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Toedliche Traeume

Toedliche Traeume

Titel: Toedliche Traeume
Autoren: Iris Johansen
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und ich war es, der dich auf Sanbornes Spur gebracht hat. Ohne mich hättest du ihn wahrscheinlich nie gefunden.«
    »Und ob. Ich hätte nur länger dafür gebraucht. Sanborne Pharmaceutical hat Niederlassungen in der ganzen Welt. Ich hätte jede einzelne davon unter die Lupe genommen.«
    »Aber um so weit zu kommen, hattest du anderthalb Jahre gebraucht.«
    »Ich konnte es einfach nicht glauben. Oder vielleicht wollte ich es auch nicht glauben. Es war einfach zu abscheulich.«
    »Das Leben kann abscheulich sein. Menschen können abscheulich sein.«
    Aber Jock war alles andere als abscheulich, dachte sie, während sie ihn ansah. Er war vielleicht der schönste Mensch, den sie je gesehen hatte. Er war groß und schlank, Anfang zwanzig, hatte blonde Haare und außerordentlich feine Gesichtszüge. An ihm war nichts Feminines, im Gegenteil, er hatte eine ausgeprägt maskuline Ausstrahlung, und doch war sein Gesicht … schön. Anders konnte sie es nicht beschreiben.
    »Warum siehst du mich so an?«, fragte Jock.
    »Das möchtest du gar nicht wissen. Es würde dich nur in deinem männlichen Stolz und deiner schottischen Ehre verletzen.« Sie schenkte sich Kaffee ein. »Ich hatte letzte Nacht eine Patientin namens Elspeth. Das ist doch ein schottischer Name, oder?«
    Er nickte. »Geht es ihr gut?«
    »Ich glaube, ja. Ich hoffe es jedenfalls. Sie ist ein süßes kleines Mädchen.«
    »Und du bist eine beeindruckende Frau.« Er schürzte die Lippen. »Wer versucht hier eigentlich, einen Streit zu vermeiden, indem er das Thema wechselt?«
    »Ich will mich nicht streiten. Das ist mein persönlicher Krieg. Ich habe dich gebeten, mir zu helfen, aber ich werde nicht zulassen, dass du dich in Gefahr begibst oder Schuld auf dich nimmst.«
    »Schuld? Himmel, wenn du eine Sekunde darüber nachdenkst, merkst du, was für dummes Zeug du redest. Meine Seele ist inzwischen so schwarz wie die Hölle.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein, Jock.« Sie biss sich auf die Lippe. Verdammt, es fiel ihr schwer, die Worte auszusprechen. »Ich bin dir dankbar für alles, was du für mich getan hast, aber vielleicht ist es an der Zeit, dass du mich verlässt.«
    »Das kommt überhaupt nicht in Frage. Wir reden später noch mal darüber. Mach dir einen schönen Tag, Sophie.« Er ging zur Tür. »Ich hab Michael versprochen, ihn heute Nachmittag nach dem Fußballspiel abzuholen, du brauchst dich also nicht darum zu kümmern. Leg dich ins Bett und sieh zu, dass du ein paar Stunden Schlaf kriegst. Du hast mir gesagt, dass du um eins einen Termin hast.«
    »Jock.«
    Er schaute sie über die Schulter hinweg an und lächelte. »Du wirst mich nicht mehr los, dafür ist es zu spät. Egoistisch, wie ich bin, kann ich leider nicht zulassen, dass du dein Leben aufs Spiel setzt. Ich habe nicht viele Freunde auf dieser Welt, irgendwie krieg ich das mit der Freundschaft nicht mehr hin. Ich würde es nicht verkraften, dich zu verlieren.«
    Er schlug die Tür hinter sich zu.
    Verdammt, das konnte sie jetzt gar nicht gebrauchen. Sie hätte ihm nicht sagen sollen, dass man sie gesehen hatte. Schließlich kannte sie seinen ausgeprägten Beschützerinstinkt. Von Anfang an hatte er darauf gedrungen, ihn Sanborne töten zu lassen, und als das nichts fruchtete, hatte er ihr beigebracht, wie sie mit dem geringsten Risiko tun konnte, was getan werden musste. Während dieser Monate war er die ganze Zeit bei ihr geblieben, um über sie zu wachen und da zu sein, falls sie es sich anders überlegte. Sie hätte ihn fortschicken sollen, nachdem er ihr beigebracht hatte, was sie wissen musste. Er hatte gesagt, er wäre egoistisch, aber in Wirklichkeit war sie die Egoistin. Dass er noch immer bei ihr war und sich um Michael kümmern konnte, wenn sie bis spätabends oder gar nachts arbeiten musste, war weiß Gott ein Segen. Sie hatte sich schrecklich allein gefühlt, und Jock war ihr ein Trost gewesen. Aber jetzt musste sie ihn zwingen zu gehen.
    »Ich hab nur noch fünf Minuten.« Michael kam in die Küche gestürmt, nahm den Orangensaft und trank das Glas in einem Zug aus. »Keine Zeit für Frühstück.« Er schnappte sich seine Schultasche und gab Sophie auf dem Weg zur Tür ein Küsschen auf die Wange. »Ich komm erst um sechs nach Hause. Fußball.«
    »Ich weiß. Jock hat’s mir gesagt.« Sie umarmte ihn. »Wir sehen uns beim Spiel.«
    Er strahlte. »Glaubst du, dass du es schaffst?«
    »Vielleicht nicht ganz pünktlich, aber ich komme ganz bestimmt.«
    Er lächelte. »Super.«
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