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Tödliche Recherche

Tödliche Recherche

Titel: Tödliche Recherche
Autoren: Kurt Lehmkuhl
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keine aufschlußreichen Ergebnisse. Es gab zwar niedergetretenes Gras am Ufer und auch einige abgeknickte Zweige im Bereich der Böschung. Aber das konnte eine Folge der eifrigen Bergungsbemühung von Müller oder des Einsatzes der Feuerwehr gewesen sein. Vielleicht hatte auch Schramm die Spuren hinterlassen. Vielleicht stammten sie auch von einem anderen. Das ließ sich jetzt ohnehin nicht mehr klären.
    Es deute nichts auf Fremdverschulden hin, meinte Wenzel zu seinem Chef Küpper, den jedermann bei der Dürener Polizei nur „Bernhardiner“ nannte.
    Der zu dick beleibte und zu dünn bekleidete Wenzel fror. Der Oberinspektor wollte vom kalten Wassergraben zurück ins warme Büro und trieb Küpper zur Eile. „Hier gibt es für uns doch nichts mehr zu tun.“
    Küpper zögerte. Er wäre noch gerne ins Altenheim an der Von-Aue-Straße gegangen und hätte dort seine Mutter besucht. Ich besuche sie viel zu selten, machte er sich Vorwürfe. Aber der Kommissar ließ es sein angesichts des nervenden Drängeins seines Assistenten.
    Der Staatsanwalt ordnete eine Obduktion der Leiche an. Keine Stunde später wurde sie schon im Keller der Städtischen Krankenanstalt an der Roonstraße vorgenommen. „Was vom Tisch ist, ist erledigt“, meinte der Operateur pragmatisch zu Wenzel. Mit einem glatten Schnitt im Genick löste er die Haut und zog sie von hinten über den Kopf von Schramm ab. „Keine Verletzungen an der Schädeldecke“, stellte der Arzt nach einem prüfenden Blick fest und klappte die Haut zurück.
    „Schaun wir uns mal die Innereien an“, schilderte er beinahe schon frohgelaunt seine weitere Vorgehensweise.
    Wenzel fröstelte, und das lag nicht nur an den kühlen Temperaturen im ungeheizten Klinikkeller. Offene Leichen waren nicht sein Fall. Und es ärgerte ihn obendrein ungemein, daß immer er es war, der von der Kripo abgestellt wurde, wenn es auf Geheiß der Staatsanwaltschaft hieß, bei einer Obduktion präsent zu sein.
    Das Ergebnis der Obduktion lag entsprechend schnell vor. Es konnten keine Auswirkungen von außen auf den Körper des Toten festgestellt werden. Der Tod sei eingetreten durch einen Herzstillstand nach Ertrinken. Vielleicht habe auch ein Kälteschock mitgewirkt. Diese Frage konnte nach Auffassung des Experten offenbleiben.
    Wie dem auch sei, nach Auffassung des Mediziners war ein Fremdverschulden nahezu mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auszuschließen. Den Todeszeitpunkt gab der Arzt zwischen Mitternacht und zwei Uhr morgens am Dienstag an.
    Und noch eine, seiner Meinung nach aufschlußreiche Feststellung konnte der Gutachter treffen: Schramm war volltrunken gewesen: Er mußte zum Zeitpunkt seines Ablebens mehr als zwei Promille Alkohol im Blut gehabt haben.
    „Der ist im besoffenen Kopp in den Graben gefallen“, schloß Wenzel ohne Mitgefühl, als er in Küppers schlichtem Büro im nüchternen Betonklotz der Polizeiinspektion an der AugustKlotz-Straße Bericht erstattete. Er traf damit das Urteil des Mediziners und auch des Staatsanwaltes: „Schramm ist in volltrunkenem Zustand ausgerutscht, in das eisige Wasser gefallen und ertrunken“, so lautete dessen Fazit, „kein Fall für die Strafverfolgungsbehörde.“ Unfall oder Unglück, „auf keinen Fall aber eine kriminelle Handlung.“
    Der Staatsanwalt wollte gehen, packte seine Aktentasche und meinte bei seinem Abgang aus Küppers Büro: „Jetzt bist du dran, mein Freund. Schau ‘mal nach, ob Angehörige verständigt werden müssen!“
    Da war sie wieder, die Stunde des Bernhardiners. Immer wurde Küpper gefragt, wenn es hieß, Familien über den Tod eines Angehörigen zu benachrichtigen. Er blickte eben wie ein Bernhardiner. Sein Blick drückte verständnisvolles Mitgefühl aus. Der Mitvierziger blickte immer betrübt. Küpper zeigte Anteilnahme, die ihm die Betroffenen abnahmen.
    Er weigerte sich nie, diese Aufgabe zu übernehmen, er beklagte sich nicht. Sie gehörte nach seiner Auffassung auch zum Polizistenberuf.
    Allenfalls Wenzel frotzelte über Küppers melancholischen Blick hinter dessen Rücken: „Der hat als Säugling saure Muttermilch aus Mutters Brust schlucken müssen. Das schlägt fürs ganze Leben aufs Gemüt.“
    Aber auch er war froh, wenn ihm sein Chef die Kondolenzbesuche abnahm.
    Schramm wohnte mit seiner Frau Thea zusammen in Birkesdorf. Sie waren seit sechs Jahren verheiratet. Es gab keine Kinder. Zum Zeitpunkt der Heirat war Schramm Jurastudent, seine Frau Physiklaborantin gewesen.
    Diese
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