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Todeswunsch - Robotham, M: Todeswunsch - Bleed For Me

Todeswunsch - Robotham, M: Todeswunsch - Bleed For Me

Titel: Todeswunsch - Robotham, M: Todeswunsch - Bleed For Me
Autoren: Michael Robotham
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die Dunkelheit tasten.
    Sienna kommt aus der Aula. Schlank und blass, fast weißer als weiß. Sie trägt ihre Schuluniform und hat ihr Haar zu einem Pferdeschwanz gebunden. Sie hat sich nicht abgeschminkt, und das Bühnen-Make-up lässt ihre Augen unglaublich groß wirken.
    »Wie geht’s, Sienna?«
    »Gut, Mr. O. Haben Sie Ihren Hund dabei?«
    »Nein.«
    »Wie geht’s ihm?«
    »Er ist immer noch dumm.«
    »Ich dachte, Labradors sind angeblich intelligent.«
    » Meiner nicht.«
    »Vielleicht ist er intelligent, aber nicht gehorsam.«
    »Vielleicht.«
    Sienna lässt den Blick über den Parkplatz schweifen, als suche sie jemanden. Sie wirkt abgelenkt oder vielleicht auch nur aufgebracht über die Probe. Dann fällt es ihr wieder ein, und sie dreht sich zu mir um.
    »War heute diese Anhörung?«
    »Ja.«
    »Und lassen sie ihn raus?«

    »Noch nicht.«
    Sie dreht sich zufrieden um und geht voraus, rempelt Charlie mit der Schulter an und spricht in einer seltsamen Sprache mit ihr, die ich nicht verstehen soll.
    Obwohl sie ein kleines Stück größer ist, wirkt Charlie jünger und weniger weltgewandt als Sienna, die große Auftritte liebt und gerne heftige Reaktionen provoziert, Leute schockiert und sich dann ganz scheu gibt, als wollte sie sagen: »Wer? Ich?«
    Wenn Charlie mit ihr zusammen ist, ist sie ein anderer Mensch – mitteilsamer, lebhaft und glücklich. Trotzdem wünsche ich mir manchmal, dass sie eine andere beste Freundin gefunden hätte. Vor einem Jahr wurden die beiden in einer Spirituosenhandlung in Bath beim Ladendiebstahl erwischt. Sie haben Cider in Dosen und ein Sechserpack Baccardi-Breezers geklaut. Charlie sollte an dem Abend bei Sienna übernachten, aber die beiden haben sich aus dem Haus geschlichen und sind auf eine Party gegangen. Da waren sie dreizehn. Ich wollte Charlie Hausarrest geben, bis sie einundzwanzig ist, aber ihre Reue wirkte echt.
    Die Mädchen haben meinen klapprigen gebrauchten Volvo Kombi erreicht, der nach nassem Hund riecht und ein Heckfenster hat, das sich nicht mehr ganz schließen lässt. Auf dem Boden liegen Malbücher, Plastikkettchen, Puppenkleider und leere Chipstüten.
    Sienna beansprucht den Beifahrersitz.
    »Setz dich zu mir nach hinten«, bettelt Charlie.
    »Nächstes Mal, du Loser.«
    Charlie sieht mich an, als wäre es meine Schuld.
    »Vielleicht solltet ihr euch beide nach hinten setzen«, schlage ich vor.
    Sienna rümpft die Nase und zuckt abschätzig die Schultern, folgt jedoch meiner Bitte. Ich höre ihr Handy klingeln. Es ist in ihrer Schultasche. Sie geht dran, runzelt die Stirn, flüstert etwas. Eine spitz klingende Stimme durchbricht die Stille.

    »Du hast gesagt, zehn Minuten. Nein… Okay … fünfzehn …«
    Sie beendet das Gespräch.
    »Sie müssen mich nicht ganz bis nach Hause bringen. Mein Freund holt mich in der Fullerton Road ab.«
    »Dein Freund?«
    »Sie können mich ruhig dort absetzen.«
    »Ich denke, du solltest erst deine Mutter anrufen.«
    Sie verdreht die Augen und tippt eine Nummer ein. Ich bekomme nur ihre Seite der Unterhaltung mit.
    »Hi, Mum. Ich treff mich noch mit Danny … Okay … Er bringt mich nach Hause. Es wird bestimmt nicht spät. Mach ich … ja … nein… okay… bis morgen früh.«
    Sienna klappt das Handy zu, kramt in ihrer Tasche und zieht ihr kurzes, mit glitzernden Perlen besetztes Flapper-Kleid heraus.
    »Augen auf die Straße, Mr. O, ich ziehe mich um.«
    Ich klappe den Rückspiegel so, dass ich nicht hinter mich sehen kann, und fahre los. Kleider werden abgestreift, Hüften angehoben, Strümpfe heruntergerollt. Als wir in der Fullerton Road ankommen, ist Sienna fertig angekleidet und frischt ihr Make-up auf.
    » Wie sehe ich aus? «, fragt sie Charlie.
    » Super. «
    » Wohin wollt ihr gehen? «, frage ich sie.
    » Abhängen. «
    » Was? «
    » Abhängen, Sie wissen schon. Chillen. «
    Sienna beugt sich zwischen den Sitzen nach vorn, rückt den Spiegel in ihre Richtung und überprüft ihre Mascara. Als sie den Spiegel wieder zurückstellt, treffen sich unsere Blicke. Hatte ich mit vierzehn eine Freundin? Ich kann mich nicht erinnern ? Wahrscheinlich wollte ich eine haben.
    Ich parke hinter einem ramponierten Peugeot, der in zwei
verschiedenen Farben lackiert ist und dessen kaputter Auspuff laut knattert. Drinnen sitzen drei junge Männer, von denen einer aussteigt. Sienna schlüpft aus der Tür, hüpft in seine Arme und küsst ihn auf den Mund. Die langen Fäden am Saum ihres Kleids wiegen sich bei jedem
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