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Todeszeit

Todeszeit

Titel: Todeszeit
Autoren: D Koontz
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In dieser Nachbarschaft nahm man einen Schuss bestimmt als zuschlagende Tür wahr und vergaß ihn schon, während noch sein Echo hallte.

    Auf der anderen Straßenseite war Iggy Barnes im Garten der Kundschaft aufgestanden. Er sah nicht erschrocken aus, sondern nur verdutzt, als hätte auch er eine Tür knallen gehört und würde nicht begreifen, was der am Boden liegende Mann und der trauernde Hund zu bedeuten hatten.
    Mittwoch um Mitternacht. Sechzig Stunden. Die Zeit stand in Flammen, die Minuten brannten. Mitch konnte es sich nicht leisten, dass die Stunden zu Asche zerfielen, während er von der Polizei befragt wurde.
    Auf dem Gehsteig wechselte eine Ameisenkolonne den Kurs und marschierte auf das Festmahl in dem zertrümmerten Schädel zu.
    In dem fast klaren Himmel trieb eine versprengte Wolke über die Sonne. Der Tag nahm eine fahle Färbung an. Die Schatten verblassten.
    Fröstelnd wandte Mitch sich von der Leiche ab, trat vom Bordstein auf die Straße und blieb stehen.
    Er und Iggy konnten nicht einfach die ungepflanzten Blumen in den Wagen laden und wegfahren. Womöglich schafften sie das ohnehin nicht, bevor jemand des Weges kam und den Toten sah. Dass sie flohen, statt sich um das Opfer zu kümmern, hätte sie selbst in den Augen des naivsten Passanten schuldig gemacht, ganz zu schweigen von der Einschätzung der Polizei.
    Das Handy befand sich immer noch zugeklappt in Mitchs Hand. Er betrachtete es voller Angst.
    Wenn du zur Polizei gehst, schneiden wir ihr nacheinander die Finger ab …
    Bestimmt erwarteten die Kidnapper, dass er in dieser Lage die Polizei rief oder darauf wartete, bis jemand anders das tat. Verboten war ihm lediglich, Holly und ihre Entführung zu erwähnen, und natürlich die Tatsache, dass der
Mann mit dem Hund ermordet worden war, um Mitch als Exempel zu dienen.
    Womöglich hatten seine unbekannten Gegner ihn sogar bewusst in diese Zwangslage gebracht, um seine Fähigkeit zu testen, selbst dann den Mund zu halten, wenn er unter extremem Schock stand und am ehesten die Selbstbeherrschung verlieren konnte.
    Er klappte das Handy auf. Auf dem Display erschien das vertraute Bild von bunten Fischen in dunklem Wasser.
    Nachdem er die ersten beiden Ziffern des Notrufs eingegeben hatte, zögerte er, drückte dann aber doch noch auf die letzte Taste.
    Iggy ließ die Schaufel fallen und ging auf die Straße zu.
    Erst als sich beim zweiten Läuten eine Stimme meldete, wurde Mitch klar, dass sein Atem seit dem Augenblick, in dem er den zertrümmerten Schädel des Toten gesehen hatte, stoßweise und unregelmäßig ging. Eine Sekunde lang brachte er kein Wort heraus, und dann entfuhren ihm die Worte mit einer rauen Stimme, die er kaum erkannte.
    »Man hat auf einen Mann geschossen. Ich bin tot. Ich meine, er ist tot. Man hat auf ihn geschossen, und jetzt ist er tot.«

3
    An den nächsten beiden Kreuzungen hatte die Polizei die Straße abgesperrt, dazwischen parkten Streifenwagen, zwei Kleinbusse der Spurensicherung und ein Leichenwagen. Die Sorglosigkeit, mit der sie abgestellt waren, wies darauf hin, dass die Fahrer sich nicht um die Straßenverkehrsregeln kümmern mussten.
    Unter dem starren Blick der Sonne loderten die Windschutzscheiben. Chromteile glänzten. Nun stand keine einzige Wolke mehr am Himmel, und das Licht war gnadenlos.
    Die Polizisten trugen Sonnenbrillen. Hinter deren dunklen Gläsern betrachteten sie Mitchell Rafferty womöglich argwöhnisch. Vielleicht war er ihnen aber auch völlig gleichgültig.
    Vor dem Haus seiner Kundschaft saß Mitch auf dem Rasen, an den Stamm einer Phönixpalme gelehnt.
    Von Zeit zu Zeit hörte er oben im Baum Ratten krabbeln. In dieser Palmenart bauten die Nager sich gern ein hohes Nest, am Ansatz der Wedel, wo man sie nicht sah.
    Mitch hingegen wurde durch den durchbrochenen Schatten der Wedel kein bisschen weniger sichtbar. Er fühlte sich wie auf einer Bühne.
    In den beiden vergangenen Stunden hatte man ihn bereits zweimal befragt. Das erste Mal war er mit zwei Kriminalbeamten in Zivil konfrontiert gewesen, das zweite Mal nur mit einem.
    Er glaubte, sich gut herausgeredet zu haben. Dennoch hatte man ihm nicht erklärt, er könne gehen.

    Iggy hingegen war bisher erst einmal befragt worden. Er hatte keine Frau, die sich in Gefahr befand, und deshalb nichts zu verbergen. Außerdem besaß Iggy weniger Talent, andere Menschen zu täuschen, als ein kleiner Junge, was den erfahrenen Beamten sicherlich sofort klar geworden war.
    Vielleicht war die
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