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Toedliche Traeume

Toedliche Traeume

Titel: Toedliche Traeume
Autoren: Iris Johansen
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schon hier?«
    »Zwei Tage.« Zwei lange, schreckliche Tage, die sie an seinem Bett verbracht und gezittert hatte, ob er aus der Narkose aufwachen würde. »Aber letzte Nacht hat sich dein Zustand gebessert, da wusste ich, dass du überleben würdest.«
    »Und Michael?«
    »Dem geht’s gut. Er ist immer noch in Atlanta.«
    Er machte die Augen auf. »Und warum bist du dann … hier?«
    Weil sie während all der quälenden Stunden nicht gewusst hatte, ob sie weiterleben konnte, falls Royd starb. Weil die Zweifel an ihren Gefühlen für ihn einer quälenden Gewissheit gewichen waren. »Ich hab dir doch gesagt, es geht ihm gut. Er braucht mich im Moment nicht.«
    Seine Mundwinkel zuckten. »Und du musstest halt deine Pflicht tun.«
    »Halt die Klappe.« Ihre Stimme zitterte. »Ich versuche, mitfühlend zu sein, und in deinem Zustand kann ich dir keine Ohrfeige verpassen. Aber das bewahre ich mir für den Tag auf, an dem du das Krankenhaus verlässt.«
    »Sag mal, wie kommt es, dass du mit jedem außer mir zartfühlend umgehst?«
    »Ich bin zartfühlend mit dir umgegangen … als du bewusstlos warst.«
    »Und als du dachtest, ich würde sterben. Ich würde diese zarte Seite an dir auch mal gern im wachen Zustand erleben.« Er schloss die Augen. »Ich werde jetzt ein bisschen schlafen, denn ich will so bald wie möglich wieder auf den Beinen sein. Zwischen uns gibt es verdammt viel zu klären, und dafür werde ich … meine ganze Kraft brauchen.«
    »Ja, sieh zu, dass du möglichst viel Schlaf bekommst. Du hast ihn nötig.«
    Er schwieg eine Weile. »Warum bist du bei mir geblieben, anstatt zu Michael zu fahren?«
    »Weil du mich gebraucht hast.«
    »Und?«
    »Weil du mir das Leben gerettet hast.«
    »Und?«
    »Schlaf jetzt«, sagte sie mit bebender Stimme. »Mehr kriegst du nicht von mir zu hören.«
    »Doch, das werde ich. Wart’s ab …«
    Sein Atem wurde ruhiger, und er schlief ein.
    Verdammt viel zu klären, hatte er gesagt. Royd hatte sie gedrängt, hatte unbedingt etwas von ihr hören, ihr etwas entlocken wollen, obwohl er so schwach war. Wie sollten sie irgendetwas klären? Sie trugen beide tiefe Wunden mit sich herum, sie waren Überlebende des Grauens, das Sanborne und Boch über die Welt gebracht hatten. Verflixt, sie konnte keinen klaren Gedanken fassen. Sie war so erschöpft, dass sie überhaupt nicht mehr wusste, was sie dachte.
    Aber fühlen konnte sie. O ja, und wie sie fühlen konnte!
    Zärtlich schob sie Royd eine Strähne aus dem Gesicht. Es tat gut, ihn zu berühren und zu spüren, wie das Leben und die Vitalität zu ihm zurückkehrten. Er war dem Tod nur knapp entronnen …
    Er öffnete die Augen. »Erwischt«, flüsterte er.
    Sie blinzelte ihre Tränen fort. »Du hast mich reingelegt, du Mistkerl.«
    »Ein Mann muss tun, was er tun muss.« Er drehte das Gesicht, so dass seine Wange ihre Handfläche berührte. Dann schloss er die Augen wieder. »Hör nicht auf …«
    »Mach ich nicht.« Sie streichelte seine Wange. »Du könntest mich nicht mal dazu bringen aufzuhören, wenn du …«

Epilog
MacDuff’s Run
Ein halbes Jahr später
    »SOPHIE.«
    Er war da!
    Sie wandte sich vom Meer ab und drehte sich um. Royd kam den Weg herunter auf sie zu. Er ging schnell, ungeduldig, sein Gesichtsausdruck war konzentriert. Ihr Herz pochte so wild, dass sie einen Moment lang keinen Ton herausbrachte. »Du siehst sehr gut aus«, sagte sie schließlich mit zitternder Stimme. »Wie geht es dir?«
    »Ich bin stinkwütend. Als ich am nächsten Morgen in dem verdammten Krankenhaus aufgewacht bin, hat man mir erklärt, du hättest das Land verlassen. Warum?«
    »Weil mir klar geworden war, dass ich nicht bleiben konnte.«
    »Wegen Michael?«
    »Ja, das war einer der Gründe. Er brauchte mich mehr als du.«
    »Was für ein Blödsinn.« Er holte tief Luft. »Wie geht es ihm?«
    »Sehr gut. Im letzten Monat hatte er nur zwei Anfälle. Ich glaube, er ist auf dem Weg der Besserung.«
    »Schön. Und was war der andere Grund für deine plötzliche Abreise?«
    »Der andere Grund war etwas Persönliches. Ich war verwirrt, und ich brauchte Zeit zum Nachdenken.«
    »Ohne mich.«
    »Ohne dich. Es fällt mir schwer, klar zu denken, wenn du in der Nähe bist.«
    »Gut so.«
    Ihre Blicke begegneten sich. »Du brauchtest auch Zeit. Du brauchtest Luft zum Atmen, die Möglichkeit, einfach zu vergessen, dass ich existiere. Alles Schlimme zu vergessen, das ich über dich gebracht habe.«
    »Du hast vor allem verdammt viel Gutes in mein Leben
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