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Toedliche Luegen

Toedliche Luegen

Titel: Toedliche Luegen
Autoren: Hansi Hartwig
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Maniküre kamen und sich mit sanftem Druck um ihre Finger schlossen. Seine Berührung brachte Beate für einen Moment vollkommen aus dem Gleichgewicht und das nicht allein aus dem Grund, weil sie gerade einen hässlichen Tintenfleck an ihrem Zeigefinger entdeckt hatte. Sie musste sich zwingen, ihre Hand nicht zurückzuziehen.
    Germeaux hatte ihr Unbehagen nicht bemerkt, sondern schien über ihre Fragen nachzusinnen. „Du fragst dich, was du tun sollst. Wenn ich dir einen Vorschlag unterbreiten darf, würde ich dich zunächst bitten, ‚du’ zu sagen. Und danach versuchen wir, uns miteinander bekanntzumachen. Das wäre ein guter Anfang, was meinst du?“
    „Ja. Na schön .“ Ihr Lächeln verrutschte etwas. „Ich denke, damit kann ich leben. Selbst wenn sich alles als Irrtum herausstellen sollte, dürfte das niemandem schaden.“
    Kopfschüttelnd grunzte sie: „Das glaubt mir ohnehin keiner! Ausgerechnet mir muss so etwas Verrücktes passieren!“ Sie entzog ihm unauffällig ihre Hand und nahm stattdessen übermütig Messer und Gabel in die Faust. „Jetzt habe ich aber wirklich mordsmäßigen Hunger.“
    Als hätte es sich dabei um ein vereinbartes Zeichen gehandelt, eilte der Kellner herbei.
    Beate beugte sich zu Pierre Germeaux und raunte ihm ins Ohr: „Papa muss ich aber deswegen nicht zu dir sagen, oder?“
     
    Ihrer anfänglichen Skepsis zum Trotz verspeiste sie mit großem Appetit das Menü, welches ihr Vater für sie beide gewählt hatte. Zufrieden hielt sie sich eine Stunde später den vollen Bauch und lehnte sich auf ihrem Stuhl entspannt zurück.
    „ Ich weiß nicht, ob es sehr unhöflich ist zu fragen, wie alt du bist.“
    „ Aber keineswegs, mein Kind, das ist es nicht. Und schließlich war ich es, der vorgeschlagen hat, dass wir uns kennenlernen. Ich bin noch immer sechsundvierzig Jahre alt.“
    „Sechs … sechsundvierzig? Wow! Du hast dich astrein gehalten, mein Kompliment.“
    Er neigte leicht den Kopf in der Gewissheit um sein gu tes Aussehen. Sogar sein Lächeln war Ausdruck überheblicher Selbstsicherheit.
    „Lebst du allein?“
    „Ja.“
    Doch dann presste G ermeaux die Lippen aufeinander, als hätte er plötzlich größte Mühe, seinen Mageninhalt bei sich zu behalten, und berichtigte sich widerwillig: „Nein, eigentlich …“
    Das Lächeln in seinen blauen Augen wich einem fast zornigen Aus druck. Allerdings dauerte es lediglich den Bruchteil einer Sekunde, bis er sich wieder voll unter Kontrolle hatte und seine Miene so beherrscht war, dass sie wie aus Stein gemeißelt wirkte. Beate hatte einen bloßliegenden Nerv getroffen und am liebsten hätte er sie dafür erwürgt.
    „Ich bin unverheiratet, wenn du das meinst. In meinem Haus wohne ich indes nicht allein. Mein Vater hat es mir vererbt, doch sein Adoptivsohn bewohnt eine Etage in dem Haus.“
    „Sein Adoptivsohn? Also hast du einen Bruder? Und ich einen Onkel?“, fragte Beate und war erstaunt über die erneute Veränderung, die seine Miene durchmachte.
    Beinahe ungehalten und mit schar fer Stimme verbesserte er Beate: „Bei Gott, er ist nicht mein Bruder!“
    „ Kein leiblicher Bruder, das ist mir schon klar. Aber ihr seid doch sicher miteinander aufgewachsen, oder? Du scheinst ihm nicht allzu viel Sympathie entgegenbringen zu können. Woher rührt diese Abneigung?“
    „Das ist kein Problem, das uns heute kümmern sollte.“
    „Wie du meinst. Was arbeitet also dein …“, sie grinste breit und betonte das Wort ganz bewusst, als würde sie mit dem Dorftrottel höchstpersönlich sprechen, „A-dop-tiv-bru-der?“
    Ihm missfiel, dass sich Beates Interesse auf den Liebling seines Va ters Henri richtete, und er hasste ihre provokative Art, Fragen zu stellen. Also brummte er lediglich: „Er studiert.“
    „Ah ja. Jajaja“, gackerte sie verstimmt, „natürlich. Was sonst tut ein Sohn aus gutem Hause? Hat er vielleicht sogar einen Namen?“
    „Alain.“
    „Mmmh. Warum sagst du nicht einfach, ich soll die Klappe halten, weil du nicht über ihn reden willst?“
    Er hob die Schultern und seufzte mit einem entschuldigenden Au genaufschlag: „Verzeih mir, aber ich möchte nicht über Alain reden. Nicht heute.“
    „Na schön, dieses Thema läuft nicht weg.“ Dennoch hätte Beate in diesem Moment darauf gewettet, dass Pierre auch später nicht freiwillig über seinen Bruder reden würde. „Womit verdienst du dein Geld?“
    „Nun“, bedächtig strich er über sein schwarzes Bärtchen und schien zu überlegen, was B eate
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