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Tödliche Ernte

Tödliche Ernte

Titel: Tödliche Ernte
Autoren: Vicky Stiefel
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kratzte sie sich am Kopf. »Ach ja?« Sie kam auf die Beine und plumpste dann wieder hin.
    Na toll.
    Ich stand auf, und der Schmerz durchfuhr meinen Kör-per. Ich tapste über die Glasscherben, fand in irgendeiner Schublade Klebeband und umwickelte damit Marys Hände und Fußknöchel.
    Ich ließ sie neben ihrem Geschöpf liegen, das sie zusammengestückelt hatte, und sah nach Gert. Obwohl ihr von dem Betäubungsmittel schlecht war, schien sie körperlich unversehrt zu sein.
    Im Labor entdeckte ich auch ein Telefon, von dem aus ich die anderen anrief.
    Es war vorbei.
    Ich schlang die Arme um die Knie und schluchzte.
    * * *
    Eine Woche später schlüpfte ich durch das Tor im Garten unseres Hauses. Ich trug Emma Nash’ Perücke und Make-up und umklammerte eine kleine, schwere Tasche. Meine Seite schmerzte, als ich das Tor mit dem verletzten Arm schloss. Dartmouth Place war leer. Es war mir gelungen, der gierigen Reportermeute zu entwischen.
    Seit ich vor vier Tagen aus dem Krankenhaus entlassen worden war, wurde ich mit Fragen, Blitzlichtern und Mikrofonen bedrängt. Genau wie Gert und die Mitarbeiter von Magazine Media Resources sowie alle anderen, die mit Mary Armstrong in Verbindung gestanden hatten.
    Was noch schlimmer war: Jemand hatte etwas über Marys zusammengestückelte Frau durchsickern lassen. Wenigstens war es niemandem gelungen, ein Bild von der armen Kreatur zu machen.
    Ich überquerte Dartmouth Place, sah vorsichtig nach links und verschwand hastig in der Dartmouth Street. Ich stieg in den dunkelblauen, wartenden Sedan, hinter dessen Steuer Lauria saß. Zwischen mir und Lauria herrschte eine etwas angespannte Stimmung. Sie machte sich Vorwürfe, weil sie auf Marys List hereingefallen waren. Mary hatte jemanden als Lockvogel engagiert, der Emmas Perücke tragen und in einem identischen Mietwagen vom gleichen Parkplatz wie ich zu einem anderen in Acton fahren musste. Das hatte Lauria sich nicht verziehen.
    Sie wischte sich ein unsichtbares Stäubchen vom Kragen.
    »Kommen Sie schon, Kath.«
    »Lassen Sie mich. Ich komm schon drüber weg.«
    Ich seufzte. »Sind Sie bereit, mir jetzt zu erzählen, was Sie über Mary Armstrong herausgefunden haben?«
    Lauria seufzte. »Das ist eine lange Geschichte. Unsere gute Mary wuchs in einer Kleinstadt in West Virginia auf, zusammen mit einer älteren Schwester, ihrer Mutter, einer Hausfrau, und dem Vater, einem Banker, der in seiner Freizeit Tiere präparierte. Die Eltern waren hohe Tiere – bis der Vater die Mutter umgebracht hat. Mom war, was man so hört, eine Hyäne, die von ihrer jüngsten Tochter Mary absolute Perfektion erwartete, und der Vater hat sie umgebracht, als sie ihrer Tochter einmal zu viel die Hölle heißmachte. Er hat sie erwürgt und dann in kleine Stücke gehackt. Mary war damals elf und – sicher keine Überraschung für Sie – vergötterte die Mutter, die sie ständig beschimpfte.
    »Das klassische Rezept für eine Psychose«, sagte ich.
    »Es kommt noch schlimmer.« Lauria bog von der Dartmouth Street ab. »Mary, eine unscheinbare Elfjährige, lebte zu Hause. Die ältere Schwester, eine hübsche Vierzehnjährige, besuchte ein Internat. Die Schwester ist also außen vor, aber Mary erlebt alles live mit. Nachdem der Vater die Mutter erledigt hatte, hat er sich selbst erschossen. Und Mary? Sie bleibt drei Tage in dem Haus bei ihrer zerstückelten Mutter und dem toten Vater, bis ihr Lehrer vorbeikommt, um nachzusehen, warum sie seit Tagen nicht in der Schule war.«
    »Als McArdle«, sagte ich, »hat sie mal vom anonymen Grab ihrer Mutter gesprochen. Das war wohl eine Wunschvorstellung – vielleicht, um einen Teil der Schuldgefühle zu tilgen, die sie wegen der Ermordung ihrer Mutter hatte. Wie muss sie ihre Mutter gehasst und gleichzeitig geliebt haben. Sicher ist, dass sie mit ihr nicht abgeschlossen hatte.« Genau wie ich mit meinem Dad. Ich fröstelte.
    »Unsere kleine Mary muss von Anfang an seltsam gewesen sein. Hören Sie sich das nur mal an: Vier Jahre später ertrinkt Marys einzige noch lebende Angehörige, die Schwester, beim Schwimmen in einem Baggersee. Einige Augenzeugen haben berichtet, Mary sei hinterhergesprungen und habe versucht, sie zu retten. Andere haben weniger Erfreuliches zu Protokoll gegeben. Der Leichenbeschauer vor Ort hat eine oberflächliche Obduktion vorgenommen, der Fall galt nie als verdächtig. Wir lassen die Schwester jetzt exhumieren.«
    »Ich vermute, dass Mary das Mädchen unter Drogen gesetzt hat«, sagte
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