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Todesspiel

Titel: Todesspiel
Autoren: John Sandford
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Cowboy-Attitüde.
    »Du arbeitest an den Zahlen?«, fragte sie, ohne mich anzusehen.

    »Ja.« Ich saß auf der Bettkante, den Kopf zum Screen des Laptops vorgestreckt – die klassische Haltung des Computerfreaks -, und mein Genick fühlte sich an, als stecke es in einem Schraubstock. »Wie wär’s mit ein bisschen Schultermassage? Mein Genick tut verdammt weh.«
    »Du hast mir in den letzten Tagen nur wenig Aufmerksamkeit geschenkt, und ich denke, eine Schultermassage wäre dem nicht angemessen«, sagte sie und blätterte eine Barron’s -Seite um. »Oder irgendeine andere Art von Massage.«
    »Dann arbeite du doch mal an den verdammten Zahlen.«
    »Ich kriege ja nicht das große Geld für diesen Job.«
    »Scheiße, großes Geld …«
    Sie seufzte, warf dann das Magazin auf den Teppich; eigentlich ist sie ja ein netter Mensch … »Okay.« Sie kam zu mir und begann mit der Schultermassage. Für eine kleine Frau hat sie ausgesprochen kräftige Daumen. »Hast du Lust auf einen Eisbecher mit heißer Schokolade?«
    »O ja. Mach du aber erst mal noch ein bisschen weiter, ich gucke nur schnell mal in meine E-Mail.« Sie bearbeitete gerade den Muskel entlang meiner Wirbelsäule, oben an der Schulter, und ich rollte den Kopf, rief mein E-Mail-Programm im Laptop auf und sah mir, soweit es meine Kopfstellung erlaubte, für einen Zusatzdollar pro Minute an, was an Nachrichten eingegangen war.
    Eine der Mails löste einen Alarm bei mir aus. Wahrscheinlich eine Spam-Mail, dachte ich, neigte dann aber den Kopf und öffnete sie. Kein Spam – es war eine Nachricht von einem Mann, den ich nicht kannte; er nannte sich romeoblue .
    Die Mail lautete: »Bobby ist nicht erreichbar. Das Wort weitergeben. Ringnetz aktivieren.«
    »Blödmann«, knurrte ich. Ich glaubte einfach nicht, was ich da las.
    LuEllen merkte, dass etwas Besonderes vor sich ging, und
schaute mir über die Schulter. Sie wusste von Bobby, also ließ ich sie gewähren. »Hmmm … Wer ist romeoblue ?«, fragte sie.
    »Keine Ahnung.«
    »Wieso kennt er Bobby?«
    Ich wusste die Antwort auf diese Frage, aber ich wich aus. LuEllen und ich trauen einander, aber es gab keinen Grund, sorglos zu werden. »Viele Leute kennen Bobby … Hör zu, jetzt müssen wir, ob wir wollen oder nicht, raus in den Regen. Ich muss einen Anruf machen.«
     
    Bobby ist der Deus ex Machina der Hackergemeinde, der Born allen Wissens, der Bewahrer von Geheimnissen, die Quelle für ansonsten unzugängliche Telefonnummern, ein erhellender Führer durch die Dunkelheit der IBM-Mainframes. Wie bei LuEllen kannte ich seinen Familiennamen und seinen Wohnort nicht; aber Bobby und ich hatten schon so manche gemeinsame Aktion durchgeführt.
     
    Die Golfküste könnte wahrscheinlich eine Gartenlandschaft sein, ist es aber nicht. Sie ist so was wie ein Schrottplatz. Zwischen der I-10 und dem Strand stehen schäbige Gebäude in allen nur denkbaren Varianten, und jedes einzelne von ihnen ist so preiswert wie möglich errichtet worden, um darin Geschäfte abzuwickeln. Es ist wie in Amarillo, Texas, nur noch erheblich geschmackloser.
    Wir rannten durch den Regen von meinem Zimmer zum Wagen, fuhren dann über die I-10 zum nächsten Wal-Mart. Wir machten den Anruf in einer öffentlichen Telefonzelle und benutzten dabei ein kleines Sony-Notebook, das ich vor ein paar Wochen angeschafft hatte. Ich wählte meine Bobby-Nummer. Keinerlei Reaktion – kein Trägersignal, kein Umleiten auf eine andere Nummer, nur das unbeantwortete Rufsignal. So etwas hatte es vorher nie gegeben. Ich überprüfte
noch einmal meine E-Mail und fand eine zweite Nachricht vor, von einer Person namens polytrope . Inhalt: »Bobby meldet sich nicht. Schon seit sechs Stunden. Das Wort weitergeben. Ringnetz aktivieren.«
    »Vielleicht haben sie ihn erwischt«, sagte ich zu LuEllen und unterbrach die Verbindung. »Die Jungs vom FBI. Ich muss noch einen anderen Anruf machen, aber nicht von hier aus. Lass uns schleunigst verschwinden.«
    LuEllen ist von Beruf Diebin und handelt stets absolut professionell. Als ich zum schnellen Aufbruch aufforderte, stellte sie keine Fragen. Sie marschierte sofort los. Nicht hastig, aber zügig, zauberte ein vergnügtes Lächeln auf ihr Gesicht, vermied jedoch jeden Augenkontakt zum Verkaufspersonal.
    In den Thriller-Filmen setzen die FBI-Verfolger einen Alarmruf ab, noch während der Bösewicht am Telefon hängt, und drei Minuten später kommt ein schwarzer Hubschrauber angebraust, und die Jagd beginnt.
    In der
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