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Todtstelzers Schicksal

Todtstelzers Schicksal

Titel: Todtstelzers Schicksal
Autoren: Simon R. Green
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geschlagen
hatte, war erst kürzlich verheilt, und er spürte schon, wie das
Gewebe dort schwächer wurde.
Not und Verzweiflung trieben frische Kraft in Owens
Schwertarm, und er schlug Kid Deaths Klinge weg und stieß
zu. Seine Schwertspitze schnitt das Gesicht des SommerEilands auf und zerstörte ein Auge. Blut strömte über die entstellten Züge, und Kid Death heulte vor Wut und Schmerz zugleich auf. Er griff erneut an, aber der Zorn raubte ihm die gewohnte Eleganz. Owen lenkte den Schlag ab und erkannte erst
in diesem Augenblick, dass Kit damit gerechnet hatte. Dessen
Schwert krachte wieder gegen das Owens und traf dann das
Handgelenk in ungünstigem, schmerzhaftem Winkel, sodass
Owen unwillkürlich die Finger öffnete und sein Schwert fallen
ließ. Es landete klappernd auf dem Boden, während Kid Death
atemlos lachte, das halbe Gesicht eine blutige Maske.
Aber noch während Kit den Augenblick des Triumphes auskostete, sprang Owen vor und packte mit beiden Händen sein
Handgelenk. Er brauchte nur einen Augenblick, um ihm den
Arm zu verdrehen und das eigene Schwert in die Flanke zu
rammen.
Der Sommer-Eiland stieß einen Schrei aus und stolperte
rückwärts. Owen ließ ihn los. Er erkannte eine tödliche Wunde,
wenn er sie sah. Der Pflicht war Genüge getan, und sein Vater,
dieser gute Mann, war endlich gerächt. Owen hätte gern verweilt, um zu sehen, wie sein Feind starb, aber die Neugeschaffenen kamen näher und waren ihm schon dicht auf den Fersen,
und er wusste, dass er weiterziehen musste. Er hob das Schwert
auf und stürzte sich wieder in den Strom der Zeit, zurück in das
lange Chaos, und verschwand aus dem Zimmer. Kit SommerEiland schleppte sich langsam über den Fußboden, während er
stückweise starb, und niemand würde je erfahren, wer ihn getötet hatte.
Owen hatte nicht mehr das Gefühl, ewig weiterrennen zu
können. Der Kampf gegen den Sommer-Eiland hatte ihn viel
Kraft gekostet, und er hatte zahlreiche Verletzungen erlitten. Er
war jetzt wütend auf sich selbst, weil er für persönliche Belange so viel Zeit vergeudet hatte. Das Schicksal der Menschheit
hing von ihm ab! Er lief, und die Neugeschaffenen hechelten
ihm heulend an den Fersen herum. Owen bemühte sich, wieder
Vorsprung zu gewinnen, schaffte es aber nicht. Er lief weiter,
und die Zeit umfloss ihn wie ein vielfarbener Strom, in dem
Augenblicke und Erinnerungen funkelten.
Hier und dort hielt er kurz an und sprang für einen Augenblick in den normalen Zeitstrom zurück, um sich zu orientieren
oder von jemandem Abschied zu nehmen.
Er tauchte kurz in einem langen Steinkorridor seiner Familienburg auf, der Fluchtburg, und sah Jakob Ohnesorg dort langsam entlangwanken, totenbleich, die Flanke umklammert. Er
wirkte traurig und müde, und Owen begleitete ihn eine Zeit
lang und leistete ihm Gesellschaft. Ein wenig weiter zurück in
der Vergangenheit erlebte er dann, wie Jakob kurz im Zeitstrom auftauchte und wieder verschwand, und es geschah irgendwo tief unter Löwensteins altem Palast. Owen lief weiter,
dicht gefolgt von den Neugeschaffenen. Im Hof von Sankt Beas Mission auf Lachrymae Christi hielt er wiederum kurz an,
um Hazel D’Ark vor den Blutläufern zu warnen, aber es war
schon zu spät. In der Halle seiner alten Burg auf Virimonde verweilte er etwas länger, um ein Messer im Flug aufzufangen
und Hazel vor einem heimtückischen Anschlag zu retten. Er
tötete den Mann, der das Messer geworfen hatte, den abtrünnigen Lord Kartakis, und schenkte Hazel, die ihn staunend ansah,
ein müdes Lächeln. Er hätte ihr gern so viel gesagt und streckte
die Hand nach ihr aus, aber aus irgendeinem Grund ergriff sie
sie nicht. Trotzdem lächelte er und versuchte, ihr ein letztes
Mal zu sagen, dass er sie liebte, aber die Neugeschaffenen kamen jetzt sehr nahe, und er musste die Flucht fortsetzen.
Owen Todtsteltzer flüchtete immer tiefer in die Zeit, durchquerte die Tage und Orte der eigenen Vergangenheit, bezog die
Kraft für seine Flucht jetzt ganz aus sich selbst. Ihm schien,
dass er nur noch ganz langsam vorankam, aber ebenso erging
es den Neugeschaffenen. Sein Vorsprung war knapp, blieb jedoch konstant. Wut und Hass des Feindes brannten so heftig
wie eh und je.
Endlich fand die Hetzjagd ihr Ende. Owen hatte sämtliche
Kräfte verbraucht, die ihm das Labyrinth verliehen hatte, und
konnte nicht mehr weiter. In der Vergangenheit fiel er in den
Zeitstrom zurück und materialisierte in einer kalten, nebeligen
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