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Toedliche Traeume

Toedliche Traeume

Titel: Toedliche Traeume
Autoren: Iris Johansen
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der Straße geparkt. Sie musste ihre Verfolger abschütteln, ehe sie ihren Wagen erreichte.
    Sie arbeitete sich durchs Gebüsch, dabei schlugen ihr immer wieder Zweige ins Gesicht.
    Jetzt waren sie nicht mehr zu hören.
    Doch. Aber von weiter weg. Vielleicht hatten sie eine andere Richtung eingeschlagen.
    Sie hatte den Van erreicht.
    Sie schwang sich auf den Fahrersitz, warf die Schrotflinte auf den Rücksitz und raste los.
    Sie trat mit aller Macht das Gaspedal durch.
    Nichts wie weg hier. Wenn sie Glück hatte, hatte niemand ihr Gesicht gesehen.
    Jetzt konnte sie nur noch hoffen, dass sie ihr nicht dicht genug auf den Fersen waren, um ihr eine Kugel in den Kopf zu jagen …
     
    Michael schrie, als Sophie eine Stunde später zu Hause ankam.
    Scheiße, Scheiße, Scheiße.
    Sie warf ihre Tasche auf den Boden und lief durch den Hausflur.
    »Alles in Ordnung.« Jock Gavin blickte auf, als sie das Zimmer betrat. »Ich hab ihn geweckt, als der Sensor gepiept hat. Er hat nicht viel davon mitbekommen.«
    »Aber genug.«
    Michael saß keuchend im Bett, als Sophie in sein Zimmer stürzte. Sie nahm ihn in die Arme. »Alles in Ordnung, mein Schatz. Es ist vorbei«, flüsterte sie, während sie ihn wiegte. »Es ist alles vorbei.«
    Einen Augenblick lang klammerte Michael sich an sie, dann schob er sie von sich. »Ich weiß, dass alles in Ordnung ist«, sagte er unwirsch. Er holte tief Luft. »Behandel mich nicht immer wie ein kleines Kind, Mom. Da komm ich mir nur blöd vor.«
    »Tut mir leid.« Jedes Mal schwor sie sich, nicht so emotional zu reagieren, aber diesmal war sie von der Situation überrascht worden. Sie räusperte sich. »Ich werd mir Mühe geben«, sagte sie lächelnd. »Aber es gibt tatsächlich Leute, die dich für ein Kind halten. Stell dir das mal vor.«
    »Ich mache dir Frühstück, Michael«, sagte Jock und ging zur Tür. »Zeit, aufzustehen. Es ist schon halb acht.«
    »Ja.« Michael stieg aus dem Bett. »Verflixt, ich muss mich beeilen, sonst verpasse ich den Bus.«
    »Keine Hetze. Falls du den Bus verpasst, fahre ich dich.«
    »Nein, Mom, du bist doch müde. Ich schaff das schon.« Er schaute sie über die Schulter hinweg an. »Wie geht’s dem Baby?«
    »Ein Anfall heute Nacht. Ich glaube, es liegt an einem von den Medikamenten, die die Kleine bekommt. Ich werde ihr was anderes geben.«
    »Super.« Er verschwand ins Badezimmer.
    Nachdem er die Tür hinter sich geschlossen hatte, lehnte er sich wahrscheinlich einen Moment ans Waschbecken, um gegen die Übelkeit anzukämpfen, die der Nachtschreck ausgelöst hatte. Sie hatte ihm beigebracht, wie, aber neuerdings wollte er sie nicht mehr dabeihaben. Das war völlig normal, und sie hatte keinen Grund, sich verletzt zu fühlen. Michael war immerhin schon zehn. Sie konnte von Glück reden, dass er ihr immer noch so zugewandt war.
    »Mom.« Michael streckte grinsend den Kopf aus dem Bad. »Ich hab gelogen. In Wirklichkeit komm ich mir gar nicht blöd vor. Ich dachte nur, dass das eigentlich so sein müsste.«
    Dann ging die Tür wieder zu.
    Auf dem Weg in die Küche durchströmte sie ein tiefes Gefühl der Liebe zu ihrem Sohn.
    »Netter Junge.« Jock stand an der Anrichte. »Und ganz schön mutig.«
    Sie nickte. »Allerdings. Hatte er letzte Nacht noch mehr Anfälle?«
    »Deine Messgeräte haben keine weiteren angezeigt. Keine nennenswerte Beschleunigung des Herzrhythmus bis vor wenigen Minuten.« Jock wandte sich ab. »Sag Michael, dass hier Toast und Orangensaft für ihn stehen. Ich muss telefonieren und mich bei MacDuff melden.«
    Sie musste lächeln. »Als du seinen Namen zum ersten Mal erwähnt hast, dachte ich, du würdest von deinem Bewährungshelfer reden, anstatt von einem schottischen Gutsherrn.«
    »In gewisser Weise ist er ja auch mein Bewährungshelfer.« Seine Augen funkelten. »Wenn ich mich nicht regelmäßig bei ihm melde, sitzt er mir nur dauernd im Nacken, um sich zu vergewissern, dass ich mich auch anständig benehme. Wir haben eine Abmachung.«
    »Bloß weil du in einem Dorf auf seinem Landsitz aufgewachsen bist, hat er kein Recht, dir vorzuschreiben, was du zu tun und zu lassen hast.«
    »Das glaubt er aber. Er ist in dem Bewusstsein aufgewachsen, dass er für alle im Dorf verantwortlich ist. Für ihn sind wir seine Familie.« Er lächelte. »Und manchmal kommt es mir selbst so vor. Außerdem ist er mein Freund, und es ist schwer, einem Freund zu sagen, er soll einem den Buckel runterrutschen.« Er wurde ernst. »Du hast einen Kratzer auf
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