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Toedliche Spiele

Toedliche Spiele

Titel: Toedliche Spiele
Autoren: Suzanne Collins
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vorausgesetzt, man weiß, wo sie zu finden ist. Mein Vater wusste es und er hat mir einiges beigebracht, bevor er durch eine Explosion in der Mine in Stücke gerissen wurde. Da war nichts mehr, was wir hätten begraben können. Ich war damals elf. Heute, fünf Jahre danach, wache ich immer noch davon auf, dass ich ihm zuschreie, er solle wegrennen.
    Obwohl das Betreten des Waldes illegal ist und Wilderei die schwersten Strafen nach sich zieht, würden es mehr Leute wagen, wenn sie Waffen hätten. Die meisten sind nicht mutig genug, sich nur mit einem Messer bewaffnet hineinzutrauen. Mein Bogen hat Seltenheitswert, er wurde noch von meinem Vater angefertigt, zusammen mit ein paar anderen, die ich, sorgfältig in wasserdichte Hüllen gewickelt, sicher im Wald versteckt habe. Hätte mein Vater sie verkauft, hätte er viel Geld verdienen können, doch wenn die Beamten dahintergekommen wären, wäre er wegen Anzettelung eines Aufstands öffentlich hingerichtet worden. Die meisten Friedenswächter drücken gegenüber uns wenigen Jägern ein Auge zu, weil sie wie alle anderen nach frischem Fleisch gieren. Sie gehören sogar zu unseren besten Kunden. Aber sie würden nie zulassen, dass jemand den Saum mit Waffen versorgt.
    Im Herbst schleichen sich ein paar Mutige in den Wald, um Äpfel zu pflücken. Aber stets in Sichtweite der Weide. Immer nah genug, um bei Gefahr schnell zurück in die Sicherheit von Distrikt 12 eilen zu können. »Distrikt 12. Wo man gefahrlos verhungern kann«, murmele ich. Dann schaue ich rasch über die Schulter. Sogar hier, am Ende der Welt, hat man Angst, man könnte belauscht werden.
    Als ich jünger war, erschreckte ich meine Mutter zu Tode mit dem, was ich über Distrikt 12 sagte; über Panem und die Leute, die unser Land aus der fernen Stadt regieren, die das Kapitol genannt wird. Irgendwann begriff ich, dass uns das nur noch mehr Scherereien einbringen würde. Also lernte ich, meine Zunge zu hüten und eine gleichgültige Maske aufzusetzen, damit niemand meine wahren Gedanken lesen konnte. Lernte, in der Schule still meine Aufgaben zu machen. Auf dem Marktplatz nur höflich über Belangloses zu sprechen. Auf dem Hob, dem Schwarzmarkt, wo ich das meiste Geld verdiene, überhaupt nicht viel zu sagen und nur meinen Handel abzuschließen. Selbst zu Hause, wo ich weniger Rücksicht nehme, vermeide ich die heiklen Themen. Wie die Ernte oder die Lebensmittelknappheit oder die Hungerspiele. Prim könnte es mir ja nachplappern und was sollte dann aus uns werden?
    Im Wald wartet der einzige Mensch, bei dem ich sein kann, wie ich bin. Gale. Ich spüre, wie sich meine Züge entspannen und ich schneller werde, während ich die Hügel hinauf zu unserem Ort klettere. Ein Felsvorsprung, der ein Tal überblickt und von einem Dickicht aus Beerensträuchern vor unerwünschten Blicken abgeschirmt ist. Als ich sehe, dass Gale auf mich wartet, muss ich lächeln. Er sagt, ich lächele niemals, außer im Wald.
    »Hallo, Kätzchen«, sagt Gale. Eigentlich heiße ich Katniss, aber damals, als ich ihm zum ersten Mal meinen Namen sagte, habe ich ihn nur geflüstert. Und er hat Kätzchen verstanden. Als dann diese verrückte Wildkatze begann, mir in der Hoffnung auf Almosen durch den Wald zu folgen, wurde es Gales offizieller Spitzname für mich. Die Wildkatze musste ich schließlich töten, weil sie das Wild vertrieb. Ich bereute es fast, denn sie war keine schlechte Gesellschaft. Aber für ihr Fell habe ich einen guten Preis erzielt.
    »Schau, was ich geschossen habe«, sagt Gale und hält einen Laib Brot in die Höhe, in dem ein Pfeil steckt, und ich muss lachen. Es ist echtes Brot aus der Bäckerei, keins von den flachen, festen Broten, die wir aus unseren Getreiderationen backen. Ich nehme es in die Hände, ziehe den Pfeil heraus und halte die Einstichstelle an meine Nase. Ich sauge den Duft ein und merke, wie mir das Wasser im Mund zusammenläuft. Feines Brot wie dieses gibt es nur zu besonderen Anlässen.
    »Mmmh, noch warm«, sage ich. Er muss schon bei Tagesanbruch in der Bäckerei gewesen sein, um es zu tauschen. »Was hat dich das gekostet?«
    »Nur ein Eichhörnchen. Ich glaub, der alte Mann war heute Morgen ein bisschen sentimental«, sagt Gale. »Er hat mir sogar Glück gewünscht.«
    »Tja, heute rücken wir alle ein bisschen enger zusammen, nicht wahr?«, sage ich und verdrehe nicht einmal die Augen dabei. »Prim hat einen Käse für uns übrig gelassen.« Ich ziehe ihn hervor.
    Als er die Leckerei sieht,
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