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Toedlicher Sumpf

Toedlicher Sumpf

Titel: Toedlicher Sumpf
Autoren: Joy Castro
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Paris kennt.
    Der Champagner perlt in den Gläsern. Deckenventilatoren sorgen für eine kühle Brise. Wir bekommen Zuckerrohrsirup-Muffins, dunkel, warm und süß, die wir aufbrechen und mit Butter bestreichen. Fabi und Calinda wollen natürlich über meine Story reden, über meinen verletzten Arm und den Tod von Blake Lanusse.
    »Deshalb hast du dich so für den Fall Waybridge interessiert«, sagt Calinda. »Und deshalb wolltest du die Akten haben.«
    »Die hab ich übrigens im Auto. Du kannst sie wieder mitnehmen.«
    »Als ob irgendwer sie vermisst hätte.« Sie lacht. »Aber ich finde es unglaublich, dass du uns nichts erzählt hast! Die ganze Zeit hast du an diesem Text gearbeitet – an einer Geschichte, die die Stadt aufrüttelt und dir einen Karrieresprung bringen wird –, und dann hast du auch noch den Mörder des Mädchens gefunden!«
    »Und das andere Mädchen gerettet«, ergänzt Fabi.
    »Und du hast uns nichts gesagt.« Fassungslos hebt Calinda die Hände. »Wir sind deine besten Freundinnen!«
    »So warst du schon immer«, stichelt Fabi. »Du machst aus allem ein Geheimnis.«
    »Tut mir leid. Ich weiß ja ...«
    »Wenn du doch nur was gesagt hättest ...«
    »Ich weiß. Dann wäre vieles anders gelaufen. Tut mir leid.«
    »Kein Wunder, dass du in letzter Zeit so sonderbar warst. Dieser Mist würde jeden fertigmachen«, sagt Calinda.
    Ihr Telefon klingelt. Soline, aus Lampang. Calinda redet kurz mit ihr, dann legt sie, als der Kellner unser Essen bringt, das Handy auf den Tisch.
    »Bin ich jetzt laut gestellt?«, fragt Soline von weit her. »Ich hab Neuigkeiten, Mädels. Vor der Hochzeit wollte ich es noch nicht erzählen, um keine Unruhe zu erzeugen, aber ...«
    »Du bist schwanger!«, kreischt Fabi.
    Vom anderen Ende der Welt kommt schallend Solines warmes Lachen. »Gott, nein, Süße«, sagt sie. »Was ist denn mit dir los? Ich hab gerade erst geheiratet. Nein, ich habe die Verträge  für eine zweite ›Sinegal‹-Filiale unterschrieben. In Miami!«
    »Wow, toll!«, ruft Calinda und hebt das Glas.
    »Absolut«, erwidert Soline. »Das passt doch, oder? Genauso heiß, genauso feucht. Meine Kleider werden der Renner .«
    Wir lachen, gratulieren, bombardieren sie mit Fragen, die sie freudig beantwortet.
    »Hört zu, Ladys«, sagt sie schließlich. »Ich muss jetzt zurück ins eheliche Bett. Hier ist es mitten in der Nacht, ich wollte nur das Wochentreffen nicht verpassen.«
    Also verabschieden wir uns und legen auf, und wir freuen uns für Soline. Selbst als der Himmel schwarz wird und der Kellner kommt und uns hilft, unseren Tisch an die schützende Hauswand zu ziehen, kann das meinem Hochgefühl nichts anhaben. Unsere Knöchel kriegen Regentropfen ab, Donner grollt, aber wir lachen und reden und machen uns über unsere Alligator-Würste, die Enten-Boudins, Shrimps und den Mais-Maque-Choux her.
    Das Unwetter zieht nach Osten weiter. Von der Straße dröhnen Live-Zydeco-Klänge zu uns herauf, und der Himmel nimmt einen zartrosa Perlmutt-Ton an. Das Dessert kommt. Wir teilen uns einen warmen Brotpudding und lassen auch von der Courvoisier-Sauce keinen Tropfen auf dem Teller zurück.
    Das Gespräch kreist schon wieder um meine jüngsten Eskapaden. »Du bist gerade so noch mal mit dem Leben davongekommen«, sagt Fabi todo theatralisch. »Wir könnten jetzt auch auf deiner Beerdigung sein.«
    »Ich glaube nicht, dass er vorhatte, mich umzubringen«, sage ich langsam und spüre, dass das in zweifacher Hinsicht stimmt. »Ich glaube, eigentlich wusste er gar nicht, was er tut.«
    »Ja nun, wie auch immer«, sagt Calinda. »Jetzt zeig uns doch mal den Schnitt.«
    »Ach komm!«
    »Selber ach komm. Mach das Pflaster ab.« Ich löse den Verband, und eine lange Reihe geröteter Stiche und schwarzer Fädchen rund um meinen Arm kommt zum Vorschein – es sieht aus wie ein Armband. Calinda stößt einen Pfiff aus.
    »Mein Gott«, sagt Fabi und dreht meinen Arm vorsichtig erst in die eine, dann in die andere Richtung. »Stell dir vor, das wäre dein Hals gewesen!«
    »Ja.« Das hatte ich mir tatsächlich vorgestellt. Einen langsam geführten Schnitt und danach Stille. »Trotzdem glaube ich nicht, dass er mich umbringen wollte.«
    »Aber du musstest auf Nummer sicher gehen«, erwidert Fabi. Ein paar kräftige Windstöße bringen Abkühlung. Der regennasse Asphalt und die Fußwege unten schimmern im Schein der Laternen.
    »Ja«, sage ich, »das musste ich.«
    Und wenn ich seine Hinrichtung seit Wochen geplant hatte?
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