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Todtstelzers Schicksal

Todtstelzers Schicksal

Titel: Todtstelzers Schicksal
Autoren: Simon R. Green
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der Niedrigen. Aber
die Gasse führte nur in weitere Gassen, ein schmutziger Irrgarten voller russfleckigen, zertrampelten Schneematsches.
Schließlich fiel ihm auf, dass es Nacht war und der Vollmond
die dahintreibenden Nebelschwaden mit einem silbernen,
schimmernden Licht erfüllte. Rote und gelbe Straßenlaternen
leuchteten hier und da, aber zu dieser Stunde war niemand unterwegs und blieben die Fenster fest verriegelt. Owen wusste es
besser, als daran zu hämmern und um Hilfe zu bitten. Er stand
allein. Er lief weiter und rutschte, da seine Beine müde wurden
und sein Gleichgewichtssinn litt, immer häufiger im Schnee
aus … allein sterben, überwältigende Übermacht, weit entfernt
von Freunden und jedem Beistand … in Nebelhafen. Owen
bleckte die Zähne zu einem Lächeln, das wenigstens zum Teil
ein Knurren wurde. Er war nicht so weit gekommen und hatte
so viel erreicht, um hier in irgendeiner anonymen Nebenstraße
zu sterben!
Er lief weiter, und die Beine waren inzwischen so taub, dass
er kaum noch den Aufprall der Schuhe auf dem schneebedeckten Pflaster spürte. Das Denken wurde vage und unsicher.
Manchmal schien es ihm, als liefen alte Freunde und alte Feinde, sowohl lebende wie tote, mit ihm und leisteten ihm Gesellschaft. So vieles hatte er ihnen noch sagen wollen, es jedoch
nie getan. Immer hatte er geglaubt, es wäre noch genug Zeit,
um all die Dinge zu sagen und zu tun, die gesagt und getan
werden mussten aber die Zeit hat so eine Art auszugehen, wenn
man es am wenigsten erwartet.
Manchmal glaubte er, immer noch zurück in die Zeit zu laufen, verfolgt von den Neugeschaffenen, und er fragte sich, ob
ihm je gestattet sein würde, stehen zu bleiben und sich auszuruhen.
Und dann stolperte er aus der letzten Gasse hervor und fand
sich auf einem Platz wieder, der eine Sackgasse war. Ihm blieb
kein weiterer Fluchtweg. Er beugte sich für einen Moment
nach vorn und atmete schwer, lehnte sich dabei auf das
Schwert, um das Gleichgewicht zu wahren. Wenigstens
brauchte er nicht weiterzurennen. Langsam richtete er sich auf
und sah sich um, und dann lachte er schmerzlich, als ihm klar
wurde, warum ihm dieser Platz vertraut erschien. Er war schon
einmal hier gewesen. Das hier war der Platz ohne Ausweg, wo
er sich gemeinsam mit Hazel D’Ark gegen eine kleine Armee
Blutsüchtiger gewehrt hatte. Hier hatte er versehentlich ein
junges Mädchen erst verkrüppelt und dann töten müssen – vielleicht die einzige Tat, die er sich selbst nie verziehen hatte.
Ungeachtet alles Laufens, ungeachtet seines ganzen ereignisreichen Lebens hatte er sich nur im Kreis bewegt.
Die Verfolger strömten auf den Platz, wütend und gehässig,
und es waren noch mehr, als er sich zu erinnern glaubte. Die
Plasmakinder sahen, dass er in der Falle saß, und zögerten einen Augenblick lang, denn sie erkannten den Krieger in der
Art, wie er stand, wie er das Schwert hielt. Aber Schmerz und
Sucht trieben sie weiter, und sie warfen sich auf ihn und stießen dabei ein unartikuliertes Geheul aus. Die Chancen standen
mies für Owen, aber er stellte sich ihnen trotzdem, denn er war
ein Todtsteltzer, und falls er schon fallen musste, dann würde
er wenigstens kämpfend zu Boden gehen.
Er blies mit dem Disruptor ein Loch in die Menge; der Energiestrahl riss ein halbes Dutzend zerlumpter Gestalten von den
Beinen und setzte die Felle ebenso vieler weiterer in Brand.
Owen steckte die Pistole ins Halfter zurück und bezweifelte,
dass er noch einmal Gelegenheit erhalten würde, sie zu benutzen. Auf die eine oder andere Art würde dieser Kampf vorüber
sein, sobald sich der Kristall wieder aufgeladen hatte. Er hätte
in eine Projektilwaffe investieren sollen wie Hazel. Er versuchte, seine besonderen Fähigkeiten zu wecken, aber sie schwiegen nach wie vor. Also stellte er sich dem Feind mit dem
Schwert in der Hand und stieß den alten Schlachtruf seines
Clans aus:
»Shandrakor! Shandrakor!«
Innerhalb eines Augenblicks hatten sie ihn umzingelt, und sie
hoben die Messer und stießen zu. Er spürte die Angriffe kaum.
Er hieb mit dem Schwert um sich; Blut spritzte in die kalte Luft
und sammelte sich im Matsch unter den stampfenden Füßen.
Viele gingen unter der Klinge des Todtsteltzers zu Boden und
erhoben sich nicht mehr, aber die schiere Übermacht trieb
Owen immer weiter zurück. Schließlich stieß er mit dem Rükken an eine Mauer und hatte keinen Spielraum mehr. Er streckte mit einem weit ausholenden Schlag
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