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Toedliche Spiele

Toedliche Spiele

Titel: Toedliche Spiele
Autoren: Suzanne Collins
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zwei Jahre älter war, sah er schon aus wie ein Mann. Es hat lange gedauert, bis wir überhaupt Freunde wurden, uns nicht mehr über jeden Tausch in die Haare kriegten und einander halfen.
    Außerdem wird Gale, wenn er Kinder haben will, mühelos eine Frau finden. Er sieht gut aus, er ist stark genug für  die Arbeit in den Minen und er ist ein guter Jäger. An der Art, wie die Mädchen über ihn tuscheln, wenn er in der Schule an ihnen vorbeigeht, kann man erkennen, dass sie ihn begehren. Das macht mich eifersüchtig, aber nicht aus dem Grund, den man vielleicht annehmen könnte. Es ist schwer, einen guten Jagdgefährten zu finden.
    »Was sollen wir machen?«, frage ich. »Wir können jagen, angeln oder sammeln gehen.«
    »Lass uns am See angeln. Wir können die Angelruten auslegen und im Wald sammeln gehen. Irgendwas Schönes für heute Abend«, sagt er.
    Heute Abend. Nach der Ernte sollen alle feiern. Viele Leute tun das auch, aus Erleichterung darüber, dass ihre Kinder ein weiteres Jahr verschont geblieben sind. Aber mindestens zwei Familien werden die Fensterläden zumachen, die Türen verschließen und sich fragen, wie sie die leidvollen Wochen überleben sollen, die auf sie zukommen.
    Wir haben Glück. An einem Tag wie diesem, da leichtere, wohlschmeckendere Beute im Überfluss vorhanden ist, beachten uns die Raubtiere nicht. Am späten Vormittag haben wir ein Dutzend Fische, einen Beutel Gemüse und - das Beste von allem - einen Eimer voll Erdbeeren. Das Erdbeerfeld habe ich vor zwei Jahren entdeckt, aber die Idee, ein Netz gegen die Tiere aufzuspannen, stammt von Gale.
    Auf dem Heimweg machen wir einen Abstecher auf den Hob, der in einem verlassenen Lagerhaus abgehalten wird, wo früher Kohle aufbewahrt wurde. Als sie ein effizienteres System einführten, das die Kohle direkt von den Minen zu den Zügen transportiert, hat sich nach und nach der Schwarzmarkt hier breitgemacht. Die meisten Geschäfte sind am Erntetag um diese Uhrzeit schon geschlossen, doch auf dem Hob herrscht immer noch ein ziemlicher Betrieb. Mühelos tauschen wir sechs der Fische gegen gutes Brot und zwei weitere gegen Salz. Greasy Sae, die knochendürre alte Frau, die aus einem großen Kessel schalenweise heiße Suppe verkauft, nimmt uns die Hälfte des Gemüses ab und gibt uns dafür ein paar Brocken Paraffin. Anderswo könnten wir vielleicht ein bisschen mehr rausschlagen, aber wir bemühen uns um ein gutes Verhältnis zu Greasy Sae. Sie ist die Einzige, die uns regelmäßig wilden Hund abkauft. Wir jagen die Hunde nicht absichtlich, doch wenn man angegriffen wird und dabei einen oder zwei erwischt - nun ja, Fleisch ist Fleisch. »In meiner Suppe wird's zu Rindfleisch«, sagt Greasy Sae augenzwinkernd. Niemand im Saum würde eine ordentliche Keule vom wilden Hund verschmähen, doch die Friedenswächter, die in den Hob kommen, können es sich leisten, etwas wählerischer zu sein.
    Als wir unsere Geschäfte auf dem Markt abgeschlossen haben, gehen wir zum Haus des Bürgermeisters, um die Hälfte der Erdbeeren zu verkaufen, denn wir wissen, dass er besonders versessen darauf ist und unseren Preis bezahlen kann. Die Tochter des Bürgermeisters, Madge, öffnet die Hintertür. Sie ist in meinem Schuljahrgang. Von einer Bürgermeistertochter würde man erwarten, dass sie sich für etwas Besonderes hält, aber sie ist ganz in Ordnung. Sie bleibt einfach für sich. Wie ich. Da keine von uns beiden einer Clique angehört, sind wir in der Schule viel zusammen. Gemeinsam zu Mittag essen, in Versammlungen nebeneinandersitzen, Partnerinnen beim Schulsport. Wir reden kaum miteinander und das ist uns beiden nur recht.
    Heute hat sie ihre triste Schuluniform gegen ein teures weißes Kleid getauscht und die blonden Haare mit einem rosa Band hochgebunden. Erntekleidung.
    »Hübsches Kleid«, sagt Gale.
    Madge wirft ihm einen Blick zu, um herauszufinden, ob das Kompliment ernst gemeint ist oder ironisch. Es ist wirklich ein schönes Kleid, aber an einem normalen Tag würde sie es nie tragen. Sie presst die Lippen zusammen, dann lächelt sie. »Na ja, falls ich die bin, die ins Kapitol muss, möchte ich doch hübsch aussehen, oder?«
    Jetzt ist es an Gale, verwirrt zu sein. Meint sie das wirklich? Oder will sie sich mit ihm anlegen? Ich glaube, Letzteres.
    »Du musst nicht ins Kapitol«, sagt Gale kühl. Sein Blick bleibt an einer kleinen runden Brosche hängen, die sie sich ans Kleid gesteckt hat. Echtes Gold. Wunderschön gearbeitet. Davon könnte eine
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