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Todeszeit

Todeszeit

Titel: Todeszeit
Autoren: D Koontz
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näher kam, stand Mitch auf, misstrauisch und krank vor Sorge. Gleichzeitig versuchte er allerdings, lediglich müde und ungeduldig auszusehen.

4
    Detective Taggart trug eine Urlaubsbräune zur Schau, die zu seinem Hawaiihemd passte. Einen scharfen Kontrast dazu bildeten seine Zähne, die so weiß wie eine arktische Landschaft waren.
    »Die ganzen Unannehmlichkeiten tun mir leid, Mr. Rafferty. Trotzdem muss ich Ihnen noch ein paar Fragen stellen, aber danach können Sie gehen.«
    Mitch hätte mit einem Achselzucken oder Nicken reagieren können. Er glaubte jedoch, einen merkwürdigen Eindruck zu hinterlassen, wenn er schwieg. Ein Mann, der nichts zu verbergen hatte, musste doch entgegenkommend sein.
    Nach einem unglückseligen Zögern, das so lange dauerte, dass es bestimmt berechnend wirkte, sagte er: »Ich beklage mich nicht, Lieutenant. Schließlich hätte ja auch ich das Opfer sein können. Ich bin dankbar, dass ich noch am Leben bin.«
    Der Beamte bemühte sich, lässig zu wirken, hatte jedoch die Augen eines Raubvogels. Scharf wie die eines Falken waren sie und kühn wie die eines Adlers. »Wieso sagen Sie das?«
    »Na ja, wenn es eine willkürliche Tat war …«
    »Das wissen wir ja nicht«, sagte Taggart. »Die Indizien weisen sogar auf kalte Berechnung hin. Ein perfekt gezielter Schuss.«
    »Kann ein Irrer mit einer Flinte nicht ein geübter Schütze sein?«

    »Doch, natürlich. Aber Irre wollen normalerweise ein möglichst großes Blutbad anrichten. Ein bewaffneter Psychopath hätte also auch Sie umgelegt. Dieser Kerl jedoch wusste genau, wen er erschießen wollte.«
    So irrational es war – Mitch fühlte sich für den Tod irgendwie verantwortlich. Schließlich war der Mord begangen worden, um dafür zu sorgen, dass er die Kidnapper ernst nahm und sich nicht an die Polizei wandte.
    Vielleicht hatte der Kriminalbeamte den Duft dieses unverdienten, aber dennoch beharrlichen Schuldgefühls wahrgenommen.
    Mitch warf einen flüchtigen Blick auf die Leiche gegenüber, in deren Umgebung noch immer das Team der Spurensicherung beschäftigt war. »Wer ist das Opfer eigentlich?«, fragte er.
    »Das wissen wir noch nicht. Er hatte keinen Ausweis dabei. Auch kein Portemonnaie. Finden Sie das nicht merkwürdig? «
    »Wenn man bloß mal kurz mit dem Hund rausgeht, braucht man doch kein Portemonnaie.«
    »Bei den meisten Leuten ist das reine Gewohnheit«, sagte Taggart. »Selbst wenn sie in der Einfahrt ihren Wagen waschen, haben sie ihr Portemonnaie dabei.«
    »Wie wollen Sie ihn dann identifizieren?«
    »Am Halsband des Hundes ist nicht mal eine Hundemarke. Allerdings ist das ein reinrassiger Golden Retriever, der fast bei einer Hundeschau auftreten könnte, also hat man ihm vielleicht einen Mikrochip mit den entsprechenden Informationen implantiert. Sobald wir uns ein Lesegerät besorgt haben, überprüfen wir das.«
    Den Hund hatte man inzwischen auf den diesseitigen Gehsteig gebracht und seine Leine am Pfosten eines Briefkastens festgebunden. Dort lag er im Schatten und genoss
gnädig die Aufmerksamkeit eines steten Stroms von Bewunderern.
    Taggart lächelte. »Golden Retriever sind die besten. Ich hatte als Kind einen. Hab ihn total geliebt.«
    Sein Blick richtete sich wieder auf Mitch. Das Lächeln blieb bestehen, veränderte sich jedoch. »Also, zurück zu den Fragen, von denen ich gesprochen habe. Waren Sie beim Militär?«
    »Beim Militär? Nein. Anfangs hab ich für eine größere Firma auf dem Rasenmäher gesessen und andere Hilfsarbeiten gemacht, dann hab ich ein paar Gartenbaukurse besucht und mich ein Jahr nach der Highschool selbstständig gemacht.«
    »Ich hab gedacht, Sie waren vielleicht mal Soldat, weil die Schüsse Sie nicht weiter aus der Fassung gebracht haben.«
    »Oh, die haben mich schon aus der Fassung gebracht«, versicherte Mitch.
    Taggarts direkter Blick sollte offenbar einschüchternd wirken.
    Mitch hatte das Gefühl, seine eigenen Augen seien klare Linsen, durch die man seine Gedanken sehen konnte wie Bakterien unter dem Mikroskop. Am liebsten wäre er dem Blick des Beamten deshalb ausgewichen, merkte jedoch, dass er sich das nicht traute.
    »Sie hören einen Schuss«, sagte Taggart, »sehen, wie ein Mann umfällt, und trotzdem laufen Sie über die Straße direkt in die Schusslinie.«
    »Ich wusste ja nicht, ob er tot war. Vielleicht hätte ich etwas für ihn tun können.«
    »Sehr anerkennenswert. Die meisten Leute wären schleunigst in Deckung gegangen.«
    »Also, ein Held bin ich
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