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Tödliche Mitgift

Tödliche Mitgift

Titel: Tödliche Mitgift
Autoren: Eva Almstädt
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Richtung Lübeck hielten. Der Wagen verschwand aus ihrem Blickfeld. Eine Weile fuhren sie schweigend, Hinnerk sah aus dem Fenster, wo zwischen den Hügeln immer wieder der im Mondlicht bleiern schimmernde Ratzeburger See auftauchte. In Groß Sarau bremste Pia den Wagen ab und bog nach links in eine Seitenstraße ein.
    »Ich werde mal kurz telefonieren«, meinte sie und hielt am Straßenrand an. Sie zog ihr Diensttelefon hervor und tätigte einige Anrufe, in denen sie einen Streifenwagen anforderte. Sie gab Löwgens Adresse durch, damit ein paar Kollegen heute Nacht sein Haus im Auge behielten.
    »Können wir jetzt endlich zu dir fahren?«, fragte Hinnerk, als sie alles arrangiert hatte. Sie seufzte leise und sah zu ihm hinüber.
    »Ich weiß, dass ich heute schon genug Zeit vergeudet habe«, sagte sie. »Die Stunde mit Löwgen hätten wir uns schenken können. Es ist nichts dabei herausgekommen.«
    »Immerhin hast du organisiert, dass heute Nacht jemand sein Haus im Auge behält. Wer weiß, wozu das gut ist«, gab sich Hinnerk versöhnlich.
    »Eine gewisse Abschreckung, mehr bringt es nicht«, räumte sie ein, »aber er kann schlecht verlangen, dass wir ihn rund um die Uhr bewachen, so wie er sich verhält.«
    »Er ist ein erwachsener Mann«, sagte Hinnerk.
    »Das bezweifle ich mittlerweile.« Sie wendete und fuhr zurück in Richtung Bundesstraße. »Programmiere bitte mal Duvensee ins Navigationsgerät ein. Ich möchte wissen, wie lange man von hier aus dorthin braucht.«
    Er kam ihrer Bitte nach, ohne nachzufragen. »Vierundzwanzig Minuten«, erklärte er kurz darauf.
    »Dann fahren wir hin.« Pia bog rechts ab und fühlte Hinnerks Blick fragend auf sich ruhen.
    »Was soll das denn?«
    »Dieser schmutzige Range Rover … Er stand die ganze Zeit vor der Kneipe, während wir mit Löwgen drinnen waren. Als er losradelte, fuhr der Rover ebenfalls los. Und ich weiß jetzt auch, wo ich den Wagen schon mal gesehen habe: auf dem Hof vor der Werkstatt der Fanellis.« Während Pia die Landstraße in Richtung Ratzeburg zurückjagte, schilderte sie Hinnerk in groben Zügen, was es mit dem Fall auf sich hatte und warum sie plötzlich so besorgt war. Sie versuchte zu überschlagen, wie lange Löwgen wohl auf dem Rad von der Kneipe in Ratzeburg bis nach Hause brauchte. Mindestens eine halbe Stunde, schätzte sie, eher fünfundvierzig Minuten. Trotzdem würde es knapp werden. Sie hatten um kurz vor elf die Kneipe verlassen, nun war es zwanzig Minuten nach elf. Und es lagen noch einige Kilometer Landstraße zwischen ihr und Löwgens Haus.

31. Kapitel
    A ls Bernhard Löwgen in Ratzeburg losgefahren war, war ihm kühl gewesen, doch nach wenigen Kilometern fühlte er, wie er an Brust und Rücken zu schwitzen begann. Er genoss das gleichmäßige Treten und die tiefen, regelmäßigen Atemzüge, die er für die ausdauernde und kraftvolle Bewegung benötigte. Er beugte sich tief über den Lenker und starrte auf den Lichtkegel, den sein Fahrradscheinwerfer auf den Asphalt warf. Zum Glück war die Nacht klar, und der Mond schien so hell, dass Bernhard die vor ihm liegende, kurvige Straße gut erkennen konnte. Vereinzelte Bäume auf den Äckern warfen scharf konturierte Schatten. Bei Hude überquerte er den Elbe-Lübeck-Kanal und erlaubte sich einen kurzen Blick auf das ruhig dahinfließende Wasser. Er schoss die Brücke hinunter und schaltete wieder hoch. Der Fahrtwind kühlte sein erhitztes Gesicht und drang durch die dünne Windjacke und seinen Pullover. Es ging ihm besser als in den letzten Tagen, fast so, als könnte er seine Ängste und Zweifel aus sich heraustreten und damit abschütteln. Für einen Moment fühlte er sich frei. Bernhard fuhr durch den Ort Kühsen und wähnte sich schon fast zu Hause, denn das nächste Dorf war Duvensee. Am Ortsausgang standen ein paar Kälber auf einer Weide und starrten dem schnell vorbeigleitenden Radfahrer nach. Eingesperrte Viecher, begrenzt durch einen Elektrozaun und ihren beschränkten Verstand, dachte Löwgen. Ihr Schicksal war schon lange vor ihrer Geburt beschlossen und besiegelt, er hingegen hatte die Wahl. Er war noch nicht tot, verbrannt und in einer Urne nach Deutschland zurückgeschickt wie ein Postpaket – so wie Annegret und ihr Bruder Matthias. Er konnte das Ruder immer noch herumreißen. Die Nachtluft hatte den Gedankenmief der letzten Wochen aus seinem Gehirn vertrieben. Wenn er zu Hause angekommen war, würde er Pläne für sein neues Leben schmieden. Das letzte Stück seines
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