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Todesspiel

Titel: Todesspiel
Autoren: John Sandford
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momentanen Realität sah das so aus, dass die Feds, sofern sie Bobby hopsgenommen hatten und seine Telefonverbindungen überwachten, fast verzögerungslos das Wal-Mart-Telefon lokalisieren konnten. An die Person heranzukommen, die den Anruf gemacht hatte, war eine andere Sache – es würde einige Zeit in Anspruch nehmen, selbst wenn die Feds die örtlichen Cops sofort in Marsch setzten. Im schlechtesten Fall aus unserer Sicht – das heißt, wenn die Kooperation bei den Feds und Cops absolut reibungslos verlief – hatten wir zehn Minuten Zeit zum Verschwinden. In einem typischen Fall von Durcheinander bei den Gesetzeshütern – dem Normalfall – blieb uns eine Stunde oder mehr. Aber warum sollten wir ein Risiko eingehen?
    Wir hatten den Wal-Mart nach einer Minute verlassen, und nach zwei Minuten steuerte ich den Wagen auf die Interstate. Zehn Meilen weiter machte ich einen Anruf von einem Außentelefon
an einer Shell-Tankstelle. Ich schickte E-Mails an zwei Personen, die sich pr48stl9 und trilbee nannten: »Bobby meldet sich nicht. Das Wort weitergeben. Ringnetz aktivieren.« Eine dritte E-Mail schickte ich an pepper @ evitable . org : »3577.« Diese Zahl war mein »Wort«, und es ging hinaus ins Unbekannte.
     
    »War’s das?«, fragte LuEllen.
    »Ja, das ist alles. Mehr gibt’s nicht zu tun. Immer noch scharf auf den Eisbecher?«
    »Ja.« Aber sie war beunruhigt. Unsere Arbeit ist illegal, zumindest zeitweise, und wir reagieren empfindlich auf Schwierigkeiten, auf Komplikationen, die uns aus der Deckung zwingen könnten. Ärger dieser Art ist wie ein Fisch, der am Köder an deiner Angelleine knabbert – man spürt es, und wenn man erfahren genug ist, weiß man, was es zu bedeuten hat. LuEllen spürte, dass plötzlich Schwierigkeiten an uns zu nagen begannen. »Vielleicht vertreibt heiße Schokolade meine bösen Gedanken.«
     
    Der Hackerring war von Bobby ins Leben gerufen worden. Er bestand aus einer Gruppe von Leuten, denen er mehr oder weniger vertraute, und jeder dieser Personen überließ er ein einzelnes Segment seiner Anschrift. Wenn ihm etwas passieren sollte – wenn sein System nicht mehr reagierte -, schickte jeder von uns sein »Wort« an eine E-Mail-Adresse. Aus der Summe der »Worte« ergab sich dann Bobbys Adresse.
    Wer auch immer es war, bei dem die E-Mails zusammenliefen, er konnte daraus die genaue Anschrift Bobbys ableiten und zu Bobbys Haus gehen, um nachzusehen, was passiert war. Ich wusste nicht, wer dazu ausersehen war, das zu tun – wohl jemand, der Bobby näher stand als ich.
    Um den Cops die Möglichkeit zu nehmen, den Ring zu
knacken, waren Vorsichtsmaßnahmen getroffen worden: Falls einer von uns geschnappt werden sollte, konnte er nur das E-Mail-Alias von zwei Mitgliedern des Rings preisgeben, mehr kannte er nicht. Ich hatte bis zum heutigen Tag nicht gewusst, dass romeoblue , wer auch immer dahintersteckte, ein Mitglied des Rings war und dass er eine meiner E-Mail-Adressen kannte. Die Personen, denen ich E-Mails geschickt hatte – pr48stl9 und trilbee -, hatten ihrerseits keine Ahnung, dass ich zu den Mitspielern gehörte. Und ich wiederum wusste nicht, an welche beiden Personen sie sich innerhalb des Rings wenden würden.
    Niemand außer Bobby wusste, wie viele Mitglieder der Ring hatte, schon gar nicht, wie die realen Namen der anderen lauteten – wir wussten nur, dass jeder von uns zwei E-Mail-Adressen zu bedienen hatte. Zwei deshalb, falls einer nicht zu erreichen war oder gar das Zeitliche gesegnet hatte, wenn das Alarmsystem des Rings in Gang gesetzt wurde.
    Der Zusatz »Ringnetz aktivieren« in der Mail stellte eine weitere Vorsichtsmaßnahme dar. Wenn einer von uns den Cops in die Hände fiel und sie ihn zwangen, Kontakt zum Ring aufzunehmen, konnte er zusammen mit der erzwungenen Mail eine Warnung loslassen: Wenn sie nicht mit »Ring aktivieren« endete, wusste der Empfänger, dass die Kacke am Dampfen war.
    Die ganze Sache mag übertrieben klingen, aber einige Ringmitglieder standen auf der Suchliste des FBI. Wohlgemerkt, man konnte keinem von uns irgendein Verbrechen vorwerfen. Die Feds wussten ja nicht einmal, wer wir waren. Sie wollten uns einfach nur in die Finger kriegen und irgendwo in einen Keller schleppen, in dem ein elektrischer Anschluss und ein Elektrokabel mit blanken Enden verfügbar waren – und unter diesen Gegebenheiten ein bisschen mit uns plaudern …

     
    »Meinst du, Bobby ist tot?«, fragte LuEllen. Wir waren unterwegs zu einer Eisdiele
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