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Töchter des Mondes, Band 01: Cate (German Edition)

Töchter des Mondes, Band 01: Cate (German Edition)

Titel: Töchter des Mondes, Band 01: Cate (German Edition)
Autoren: Jessica Spotswood
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aus Mauras Mund zu hören, ist etwas anderes.
    »Um Himmels willen, du guckst ja, als hättest du in eine Zitrone gebissen. Du weißt doch, wie es ist.« Sie schiebt die Kattunvorhänge beiseite, damit wir besser sehen können. »Meinst du, sie will ihn heiraten?«
    »Ihn heiraten?« Vater würde niemals wieder heiraten.
    »Witwer tun das, Cate. Vor allem Witwer, die drei Töchter haben. Das passiert in meinen Büchern ständig. Sie wäre eine Satansbraut, nicht wahr?«
    Maura rückt zur Seite, um mir Platz zu machen. Zweifelnd schauen wir zu Mrs Corbett hinaus.
    »Ich finde, Vater macht nicht den Eindruck, als wenn er auch nur das geringste Interesse an ihr hätte«, bemerke ich.
    »Natürlich nicht. Vater interessiert sich für nichts anderes als für seine Bücher und das Geschäft. Er ist ja auch nie hier. Wir wären diejenigen, die sich mit ihr abgeben müssten. Wie mit dieser Gouvernante.« Maura zieht die Nase kraus.
    Ich warte auf die bevorstehende Explosion. Tess und ich, wir sind beide Wasserfarben, verglichen mit dem satten Ölgemälde, das Maura mit ihren feuerroten Haaren und dem entsprechenden Temperament darstellt. Sie ist ungestüm. Eigensinnig. Und schnell verärgert.
    »Vielleicht ist es gar nicht so schlecht. Eine Gouvernante könnte etwas Leben in die Bude bringen«, sagt sie schließlich.
    Ich springe auf und starre sie an, als wäre ihr ein zweiter Kopf gewachsen. »Du willst eine Gouvernante? Die hier bei uns wohnt? Mir wäre es lieber, du würdest weiter Klavier üben und mit mir zanken, und du möchtest eine Fremde im Haus, deren einzige Aufgabe es ist, uns herumzukommandieren?«
    »Jedenfalls habe ich es satt, von dir herumkommandiert zu werden«, brummt Maura. »Ich bin jetzt fünfzehn, Cate. Du musst nicht mehr auf mich aufpassen wie auf ein kleines Kind. Und Tess ist auch kein Kleinkind mehr.«
    Ich hebe die blauen Samtschuhe auf, die sie neben ihrem Bett fallen gelassen hat. »Das weiß ich.«
    »Wirklich?Soverhältstdudichabernicht.«Mauraknurrtlautlosetwasvorsichhin,undaufeinmalverwandeltsichderPantoffelinmeinerHandineineSpinne.SieläuftmirüberdasHandgelenkunddenArmhoch.FüreinenkurzenMomentversteifeichmich.
    Ich bin kein zimperliches Mädchen, das sich vor Dingen fürchtet, die im Dunkeln vorbeihuschen.
    Das hat Maura mir abgewöhnt. Meine magischen Kräfte kamen zum Vorschein, als ich elf war, ihre dagegen zeigten sich erst mit zwölf, doch dann explodierten sie regelrecht über Nacht. Maura war nicht gerade vorsichtig damit. Nachdem Mutter gestorben war, war sie unmöglich. Wir trauerten und gingen so gut wie nie hinaus außer zum Gottesdienst, aber Maura war auch zu Hause nicht nur halbwegs achtsam. Ich lebte in ständiger Angst, dass die Bediensteten oder, Gott bewahre, Vater sie ertappen würden. Wir lagen uns ständig wegen ihrer Gleichgültigkeit in den Haaren. Nach unseren Streitereien kamen dann immer abscheuliche Ungeheuer aus meinem Schrank, Spinnen krabbelten über mein Bett und webten ihre Netze in meinem Haar. Schlangen wanden sich um meine Knöchel und leckten mit ihren gespaltenen Zungen an meinen Füßen.
    Ich lernte schnell, mich aus solchen Situationen hinauszudenken. Und niemals meine Angst zu zeigen. Mutter hatte uns gelehrt, dass die Kraft einer Hexe allein in ihrem Geist liegt. Wir können die Dinge nicht ändern. Wir können nur ändern, wie die Leute sie wahrnehmen. Und, in sehr seltenen Fällen, wie sie sich daran erinnern.
    » Commuto «, sage ich, und die Spinne verwandelt sich wieder zurück in einen Schuh. Ich werfe ihn auf einen Haufen anderer vor Mauras Schrank.
    »Istdirnichtauchsterbenslangweilig,Cate?Mirschon.WennichdieRomanenichthätte,würdeichmichdirektindenFlusswerfen.«Sieblitztmichan,stehtaufundstrecktsich.DerStoffüberihremMiederistgespannt.SiebrauchtdringendneueKleidungfürihreneuenKurven.»WasistdenndasschonfüreinLeben,wieGeisterimHausumherzuwandeln?HastduniedasBedürfnisnach mehr?«
    Habe ich das? Es ist Jahre her, seit ich das letzte Mal darüber nachgedacht habe, was ich will. Und es ist ja eigentlich auch ziemlich egal. Ich wollte jedenfalls nicht, dass Mutter stirbt. Ich wollte nicht, dass Vater nur noch ein Schatten seiner selbst ist. Ich wollte nicht die Verantwortung für meine Schwestern übernehmen. Und ganz sicher wollte ich nie eine Hexe sein.
    Das Universum sollte langsam mal meine Wünsche in Betracht ziehen.
    Maura dagegen denkt immer noch, dass sie die Welt nach ihrem Willen formen kann. Sie wird noch viel lernen
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