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Todesspiel

Titel: Todesspiel
Autoren: John Sandford
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– falls jemand sich noch an diese Geräte erinnern kann. Darüber hinaus entfernte ich Bugs aus kommerziellen Computer-Kontrollprogrammen, ein Job, den man in der Computerwelt als sehr einträglich betrachtete. Ich war gut auf diesem Gebiet: Bill Gates hatte einmal zu mir gesagt: »Heh, Junge, lass uns gemeinsam eine Firma gründen.«
    Inoffiziell betrieb ich Industriespionage für eine ausgewählte Klientel, indem ich entweder physisch oder elektronisch in Konkurrenzfirmen eindrang und technische Unterlagen, Software und Konstruktionspläne kopierte, alles, was mein Klient gebrauchen konnte, um mit den Nutzern von Bill-Gates-Produkten mithalten zu können. Die Achtzigerjahre waren geschäftlich einträglich für mich, aber die Neunziger brachten geradezu einen Boom: Ein Dutzend technischer Memos im Wertpapierhandel, Transferaktionen von A nach B, konnten zu einem Internet-IPO im Wert von hundert Millionen Dollar führen und jemanden reich machen. Oder, wahrscheinlicher, ihn in den Ruin stürzen …
    Während der ganzen Zeit malte ich nebenher. Ich kann niemandem viel über Whiskey und Drogen und Glücksspiele
und Frauen erzählen, denn diese Dinge sind etwas für unreife Dilettanten und Rockmusiker. Ich habe damals ununterbrochen gearbeitet – na ja, hin und wieder doch mal ein bisschen mit Frauen rumgemacht. Ich hatte erkannt, dass Frauen – anders als Whiskey, Drogen und Spielleidenschaft – nach einiger Zeit wieder aus deinem Leben verschwinden. Ganz von selbst.
    So erging es auch meiner Software für politische Wahlanalysen. Ich verkaufte sie an einen Konkurrenten, denn ich verlor die Geduld mit meinen Klienten – genauer gesagt, mit der Art und Weise, wie sie ihr Geld verdienten.
    Politiker sehen in den Menschen nichts anderes als ein Potenzial, mit dem sie ihre Spielchen treiben können. So ist das nun mal. Es gehört zu ihrem Job. Sie wachen morgens auf und fragen sich, mit wem sie heute ihr Spielchen treiben sollen. Dann stehen sie auf und machen es. Der Wert ihres Nutzens für die Allgemeinheit ist gering – sie tun nichts Nützliches, sie erschaffen nichts Nützliches, und sie sind nicht in der Lage, allgemein nützliche Gedanken zu entwickeln. Sie treiben einfach nur ihre Spielchen mit uns, mischen sich dauernd in unser Leben ein … Ich hatte schließlich keine Lust mehr, mit irgendeinem dieser Typen noch zu reden.
    So waren die Jahre vergangen: Ich beschäftigte mich mit Computern und der Farbpalette; und da stand ich nun und verhandelte mit dem Kongressabgeordneten Bob über einen Auftrag. Ich hatte mich gedreht und gewendet, ansatzweise sogar gebettelt und den armen Mann gespielt, schließlich aber nachgegeben und gesagt, ich würde die Sache übernehmen. Nun ja, um die Wahrheit zu sagen, ich brauchte eine Abwechslung von den Fieberträumen im Zusammenhang mit meinen letzten Gemälden – einer Folge von fünf Bildern, die ein reicher Holzhändler aus Louisiana bei mir in Auftrag gegeben hatte.

    Und dann war da auch noch mein verkorkstes Liebesleben; es hatte eine hässliche Wendung zum Schlechten genommen …
    Es schien also keine schlechte Perspektive zu sein, mal die Stadt zu verlassen. Und so war es letztlich dazu gekommen, dass ich seit zwei Wochen im Bauch des Wisteria arbeitete.
     
    Das Wisteria war ein Spielcasino, das an der Golfküste des Staates Mississippi, zwischen Biloxi und Gulfport, über einem Pier errichtet worden war. Das Gebäude war vom Architekten als Flussboot konzipiert, hatte jedoch die Größe eines Schlachtschiffes. Ausgedehnte Decks mit Spielautomaten, die dazu gedacht waren, den Spielern auch den letzten Nickel aus der Tasche zu ziehen, nahmen den größten Teil der Fläche im Bauch des Schiffes ein. Darüber hinaus gab es drei Restaurants, zwei Bars und ein Achterdeck für andere Glücksspiele.
    Musikberieselung, meist Orchesterversionen alter Sinatra-Songs, sollte dem Casino eine anspruchsvolle Note verleihen, vor allem aber die Spieler bei Laune halten, während sie vor den Spielautomaten saßen und monoton die Hebel immer wieder niederdrückten. Es roch überall nach Tabak, Alkohol, verdorbenen Fritten, Schweiß, Reinigungsmitteln und überstrapazierten Deodorants, dazu nach einem Hauch von Erbrochenem.
    Ich hielt mich dort sechs Stunden am Tag auf, dachte über die Frauen und das Malen nach, während ich stumpfsinnig Münzen in die Schlitze der Automaten steckte. Der Job war recht einfach, aber ich musste sehr vorsichtig sein: Wenn ich die Sache vermasselte,
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