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Tödlicher Ruhm

Tödlicher Ruhm

Titel: Tödlicher Ruhm
Autoren: Ben Elton
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niemand Sie verdächtigen. Der Mord wurde, wie alles, das in diesen so genannten >Reality<-Programmen passiert, beim Schneiden zusammengebastelt und war somit nichts weiter als Fernseh->Realität<.« Coleridge legte eine kurze Pause ein, um Luft zu holen. Er wusste, dass er seinen Geist bald ins Spiel bringen musste.
    »Also mussten Sie nur noch die Monitore wieder von Ihrem Video auf die Live-Kameras umschalten, was zweifellos eine harte Probe war, kann ich mir vorstellen. Hatte Fogarty die gefälschten Time-Codes fertig? Hatten Sie das Tuch genau so wie auf Ihrem Video aus Shepperton auf Kellys Leichnam platziert? Wenn ja, wäre das Umschalten einfach. Wenn nicht, würde das Bild einen Ruck machen. Und wieder möchte ich Ihnen gratulieren, Miss Hennessy. Ich habe mir das Video viele Male angesehen, und selbst jetzt bin ich mir nur halbwegs sicher, wo Sie umgeschaltet haben. Und natürlich sind Sie nicht davon ausgegangen, dass irgendjemand danach suchen würde.«
    »Es liegt daran, dass es nichts zu suchen gibt. Da wurde nichts umgeschaltet, Sie kleiner Pisser! Ich hab sie nicht umgebracht, und das wissen Sie genau. Sie haben es sich ausgedacht, weil Sie zu bescheuert sind herauszufinden, wer von den jämmerlichen Figuren, die da neben Ihnen stehen, es tatsächlich getan hat!«
    Überall auf der ganzen Welt rangen Regisseure, die Bild und Ton live von Peeping Tom bekamen, mit sich, ob sie ihre Piepmaschinen aktivieren sollten. Doch sie alle verpassten den richtigen Moment, da sie viel zu sehr mit dem beschäftigt waren, was Coleridge sagte. Geraldines Folge von Obszönitäten ging in die Welt hinaus — ein Augenblick von wahrem Reality-TV.
    Coleridge sah Geraldine nicht an, sondern blickte an ihr vorbei in den hinteren Teil des Studios, wo ihm Hooper ein zweites Mal mit beiden Daumen zeigte, dass alles okay sei. Er wusste, dass die Zeit gekommen war, diesem Bankett nun Banquos Geist vorzustellen.
    »Oh, aber Miss Hennessy«, sagte Coleridge. »Ich mache keine leichtfertigen Anschuldigungen. Nein, ich habe den Beweis, denn ich kann Ihnen die anderen Morde nach weisen.«
    »Was?«
    »Sollen sie ihre blut’gen Locken gegen Euch schütteln, Miss Hennessy! Sollen sie mit blutigen Fingern auf Euch zeigen.«
    »Was reden Sie da für einen Scheiß, Sie lächerlicher alter Pisser!«, schnappte Geraldine.
    Den Bruchteil einer Sekunde lang blickte Coleridges beschämt drein. »Vielleicht war ich in meiner Wortwahl etwas unüberlegt. Selbstverständlich sollte ich sagen: Ihre anderen Mord -Präkonstruktionen ! Denn, Miss Hennessy, mir ist klar geworden, dass Sie unmöglich wissen konnten, wer in dieser Nacht den Schwitzkasten verlassen würde, um die Toilette aufzusuchen. Natürlich bestand eine virtuelle Wahrscheinlichkeit, dass irgendjemand gehen würde, und auf dieser Annahme basierte Ihr gesamter Mordplan. Aber Sie konnten nicht wissen, wer. Deshalb habe ich mir gesagt: Wenn Ihr Plan gelingen sollte, mussten Sie Ihr Szenario nicht nur für die arme Kelly filmen, sondern für alle anderen Mädchen, sodass Sie, wenn ein Mädchen — irgendein Mädchen — herauskam und zur Toilette ging, die entsprechende Kassette einlegen und sie ermorden konnten. Das ist vielleicht der traurigste Aspekt dieser Ermittlungen. Ich habe viele mögliche Motive für den Mord an Kelly gefunden, aber nicht ein einziges davon ist auch nur im Entferntesten relevant, denn es war reiner Zufall, dass sie starb. Sie wurde ermordet, weil sie das zweite Mädchen war, das zur Toilette ging. Ah!, höre ich Sie sagen. Die Zweite? Wieso denn die Zweite? Ist Sally denn nicht ganz am Anfang des Abends zur Toilette gegangen? Wieso wurde denn nicht Sally ermordet? Ich will Ihnen sagen, wieso: Weil Sally ihr Haar gefärbt und geschnitten hatte, seit sie ins Haus gekommen war! Sallys dunkler Irokesenschnitt war nur noch ein rotes Büschel, was ihr definitiv das Leben gerettet hat, denn hätten Sie Ihr Aussehen nicht verändert, Sally, dann wären Sie und nicht Kelly umgekommen, und diese Frau hier wäre Ihre Mörderin gewesen!«
    Mit einem Kopfnicken bedeutete Coleridge den Technikern in der Regie, dass er bereit war.
    Pru, die auf Trishas Anweisung hin handelte, drückte den Knopf, den sie eilig mit »Sally« beschriftet hatte. Und zum Erstaunen der ganzen Welt sah man, wie die nackte Sally — wenn auch die Sally mit ihrem alten Irokesenschnitt — die Toilette betrat. Oder zumindest konnte es ohne weiteres Sally sein, denn da die Einstellung von oben kam, sah
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