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Töchter auf Zeit

Töchter auf Zeit

Titel: Töchter auf Zeit
Autoren: Jennifer Handford
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herumgeschlagen. Ich wollte um jeden Preis Mutter werden. Anscheinend hatte man mich darauf programmiert, unbedingt schwanger werden zu müssen und ein Kind auf die Welt zu bringen. Dass es dann nicht geklappt hat, war nicht nur eine Enttäuschung, es war eine Katastrophe. Als hätte man mir etwas Grundlegendes genommen. Monat für Monat wurden meine Hoffnungen immer wieder aufs Neue zerschlagen, das hat mich am Boden zerstört.
    F: Da drängt sich mir die Frage auf: Haben Sie aufgrund Ihrer Unfruchtbarkeit an eine Adoption gedacht? Haben Sie eine Tochter aus China?
    A: Ja, habe ich. Sie ist jetzt zehn und wir haben sie adoptiert, als sie ein Jahr alt war. Aber meine eigene Geschichte ist anders als Helens. Mein Mann und ich steckten mitten in der Organisation der Adoption, schon in ein paar Monaten sollten wir unsere Tochter bekommen. Dann stellten wir fest, dass ich schwanger war – was die drei vorangegangenen Jahre über nicht geklappt hatte. Deshalb haben wir die Adoption erst mal auf Eis gelegt, dann kam unsere älteste Tochter auf die Welt und dann haben wir an dem Punkt mit der Adoption weitergemacht, an dem wir aufgehört hatten. Wir hatten beide das Gefühl, dass wir beides tun sollten: ein eigenes Kind großziehen und ein fremdes adoptieren. Unser Glück kam im Doppelpack daher. Für uns gab es unsere zwei Töchter nur als Gesamtpaket.
    F: Wie lief die Adoption eines Mädchens aus China ab?
    A: Am schlimmsten war die Warterei, ansonsten lief alles reibungslos und das Warten hat sich ja auch gelohnt. Es ist schlimm, dass in vielen Teilen Chinas noch immer das Gesetz gilt, das pro Familie nur ein Kind gestattet. Dennoch muss man es anerkennen, dass sich China redlich darum bemüht, so viele der ausgesetzten Kinder wie möglich zu vermitteln, damit sie in einer liebevollen Familie aufwachsen können. Das ist der einzige Lichtblick in dieser Misere.
    F: Im Verlauf des Buchs erfahren wir dann, dass Helen unter ihren Ängsten, eine Adoption betreffend, sehr leidet. Sie befürchtet, dass eine Adoptivtochter sie nicht liebt und sie am Ende verlässt.
    A: Helens Verlustängste machen ihr am meisten zu schaffen. Kein Wunder, schließlich ist ihre Mutter gestorben und ihr Vater abgehauen. Sie kann sich nicht vorstellen, ob und wie sich eine enge Bindung zwischen ihr und dem ihr noch unbekannten Kind entwickeln kann. Helens Unsicherheit, was ihren Platz im Leben, aber auch ihre Beziehungen anbelangt, steht im Vordergrund, als wir Helen zum ersten Mal begegnen. Sie nimmt sich zu wichtig und weiß aufgrund der Schicksalsschläge, die ihr passiert sind, nicht, wer sie ist und was sie kann. Dadurch hat sie aber jede Menge Raum, um sich weiterzuentwickeln. Ihre Entwicklung mitzuverfolgen bis zu dem Punkt, an dem sie in der Lage ist, in Claires Fußstapfen zu treten, zeigt uns, dass sie am Schluss verstanden hat, worum es im Leben geht.
    F: Es zieht sich wie ein roter Faden durch das Buch, dass das Leben durch herbe Enttäuschungen Helen daran hindert, fortwährend glücklich zu sein. Weshalb konnten Sie nicht dafür sorgen, dass Helen einfach nur kriegt, was sie will?
    A: Ich habe mich einfach damit befasst, dass Freud und Leid sich ständig abwechseln, und das dürfte weltweit so sein. Das Leben ist eben ein einziges Auf und Ab. Mir gefiel die Vorstellung, dass Helen zwar ihr Glück findet und genießen kann, dass sich ihr Herzenswunsch nach einem Baby erfüllt, aber dass sie dafür einen hohen Preis zahlt: den Verlust von Claire. Das war eine Tragödie für sie und ein extremes Beispiel dafür, wie übel uns das Leben manchmal mitspielt. Ich wollte mich damit auseinandersetzen, dass das Leben eine einzige Achterbahn ist und dass Helen am Schluss endlich das bekommt, was sie am meisten braucht – eine Tochter. Deshalb war sie bereit, dafür Vater-Mutter-Kind zu spielen, Zeit mit ihrer Schwester zu verbringen und sich mit ihrem Vater zu versöhnen, von dem sie sich entfremdet hatte. Mit einem Mal verfolgte sie einen Plan. Es gilt wohl für jeden Menschen gleichermaßen, dass wir gute und schlechte Zeiten erleben und damit fertigwerden müssen.
    Helen – die jüngere der beiden Schwestern, die sich ihr ganzes Leben lang auf Claire verlassen konnte – bekam letztlich die Chance zu zeigen, was in ihr steckt: eine starke junge Frau, die nicht nur ihr Adoptivkind aufzieht, sondern auch die Tochter ihrer Schwester und am Ende noch mehr Kinder.
    F: Anscheinend kennen Sie sich gut mit der Beziehung zu einer Schwester
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