sie alle. Von ihrem unstillbaren Blutdurst wurde ihm übel. Er blickte auf den Mann zu seinen Füßen und durch den Helm in die Augen des Galliers.
    »Möge deine Reise zügig sein«, flüsterte er und versetzte Protix mit einer raschen genauen Bewegung den tödlichen Stich. Der Gallier fiel vornüber gegen Seths Beine. Durch diesen Stoß flammte der Schmerz in seiner Schulter erneut auf. Er bückte sich langsam, um die Klinge im Sand zu säubern, steckte den Dolch in die Scheide zurück und machte sich auf den Weg zu den Holztoren. Doch bereits nach wenigen Schritten verschwamm seine Sicht, die Beine gaben nach und er geriet ins Taumeln. Der lanista lief mit Matthias in die Arena, um ihn aufzufangen. Doch sie kamen zu spät. Das Letzte, was Sethos an diesem Tag sah, war der Sand, der auf ihn zuraste.

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    St. Magdalene’s
2012 n.
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