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Töchter des Mondes, Band 01: Cate (German Edition)

Töchter des Mondes, Band 01: Cate (German Edition)

Titel: Töchter des Mondes, Band 01: Cate (German Edition)
Autoren: Jessica Spotswood
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gefallen. Wie es ein gutes, praktisch denkendes Mädchen tun würde.
    »Sieh dich doch mal an.« Maura zieht mich hoch, sodass ich neben ihr vor dem Spiegel zum Stehen komme. Mein Haar löst sich aus demZopf, und ich habe einen Tintenfleck am Ärmel. Aber auch wenn ich mich noch so sehr bemühen würde, ich könnte mich nie mit Maura vergleichen. Maura war schon immer die Familienschönheit. Sie hat prachtvolle, leuchtende Locken, ich dagegen habe glattes blondes Haar mit einem winzigen Rotstich und langweilige graue Augen wie Vater. Doch am Schlimmsten ist mein spitzes Kinn, das meine Eigensinnigkeit verrät. Es ist ein schlecht gehütetes Geheimnis – jeder, der auch nur fünf Minuten mit mir spricht, kommt gleich dahinter.
    »Du siehst furchtbar aus«, sagt Maura rundheraus. »Aber du wärst hübsch, wenn du dir nur ein bisschen Mühe geben würdest. Du solltest etwas mehr auf dein Äußeres achten, Cate. Noch sechs Monate und dann musst du irgendjemanden heiraten. Du kannst nicht für immer hierbleiben und auf uns aufpassen.«
    Noch sechs Monate, bis ich siebzehn werde. Aber nur noch drei, bis ich eine Verlobung verkünden muss. Der Gedanke macht mir langsam zu schaffen.
    Maura hat recht. Sie sagt das Gleiche wie Mrs Corbett. Nicht auf die gleiche Art und nicht aus den gleichen Gründen. Aber wenn Mutter noch am Leben wäre, würden Maura und ich zum Tee eingeladen werden, selbst Gäste empfangen und uns als heiratswürdige junge Damen präsentieren. Ich habe es bisher hinausgezögert, aus Angst, es irgendwie zu vermasseln, aus Angst, die Aufmerksamkeit auf uns zu ziehen. Doch jetzt habe ich zu lange gewartet und damit genau das bewirkt, was ich verhindern wollte.
    Wir dürfen den Brüdern nicht den geringsten Anlass geben, uns zu verdächtigen.
    »Ich denke, wir sollten der Gouvernante eine Chance geben. Wir werden vorsichtig sein«, verspricht Maura.
    »Sie wird hier bei uns wohnen. Dann wirst du keine Romane mehr lesen können. Tess wird nicht mehr studieren dürfen und ich nicht mehr den ganzen Tag in der Erde graben.« Bei dem Gedanken wird mein Herz ganz schwer. Gärtnern ist die einzige Freiheit, die ich mir selbst zugestanden habe. Wenn die Gouvernante darauf besteht, dass ich den ganzen Tag im Haus bleibe und Stillleben mit Obst male, werde ich verrückt. »Wenn sie mitbekommt, was wir sind – «
    Maura grinst und dreht sich die Locken im Nacken zu einem Knoten zusammen. »Wenn sie Ärger macht, löschen wir ihre Erinnerung. Das ist es doch, was böse Hexen tun?«
    Ich fahre herum und sehe sie an. »Das ist nicht lustig.« Meine Schwestern wissen nichts von meiner Fähigkeit. Gedankenmagie ist äußerst selten und wird als die dunkelste Art von Magie überhaupt angesehen. Mutter war die Einzige, die davon wusste, und sogar sie war entsetzt, als sie es erfuhr.
    Maura steckt sich die Haare mit Nadeln fest. »War ja nur Spaß.«
    »Darüber macht man keine Späße. Es ist nicht in Ordnung, in die Gedanken von Leuten einzudringen und sie zu verwirren! Es greift zu sehr in die Privatsphäre ein. Es ist – « Ich unterbreche mich selbst, bevor ich eine Sünde sage.
    Aber Maura schaut mich im Spiegel an, als ob sie wüsste, was ich denke. »Wir sind Hexen, Cate. Wir wurden so geboren. Magie ist nichts, wofür man sich schämen muss, was auch immer die Brüder uns glauben machen wollen. Es ist ein Geschenk. Ich wünschte, du könntest das akzeptieren.«

Kapitel 2
    Ich weiß, was die Brüder sagen würden: Magie ist kein Geschenk Gottes, sondern ein Werk des Teufels. Und Frauen, die magische Kräfte besitzen, sind entweder verrückt oder vom Teufel besessen. Auf sie wartet bestenfalls das Irrenhaus. Oder ein Gefängnisschiff oder ein früher Tod.
    »Es fühlt sich jedenfalls mehr an wie ein Fluch«, seufze ich, während ich die Haarnadeln auf Mauras Frisierkommode ordentlich nebeneinanderlege.
    »Für dich vielleicht!« Maura schlägt so heftig mit der Hand auf die Kommode, dass die Glasflaschen klirren und die Haarnadeln wieder alle durcheinanderfliegen. Mauras blaue Augen leuchten in ihrem blassen Gesicht. »Weil du versuchst, so zu tun, als würde unsere Magie nicht existieren. Wenn es nach dir ginge, würden wir sie überhaupt nicht mehr benutzen. Dabei sollten wir so viel wie möglich üben, um alles zu lernen, was es gibt. Es ist unser Geburtsrecht.«
    »Du würdest also vormittags zaubern üben und nachmittags die Frauen und Töchter der Bruderschaft zum Tee einladen? Meinst du nicht, dass sich die
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