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Toedliche Traeume

Toedliche Traeume

Titel: Toedliche Traeume
Autoren: Iris Johansen
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der Wange.«
    Sie musste sich beherrschen, um sich nicht ans Gesicht zu fassen. Sie hatte sich an einer Tankstelle gewaschen, aber ein Kratzer ließ sich nicht entfernen. Eigentlich hätte sie sich denken können, dass Jock ihn bemerken würde. Ihm entging kaum etwas. »Ach, das ist nichts.«
    Seine Augen verengten sich zu Schlitzen. »Ich hatte dich schon vor einer Stunde zu Hause erwartet. Wo bist du gewesen?«
    »Du kannst mich jederzeit anrufen, wenn es ein Problem mit Michael gibt«, erwiderte sie ausweichend.
    »Wo bist du gewesen?«, wiederholte er eindringlich. »Bei der Fabrik?«
    Es hatte keinen Zweck, ihn anzulügen. Sie nickte. »Er ist nicht gekommen. In den letzten drei Wochen war er jeden Dienstagabend um Punkt sieben Uhr da. Ich hab keine Ahnung, warum er heute nicht aufgekreuzt ist.« Ihre Hände ballten sich zu Fäusten. »Verdammt, ich war so weit. Ich hätte es getan, Jock.«
    »Du wirst nie so weit sein.«
    »Du hast mich geschult. Ich bin bereit.«
    »Du würdest es schaffen, ihn zu töten, aber du würdest es nicht verkraften.«
    »Du hast das Töten auch verkraftet.«
    Jock verdrehte die Augen. »Du hättest mich mal vor ein paar Jahren erleben müssen. Da war ich ein Fall für die Anstalt.«
    »Ein Grund mehr, Sanborne zu töten«, sagte Sophie. »Der hat es nicht verdient zu leben.«
    »Stimmt. Aber das bedeutet nicht, dass du es tun solltest.« Er schaute sie an. »Du hast Michael. Er braucht dich.«
    »Das weiß ich. Ich habe mit Michaels Vater vereinbart, dass er sich notfalls um ihn kümmert. Er liebt seinen Sohn, nur anfangs konnte er die Situation nicht ertragen. Aber Michael geht es inzwischen viel besser.«
    »Er braucht dich. «
    »Hör auf, Jock. Wie kann ich …« Sie rieb sich die schmerzenden Schläfen und flüsterte: »Es ist meine Schuld. Sie tun es immer noch. Wie kann ich zulassen, dass sie weitermachen?«
    »MacDuff kennt eine ganze Menge einflussreiche Leute. Ich könnte ihn ja bitten, jemanden in eurer Regierung anzurufen.«
    »Du weißt, dass ich das schon versucht habe. Ich habe jeden angerufen, den ich kannte. Aber die haben mir nur den Kopf getätschelt, voller Verständnis dafür, dass ich so hysterisch war. Alle wollten mir weismachen, Sanborne wäre ein respektabler Geschäftsmann. Und dass es keinerlei Anzeichen dafür gäbe, dass er das Monster ist, als das ich ihn darstelle.« Ihre Mundwinkel zuckten. »Nachdem ich mit dem fünften Scheißkerl von Senator telefoniert hatte, war ich tatsächlich hysterisch. Ich konnte es nicht fassen, dass sie mir nicht glauben wollten. Die stehen doch garantiert alle auf Sanbornes Gehaltsliste.« Sie schüttelte erschöpft den Kopf. »Und dein MacDuff würde gegen dieselbe Wand rennen. Nein, wir müssen die Sache selbst in die Hand nehmen.« Ihre Lippen spannten sich. »Und du irrst dich, ich würde es sehr wohl verkraften. Ich würde nicht zulassen, dass Sanborne mir noch mehr Leid zufügt, als er es schon getan hat.«
    »Dann lass mich das übernehmen. Ich töte ihn. Das ist eine viel bessere Lösung.«
    Jock hatte in einem beiläufigen, fast ausdruckslosen Ton gesprochen. »Weil es dir nichts ausmachen würde? Das ist eine Lüge. Es würde dir eine Menge ausmachen. So abgebrüht bist du nicht.«
    »Ach nein? Weißt du, wie viele Menschen ich schon getötet habe?«
    »Nein, und du weißt es auch nicht. Das ist der Grund, warum du mir hilfst.« Sie schaltete die Kaffeemaschine ein und lehnte sich gegen die Anrichte. »Einer der Wachmänner hat mich gesehen. Vielleicht auch mehr als einer. Ich bin mir nicht sicher.«
    Er zuckte zusammen. »Das ist gar nicht gut. Hat die Sicherheitskamera dich erfasst?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Außerdem hatte ich eine dicke Jacke an und meine Haare unter eine Mütze gestopft. Erst als ich abgehauen bin, hat mich jemand gesehen, und das auch nur ganz kurz, da bin ich mir ganz sicher. Vielleicht ist es ja noch mal gutgegangen.«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Doch. Ich werde dafür sorgen. Niemand wird die Polizei verständigen. Sanborne will keine Aufmerksamkeit auf irgendwelche ungewöhnlichen Vorkommnisse in seiner Fabrik ziehen.«
    »Aber von jetzt an werden sie auf der Hut sein.«
    Das konnte sie nicht abstreiten. »Dann muss ich eben noch vorsichtiger sein, wenn ich ihn töte.«
    Jock schüttelte erneut den Kopf. »Das kann ich nicht zulassen«, sagte er ruhig. »Vielleicht hat MacDuff mir sein Verantwortungsbewusstsein vererbt. Ich habe meinen persönlichen Dämon vor Jahren getötet,
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