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Töchter des Mondes, Band 01: Cate (German Edition)

Töchter des Mondes, Band 01: Cate (German Edition)

Titel: Töchter des Mondes, Band 01: Cate (German Edition)
Autoren: Jessica Spotswood
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zwei Sachen ein bisschen widersprechen?«
    »Warum? Warum können wir nicht beides haben?« Maura stützt die Hände in die Hüften. »Es ist nicht die Bruderschaft, die uns davon abhält, Cate. Du bist es.«
    Getroffen taumele ich zurück und werfe dabei beinahe den Globus um. Ich greife mit beiden Händen danach und stelle ihn wieder an seinen Platz. »Ich beschütze euch.«
    »Nein, du erstickst uns.«
    »Denkst du etwa, mir macht das Spaß?«, frage ich und werfe die Hände in die Luft. »Ich versuche doch nur, euch vor Gefahren zu bewahren. Ich versuche, euch davor zu bewahren, so zu enden wie Brenna Elliott!«
    Maura lässt sich auf die Fensterbank sinken. Ihre Haare sind so rot wie die Ahornbäume, die die Einfahrt säumen. »Brenna Elliott war eine Närrin.«
    Aber so einfach ist es nicht, und das weiß Maura. »War sie das? Oder war sie einfach nur unvorsichtig? Sie haben sie auf jeden Fall zugrunde gerichtet.«
    Maura zieht skeptisch eine Augenbraue hoch. »Sie war schon vorher merkwürdig.«
    »Merkwürdig oder nicht, sie hat auf jeden Fall nicht verdient, was man ihr dort angetan hat«, blaffe ich sie an.
    Brenna Elliott bereitet mir Albträume. Sie ist ein Mädchen aus der Stadt und genauso alt wie ich. Wir haben sie schon oft, im Selbstgespräch leise vor sich hin brummelnd, auf der Straße angetroffen. Früher einmal war sie ein hübsches Mädchen, und weil sie die Enkelin von Bruder Elliott ist, sah man ihr ihre Verschrobenheit nach – bis sie versuchte, ihren Onkel Jack vor seinem Tod zu warnen, einen Tag bevor er bei einem Unfall mit einer Kutsche ums Leben kam. Nachdem er – wie von ihr vorhergesagt – gestorben war, lieferte ihr eigener Vater sie aus. Sie wurde der Hexerei angeklagt und nach Harwood gebracht. Weniger als ein Jahr später hatte sie sich die Pulsadern aufgeschnitten. Als ihr Großvater das mitbekam, behauptete er, dass sie schon ihr Leben lang einfältig gewesen und dass eine Krankheit für ihr wirres Reden verantwortlich sei, nicht Hexerei. Er holte sie nach Hause, damit sie wieder gesund werden konnte. Die ersten Wochen musste sie wie ein Säugling gefüttert werden, und sie sprach mit niemandem. Auch jetzt verlässt sie kaum das Haus.
    Ich fasse Maura am Arm. »Ich kommandiere euch doch nicht zum Spaß herum. Ich versuche, euch zu beschützen. Ich will nicht zusehen müssen, wie ihr nach Harwood gebracht werdet. Ich will nicht dastehen und sehen, wie Tess mit leblosen Augen und Narben an den Handgelenken zurückkommt!«
    »Pst!«, zischt Maura und schüttelt mich ab. »Vater hört uns noch.«
    Ich kann nichts dagegen tun. Der Gedanke daran, dass meine Schwestern weggebracht werden könnten, um Gott weiß was für Leid zu erfahren, weil ich nicht gewissenhaft genug auf sie aufgepasst habe – der Gedanke verfolgt mich.
    Lieber sollen sie mich für einen Hausdrachen halten.
    »Ich gehe raus«, verkünde ich. »Wenn du von der Idee so begeistert bist, kannst du Tess ja von der Gouvernante erzählen.«
    Ich poltere die breite Holztreppe hinunter. Die Sorge schnürt mir die Kehle zu. Ich hoffe, Tess wird sich dessen bewusst sein, welche Bedrohung diese Person für uns darstellt. Wenn ich doch nur darauf vertrauen könnte, dass meine Schwestern vorsichtiger sind, achtsamer gegenüber dem, was uns zustoßen könnte …
    Ich habe Mutter versprochen, auf sie aufzupassen. Ich war diejenige, der sie vertraut hat – nicht Mrs Corbett, nicht Mrs O’Hare, noch nicht einmal Vater. Tess’ und Mauras Sicherheit ist jetzt meine Verantwortung. Aber sie machen es mir nicht gerade leicht. Sie zaubern, sobald ich ihnen den Rücken zudrehe, sobald sie sich unbeobachtet fühlen. Sie finden Gefallen an eigenwilligen Beschäftigungen und eigenwilligen Büchern. In letzter Zeit lehnt Maura sich ständig gegen mich und meine Regeln auf und bekämpft mich, wo es nur geht.
    Ich tue, was ich kann, aber irgendwie ist es immer zu viel oder nicht genug oder komplett falsch.
    In der Küche riecht es nach Äpfeln und Zimt. Auf dem Fensterbrett steht ein Kuchen. Das Glas dahinter ist ganz beschlagen von dem Dampf, der aus dem Kreuz, das in die Mitte der goldenen Kruste geschnitten ist, aufsteigt.
    Ich nehme meinen Mantel vom Türhaken und eile hinaus. Die Luft riecht süßlich und scharf zugleich, eine Mischung aus dem Rauch von den Schornsteinen und dem Laub, das den Boden bedeckt. Mein Lieblingsplatz ist nicht weit: eine Bank im Rosengarten unter der Statue der Athene. Im Schutze der hohen Hecken können wir
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