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Toedlicher Sumpf

Toedlicher Sumpf

Titel: Toedlicher Sumpf
Autoren: Joy Castro
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meinem Handy und drücke auf Anrufen.
    »Mr. Lanusse?« Ich erinnere ihn daran, wer ich bin und dass wir morgen zum Interview verabredet sind. »Mir ist etwas dazwischengekommen. Wäre es auch möglich, dass ich heute Abend noch vorbeikomme?«

24
    Um zehn Uhr abends empfängt Blake Lanusse mich in seiner schwarz-roten Höhle von Wohnung. Diesmal stehen zwei Gläser und eine Flasche Whiskey auf dem Tisch, daneben eine Schale mit glänzenden Früchten. In die Gläser ist bereits etwas eingeschenkt. Meine Hände sind ruhig, doch mein Puls geht schnell.
    »Sie haben ja gesagt, dass es Ihnen hier gefällt«, sagt er mit einer ausladenden Geste. Sämtliche Fensterläden sind geschlossen. Im Schein des schwarzen Kronleuchters hat das Weiße in seinen Augen einen gelblichen Schimmer. »Meine Frau hat den Raum eingerichtet. Lily.« Er lächelt. »Ich habe ihr nur ungefähr gesagt, was mir vorschwebt, und sie hat es so gemacht.«
    Ich setze mich. »Ihre Frau?« Mir war nicht klar, dass die beiden verheiratet sind, auf Ringe habe ich neulich nicht geachtet. Jetzt sehe ich seinen, blinkendes Gold. Hat er den neulich getragen? Ich stelle das Diktiergerät auf den Tisch und schalte es ein. »Ist sie Einrichtungsexpertin?«
    »Ja, genau. Hat eine eigene Firma. Sehr erfolgreich. Im Moment ist sie nicht da, deshalb können wir reden. Sie ist viel unterwegs. Berät Leute.« Laut schrappt sein Stuhl über den Dielenboden, als er ihn ein Stück zurückzieht, um sich zu setzen. »Trinken Sie was«, sagt er. »Das entspannt.« Keiner von uns verliert ein Wort darüber, dass ich seiner Frau nichts über ihn erzählt habe. Dass wir Kollaborateure sind. Keiner von uns erwähnt die Tatsache, dass er gelogen hat bei der Frage, ob er Marisol und mich am Jackson Square beobachtet hat.
    »Danke, aber ich möchte nicht.« Ich will die Beine übereinanderschlagen, stoße mit dem Knie von unten gegen die Tischplatte und überlege es mir anders. Gleichzeitig lege ichmir seine Akte zurecht und fange an. »Ich würde gern mit Ihnen über Ihre Rehabilitierung sprechen.«
    »Junge, Junge, Sie sind ja sehr zielstrebig.«
    Ich schaue ihn freundlich an und warte.
    »Okay, klar. Gut. Was wollen Sie wissen?«
    »Danke, Mr. Lanusse. Können Sie meinen Lesern erklären, woher Sie wussten, wann Sie rehabilitiert waren? Woher wussten Sie, dass Sie sich nie wieder sexuell an einem Kind vergehen würden?«
    »Vergehen?« Er ist unverschämt genug, eine beleidigte Miene aufzusetzen.
    »Entschuldigen Sie, Mr. Lanusse. Wie würden Sie es lieber formulieren?«
    Er mustert mich lange. Die hellen Augen zwinkern ein paarmal.
    »Na ja. Rehabilitierung ist eine sehr persönliche Angelegenheit«, sagt er schließlich. »Es ist peinlich, darüber zu sprechen.« Peinlich berührt sieht er nicht gerade aus. Vielmehr sieht er sauer aus. »Vor allem mit einer jungen Dame wie Ihnen.«
    »Versuchen Sie es doch bitte. Es liegt mir sehr am Herzen, dass unsere Leser eine Chance haben, das zu verstehen.«
    Er trinkt etwas und schaut mich über den Rand seines Glases hinweg an. »Also gut. Im Gefängnis bin ich eine Weile zur Beratung gegangen, aber der Typ dort meinte, das funktioniert bei mir nicht. Also habe ich Medikamente bekommen, ja? Diese Medikamente – das war wie Kastriertwerden. Da war plötzlich gar nichts mehr, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    »Nehmen Sie diese Medikamente jetzt auch noch?«
    »Nein, Gott sei Dank.« Das rote Lämpchen an meinem Diktiergerät pulsiert.
    »Fahren Sie fort.«
    »Während ich noch die Medikamente nahm, haben sie mich zu dieser anderen Ärztin überwiesen. Bei der war ich dann jede Woche; da wurde über das geredet, was ich getan hatte.«
    »Und wie war das für Sie?«
    »Es war okay. Die Frau war okay. Sie hat eingesehen, dass sie mich nicht für ewig dort behalten mussten.« Er nimmt sich einen Apfel aus der Schale.
    »Sie haben sie überzeugt.«
    »Alle Frauen haben was übrig für Charme, Süße.«
    »Und gehen Sie jetzt auch noch zur Therapie?«
    Er schnaubt. »Soll das ein Witz sein? Hundert Dollar die Stunde für jemanden, der mich fragt, wie es mir geht? Ich bitte Sie!«
    Er ist verheiratet, arbeitet nicht, ist nicht in therapeutischer Behandlung. Den Apfel in der einen Hand, zieht er mit der anderen ein Klappmesser aus der Hosentasche und öffnet es. Es ist groß, eigentlich zu groß für das, was er damit vorhat. Es hat einen braunen Horngriff, die Klinge ist hauchdünn.
    »Mr. Lanusse, Studien belegen, dass viele Männer, die
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