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Todesreigen

Titel: Todesreigen
Autoren: Jeffery Deaver
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»Das hab ich für alle Fälle aus der Küche geholt.«
    Sie liebt mich, ich lieb sie sie liebt mich ich lieb sie liebt ich lieb sie liebt sie liebt…
    Seine Frau fuhr fort: »Dann kamst du zurück. Sobald er die Autoscheinwerfer sah, rannte er weg. Es sah aus, als würde er zum Haus seiner Eltern laufen.«
    Ron griff nach dem Telefon und drückte auf die Kurzwahltaste.
    »Hier ist Ron Ashberry«, sagte er zur Telefonistin der Polizei.
    »Ja, Sir, geht es wieder um den Jungen?«
    »Hanlon. Sofort.«
    Nach einer Pause: »Bleiben Sie bitte dran.«
    Der Sheriff kam an den Apparat. »Ron, was, zum Teufel, ist heute Abend los? Ich hatte schon vier Anrufe von Ihren Nachbarn, dass Leute herumgebrüllt hätten und jemand weggelaufen wäre.«
    Ron berichtete ihm von den Drohungen.
    »Das sind immer noch bloß Worte, Ron.«
    »Verdammt, das Gesetz interessiert mich nicht! Er hat gesagt, dass er meine Kleine beim nächsten Vollmond vergewaltigen will. Worauf, zum Teufel, wartet ihr Leute denn eigentlich?«
    »Wann ist Vollmond?«
    »Keine Ahnung, woher soll ich das wissen?«
    »Einen Moment, ich hab einen Kalender… Also, es ist nächste Woche. Wir werden den ganzen Tag jemanden bei Ihnen zu Hause postieren. Sobald er sich rührt, kriegen wir ihn.«
    »Weswegen? Unbefugtes Eindringen? Dann ist er wann wieder draußen? Nach einer Woche?«
    »Tut mir Leid, Ron. So ist das Gesetz.«
    »Wissen Sie, was Sie mit Ihrem Gesetz machen können? Gehen Sie zur Hölle damit!«
    »Ron, ich hab Ihnen schon mal gesagt, dass Sie ernste Schwierigkeiten bekommen, wenn Sie die Sache selbst in die Hand nehmen. Also, gute Nacht.«
    Diesmal knallte Ron den Hörer auf die Gabel, so dass der Apparat sich von der Wand löste.
    Er rief Doris zu: »Bleibt hier und haltet die Türen verschlossen!«
    »Ron, was hast du vor?«
    »Daddy, nein…«
    Die Tür flog so heftig zu, dass eine Scheibe zerbrach und die Risse ein perfektes Spinnennetz bildeten.
    Ron parkte auf dem Rasen und verfehlte nur knapp einen rostigen Camaro und einen limonengrünen Kombi, dessen vorderer Kotflügel den matten, an getrocknetes Blut erinnernden Ton von Grundierfarbe aufwies.
    Er hämmerte gegen die raue Oberfläche der Eingangstür und brüllte: »Ich will ihn sehen. Machen Sie auf!«
    Schließlich wurde die Tür aufgestoßen, und Ron trat ins Haus. Der Bungalow war klein und unaufgeräumt. Essen, schmutzige Plastikteller, Bierdosen, Stapel von Kleidern, Magazinen und Zeitungen. Und ein starker Geruch von tierischem Urin.
    Er drängte sich an dem kleinen, pummeligen Paar vorbei. Beide waren in den späten Dreißigern und trugen Jeans und T-Shirts.
    »Mr. Ashberry«, sagte der Mann unsicher und blickte zu seiner Frau.
    »Ist Ihr Sohn hier?«
    »Wir wissen es nicht. Hören Sie, Sir, wir hatten nichts damit zu tun, dass er aus dem Krankenhaus entlassen wurde. Wir war’n dafür, dass er drin bleibt, wie Sie wohl wissen.«
    »Was soll das heißen, Sie wissen nicht, wo er ist?«
    »Er kommt und geht«, sagte die Frau. »Durch sein Schlafzimmerfenster. Manchmal sehen wir ihn tagelang nicht.«
    »Haben Sie es mal mit Disziplin versucht? Mit dem Gürtel? Was glauben Sie denn? Dass Kinder auf einem herumtrampeln dürfen?«
    Der Vater lachte traurig.
    Seine Frau fragte: »Hat er irgendwas angestellt?«
    Als wäre das, was der Junge bisher getan hatte, nicht genug. »Oh, er hat nur damit gedroht, sie zu vergewaltigen, sonst nichts.«
    »Oh, nein, nein.« Sie verschränkte die Hände, deren schmutzige Finger mit billigen Ringen geschmückt waren. »Aber das ist doch nur Gerede. Bei ihm ist es immer nur Gerede.«
    Ron wirbelte herum, um sie ansehen zu können. Ihr kurzes schwarzes Haar hatte eine Wäsche dringend nötig. Außerdem verströmte sie einen strengen Zwiebelgeruch. Er murmelte: »Es geht hier nicht mehr um Gerede, und ich werde mir das nicht mehr bieten lassen. Ich will ihn sehen.«
    Sie tauschten Blicke aus. Dann führte der Vater ihn einen dunklen Flur entlang zu einem der beiden Schlafzimmer. Irgendetwas – Essensreste, so schien es – knirschte unter Rons Füßen. Der Mann warf einen Blick über die Schulter, sah seine Frau im Wohnzimmer stehen und erklärte: »Das tut mir alles so Leid, Sir. Wirklich. Ich wünschte, ich hätte den Mut, dafür zu sorgen, wissen Sie, dass er verschwindet.«
    »Das haben wir auch schon probiert«, erwiderte Ron zynisch.
    »Ich meine nicht ins Krankenhaus oder ins Gefängnis.« Seine Stimme sank zu einem Flüstern herab. »Für immer zu
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