Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Todesstatte

Titel: Todesstatte
Autoren: Booth Stephen
Vom Netzwerk:
Zitronenpfeffer gesagt, von winzigen grünen Fröschen in der Wiese und dem Mondlicht am Strand von Mombasa. Doch Rakki war fünf Jahre alt gewesen, als seine Familie Ende der 70er-Jahre nach Großbritannien emigriert war, und diese Erinnerungen waren die einzigen, die er an seine Heimat hatte. Als sie später an einer Autobahnraststätte angehalten hatten, hatte er die indische Provinz Gujarati erwähnt, aus der seine Großeltern stammten. Rakki war selbst noch nie dort gewesen, aber sein Bruder Pradesh war letztes Jahr dorthin gereist. Für Menschen mit guter schulischer Bildung gab es in Gujarati offenbar endlos viele Möglichkeiten.
    Und Cooper hatte sich daran erinnert, dass auch Oscar bereits seit einem Jahr in einer festen Beziehung lebte. Er spürte, wie ihm seine alten High-Peak-College-Freundschaften langsam entglitten, ein Prozess, der begonnen hatte, als sie beruflich verschiedene Wege gegangen waren: Oscar war Rechtsanwalt geworden, und Rakki hatte sich für die IT-Branche entschieden. Und eines Tages in naher Zukunft, wenn sie irgendwo auf dem Land auf einem Hügel standen, würden sie stillschweigend übereinkommen, dass dies ihr letztes gemeinsames Wochenende gewesen war.
    Cooper drückte das Gaspedal ein Stück weiter durch, als die Silhouette des Fox House Inn vor dem Hintergrund des Abendhimmels ins Blickfeld kam. Er spürte, wie der Toyota beschleunigte und bereitwillig Boden gutmachte. Ihn hatte ein irrationales Gefühl überkommen, das vermutlich aus seiner Erleichterung geboren war, die Stadt hinter sich zu lassen. Es handelte sich um ein plötzliches Aufwallen von Zuversicht, um das unerschütterliche Wissen, dass er seine Aufgabe meistern würde.
    Die Gesichtsrekonstruktion hatte ihm die Chance eröffnet, die er brauchte, und er zweifelte nicht daran, dass er sie würde nutzen können. Sobald er diesen Hügel erklommen hatte, würde auch Jane Raven Lee nach Hause kommen.
    Â 
    Â 
    Diane Fry trat mit dem rechten Fuß schwungvoll nach hinten und stieß die Haustür zu. Doch der Lärm aus der Wohnung im Erdgeschoss ließ kein bisschen nach. Disco-House mit Urban Drumloops in voller Lautstärke. Wie fest sie die Tür auch zuschlug, die verdammten Studenten hörten bei dem Getöse aus ihrer Stereoanlage das Geräusch einfach nicht.
    Einen Moment lang zog sie in Erwägung, bei ihnen zu klingeln und sich zu beschweren. Vielleicht hätte es ihr kurz Genugtuung verschafft, sie anzuschreien. Ihr war jedoch bewusst, dass sie damit nur ihre Zeit verschwenden und sich unnötig aufregen würde. Von der Arbeit nach Hause zu kommen, sollte einem schließlich dabei helfen, sich zu entspannen, und nicht noch mehr Stress verursachen, oder etwa nicht?
    Fry blickte die Treppe hinauf zu ihrer eigenen Wohnungstür. Ja. Es bestand noch Hoffnung.
    In ihrer Wohnung war es still bis auf das dumpfe Pochen der Bässe, das von unten durch die Decke drang. Angie war also unterwegs. Sie hatte keine Nachricht hinterlassen, keinen Hinweis, wann sie wieder zurück sein würde. Fry öffnete die Tür zum Zimmer ihrer Schwester und warf einen Blick hinein. Bei jedem anderen hätte sie womöglich anhand der fehlenden Kleidungsstücke sagen können, ob er in den Pub, zum Laufen oder zu einem Bewerbungsgespräch gegangen war. Aber nicht bei Angie. Ein T-Shirt und Jeans genügten ihr völlig, egal, für welchen Anlass.
    Seit ihre Schwester bei ihr eingezogen war, machte Fry sich fast ebenso viele Sorgen wie damals nach Angies Verschwinden. Vielleicht sogar mehr. In all den Jahren, in denen sie voneinander getrennt gewesen waren, hatte ihre Unkenntnis über Angies Verbleib ständig Anlass zu schwerer, quälender Sorge gegeben, war aber gleichzeitig zu einem Aspekt ihres Lebens geworden, den sie zu akzeptieren gelernt hatte wie einen amputierten Finger. Jetzt war die Sorge bohrender und schmerzhafter, und sie wurde tagtäglich daran erinnert. Durch die Gegenwart ihrer Schwester in der Wohnung.
    Fry fand eine Käse-Zwiebel-Quiche im Gefrierfach und schob sie in die Mikrowelle. Dann öffnete sie einen Tetrapack Orangensaft, setzte sich an den Küchentisch und widmete sich der Micky-Ellis-Akte. Sie hatte schon oft vor dem Bezirksgericht als Zeugin ausgesagt, empfand es aber trotzdem immer wieder als eine schwierige Erfahrung. Die Verteidiger stürzten sich jedes Mal auf den kleinsten Fehler von ihr, auf das
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher