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Tödliche Ernte

Tödliche Ernte

Titel: Tödliche Ernte
Autoren: Vicky Stiefel
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Zimmer gesehen. Das Ersatzteillager nenne ich es. Ich behalte die Gefäße dort für den Fall, dass ein Problem auftritt. Verstehst du nicht? Dellas Augen passen besser zu Mom.«
    MOM?
    Die armselige Kreatur hatte keine Brüste, obwohl Löchlein die Stellen markierten, wo vorher etwas mit winzigen Stichen angenäht gewesen war. Mary musste Elizabeths Brüste vor Kurzem in Vorbereitung auf Gerts entfernt haben.
    Wessen Arme hatte Mary bloß gestohlen? Sie waren dünn, gebräunt und lang. Wo würden wir die Überreste des armen Opfers finden? Wer war sie?
    Am Ende der gebräunten Arme schwammen die kleinen, blassen Hände, die einst über eine Flöte geglitten waren. Moira Blessings Hände. Ich krallte meine eigenen um den Rand des Beckens. Sie war noch ein Kind gewesen. Ein Kind!
    Die abgesägten Beine waren schwerknochig und stämmig und gehörten Patricia Boch. Sie waren weiß und sommersprossig. Aber die Füße hatten einen goldbraunen Ton. Knochig, mit Schwielen. Inez’ Füße.
    Was mussten all die Frauen empfunden haben, als sie diesen Horror sahen? »Warum hast du Inez am Leben gelassen?«
    »Jazz war gut zu mir. Inez war ein Geschenk.«
    Wie sinnlos das alles war. Wie dumm. »John Strabo?«, fragte ich, unfähig, den Mund zu halten. Unfähig nachzudenken.
    »Der war ja so ein Loser. Aber eine Zeit lang lief das ganz gut.«
    Er hatte Kinder, verflucht noch mal, und sie liebten ihn. »Und warum hast du Chesa umgebracht?«
    Sie kicherte. »Die ist mir in die Quere gekommen. Hat zu viele Fragen gestellt. Typisch. Ihre Ohren haben mir gefallen. Aber für Mom waren sie doch nicht gut genug.«
    Ich verspürte den verzweifelten Wunsch, sie zu erwürgen.
    Stattdessen streckte ich die Hand aus, um das Ding im Becken zu berühren. Um seinen Schmerz zu lindern. Um ihm zu verstehen zu geben, dass nun alles in Ordnung kam. Ich hörte ihre Stimmen, die sich erhoben wie ein griechischer Trauerchor. Ich ballte die Hand zur Faust.
    »Ist sie nicht wunderschön?«, sagte Mary.
    »War deine Mutter sehr schön?«, fragte ich mit einer Ruhe in der Stimme, die ich wahrhaftig nicht empfand.
    »Sie war perfekt.«
    »War sie das? Wirklich?« Ich versuchte, so etwas wie Mitleid für Mary zu empfinden. Was war sie denn mehr, als das perverse Resultat eines schrecklichen Mordes? Ich hob den Kopf. Ich stand immer noch mit dem Rücken zu ihr und konnte sie nicht sehen. »Also stellt diese Kreatur deine Mom dar. Ja?«
    »Du verstehst das nicht«, sagte sie, und ihre Stimme war nur noch ein Flüstern.
    Verstohlen warf ich einen Blick nach rechts. Neben dem großen stand ein kleineres Becken. Drinnen schwebte ein kleiner, grauweißer Hund, der an ähnlichen Kabeln hing.
    McArdles Hund. Wie war noch mal sein Name? Der Hund hatte sie geliebt, und natürlich war das ein Teil der Gleichung.
    Und wenn ich Gert und mich hier rausholen wollte, sollte ich besser die Waffen nutzen, die mir zur Verfügung standen.
    Ich drehte mich zu ihr um. »Ich liebe dich, Mary.« Das war zwar eine Lüge, aber ich konnte ihre traurige und verzweifelte Sehnsucht nach Liebe fühlen, die sie zu diesem Monster gemacht hatte.
    Denn sie war wie ich und wie zahllose andere »Ichs«, die sich nach einem verlorenen Menschen verzehrten, den wir deshalb in unserer Vorstellung idealisierten. Wünschte ich mir nicht meinen Vater zurück, und das fast verzweifelter als sonst etwas im Leben? Sehnte ich mich nicht danach, von seinen Armen gehalten zu werden? Von ihm gewiegt zu werden? Konnte ich nicht immer noch sein Aftershave riechen und seine Stimme hören?
    »Du kannst mich nicht lieben«, sagte sie.
    »Ich kann. Weil ich dich verstehe. Du hast das erschaffen, was dich an deine idealisierte Mutter erinnert.« Ich würde mich nicht umdrehen, nicht, bevor mein Plan nicht feststand.
    Sie kam einen Schritt näher und starrte verzückt auf die zusammengeschusterte Frau, die in der Flüssigkeit schwebte. »Mehr noch. Verstehst du nicht, dass er sie zerhackt hat? Überall um mich rum klitzekleine Teile. Klitzeklein. Klitzeklein. Tagelang, tagelang, tagelang. Es war unmöglich, sie wieder zusammenzusetzen. Deshalb hat er sie auch zerstückelt, weil er wusste, dass sie nicht wieder zusammengesetzt werden konnte.«
    »Wer, Mary? Wer hat deine Mutter umgebracht?«
    »Ich weiß nicht.«
    »Klar weißt du es.«
    »Nein!«, schrie sie.
    Mein Plan wurde konkreter. Ich musste nur …
    »Und jetzt liegt es an dir«, sagte sie. »Sobald ich einmal dein Herz habe.«
    »Mein Herz? Du machst dich
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