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Toedliche Spiele

Toedliche Spiele

Titel: Toedliche Spiele
Autoren: Suzanne Collins
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Flavius und Octavia umringt. Sie sprechen so schnell und überschwänglich, dass ich kein Wort verstehe. Aber die Stimmung ist eindeutig. Sie freuen sich wahnsinnig, mich zu sehen, und ich freue mich auch, wenn auch nicht so sehr wie bei Cinna. Eher so, wie man sich freut, wenn man am Ende eines besonders schweren Tages drei anhängliche Haustiere wiedersieht.
    Sie nehmen mich mit in ein Esszimmer, wo ich endlich eine richtige Mahlzeit bekomme - Roastbeef, Erbsen und weiche Brötchen -, auch wenn meine Portionen immer noch strikt rationiert werden. Ein Nachschlag wird mir nämlich nicht gewährt.
    »Nein, nein, nein. Sie wollen ja nicht, dass das alles auf der Bühne wieder hochkommt«, sagt Octavia. Heimlich unter dem Tisch steckt sie mir aber doch ein Extrabrötchen zu, um mir zu verstehen zu geben, dass sie zu mir hält.
    Wir gehen zurück in mein Zimmer und Cinna verschwindet eine Weile, während das Vorbereitungsteam an mir arbeitet.
    »Oh, du hast eine Ganzkörperbehandlung bekommen«, sagt Flavius neidisch. »Deine Haut ist makellos.«
    Aber als ich meinen nackten Körper im Spiegel betrachte, fällt mir nur auf, wie mager ich bin. Unmittelbar nach der Arena hab ich zwar bestimmt noch schlimmer ausgesehen, doch meine Rippen kann ich immer noch zählen.
    Sie stellen mich unter die Dusche, danach nehmen sie sich Haar, Nägel und Make-up vor. Sie plappern in einem fort, sodass ich kaum antworten muss, was mir recht ist, denn mir ist nicht nach Reden zumute. Komisch, obwohl sie ununterbrochen über die Spiele plappern, geht es nur darum, wo sie waren, was sie getan haben oder wie es ihnen ging, während sich dies und das in der Arena ereignete. »Ich hab noch im Bett gelegen!« - »Ich hatte mir gerade die Augenbrauen gefärbt!« - »Ich schwör's euch, ich war fast in Ohnmacht gefallen!« Es geht nur um sie, nicht um die sterbenden Jungen und Mädchen in der Arena.
    So schwelgen wir in Distrikt 12 nicht in den Spielen. Wir beißen die Zähne zusammen und schauen zu, weil wir müssen, aber wenn sie vorbei sind, versuchen wir so schnell wie möglich zum Alltag zurückzukehren. Um das Vorbereitungsteam nicht zu hassen, blende ich das meiste von dem, was sie sagen, einfach aus.
    Cinna kommt herein, über dem Arm ein eher bescheidenes gelbes Kleid.
    »Machen wir jetzt nicht mehr auf Mädchen in Flammen?«, frage ich.
    »Sieh selbst«, sagt er und zieht mir das Kleid über den Kopf. Sofort bemerke ich die Polster über meinen Brüsten, sie täuschen Kurven vor, die der Hunger meinem Körper gestohlen hat. Ich fasse mir an die Brust und runzele die Stirn.
    »Ich weiß«, sagt Cinna, bevor ich Einwände erheben kann. »Aber wenn es nach den Spielmachern gegangen wäre, hättest du eine Schönheitsoperation bekommen. Haymitch hatte einen Riesenkrach mit ihnen deswegen. Schließlich haben sie sich darauf geeinigt.« Er hält mich zurück, bevor ich mein Spiegelbild betrachten kann. »Warte, vergiss die Schuhe nicht.« Venia hilft mir in flache Ledersandalen, dann erst wende ich mich dem Spiegel zu.
    Ich bin immer noch das »Mädchen in Flammen«. Der hauchdünne Stoff schimmert zart. Bei der kleinsten Luftbewegung geht ein Kräuseln meinen Körper hinauf. Im Vergleich hierzu erscheint das Wagenkostüm aufdringlich, das Interviewkleid zu gekünstelt. In diesem Kleid erwecke ich den Eindruck, als wäre ich in Kerzenlicht gekleidet.
    »Was meinst du?«, fragt Cinna.
    »Das ist das beste von allen«, sage ich. Als ich mich vom Anblick des flackernden Stoffs losreißen kann, wartet schon der nächste Schock. Mein Haar ist offen und wird nur von einem schlichten Haarband gehalten. Das Make-up macht mein Gesicht weicher und glättet die scharfen Kanten. Die Nägel sind klar lackiert. Das ärmellose Kleid ist unter den Rippen gerafft, nicht in der Taille, wodurch die Polster fast überdeckt werden. Der Saum reicht bis zu den Knien. Ohne Absätze habe ich meine wahre Größe. Ich sehe einfach nur wie ein Mädchen aus. Ein junges Mädchen. Höchstens vierzehn. Unschuldig. Harmlos. Dass Cinna das hinbekommen hat, obwohl ich soeben die Hungerspiele gewonnen habe, ja, das ist schon schockierend.
    Es ist ein wohlbedachtes Erscheinungsbild. Cinna überlässt bei seinen Entwürfen nichts dem Zufall. Ich beiße mir auf die Lippen, während ich versuche, hinter seine Beweggründe zu kommen.
    »Ich hätte etwas ... Raffinierteres erwartet«, sage ich.
    »Ich dachte mir, Peeta würde das hier besser gefallen«, antwortet er
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