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Todesmuster

Todesmuster

Titel: Todesmuster
Autoren: Norbert Horst
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allein sein. Mannomann, war das heftig. Lange nicht mehr erlebt, so was. Watte in den Knien, die Hände zittern leicht.
    Es klopft. Ach nein, nicht jetzt.
    Frau Dr. Richter. Jeans, Blazer, die Haare zusammengebunden. Frisches Lächeln.
    »Guten Morgen.« Sie kommt herein, schwarze Aktenmappe unter dem Arm. »Sie sehen ein bisschen fertig aus, Herr Kirchenberg. Ist der Urlaub schon wieder aufgebraucht?« In ihr Lächeln mischt sich fragende Anteilnahme.
    »Guten Morgen, Frau Dr. Richter. Ja, wir hatten grad ein etwas heftigeres Erlebnis.«
    »Aha.« Sie gibt sich zufrieden.
    »Was treibt Sie denn in unsere Gefilde?«
    »Eine Obduktion, allerdings in der Nachbarbehörde. Ich hab auch nicht viel Zeit und hätte es auch telefonisch machen können, aber da ich hierher fuhr, wollte ich es Ihnen persönlich mitteilen. Das Ergebnis weiß ich seit heute Morgen. Die Blutspur aus dem Porsche und Ihre Opfer-DNA aus der Mine sind identisch.« Sie macht eine präsentierende Handbewegung.
    Leichte Schauer.
    »Außerdem kann ich Ihnen dadurch auch das hier selbst aushändigen.« Sie zieht aus der Aktenmappe einen braunen Umschlag. »Für Ihren Bekannten.« Mit Betonung?
    KHK Konstantin Kirchenberg. Persönlich. Persönlich unterstrichen.
    »Ich hab’s eilig. Bis bald mal.« Ihre Hand ist kalt, sie geht.
     
    Helmut hat zwei Gläser auf den Tisch gestellt, in seinem schon ein klarer Rest am Boden. Er gießt ein, der Wacholder fließt die Speiseröhre runter, leichtes Schrinnen auf der Zunge. Noch einen? Meinetwegen.
    »Frau Dr. Richter war grad da. Die Opfer-DNAs stimmen überein. Er ist unser Mann.«
    Ohne Überraschung. »Nach der Nummer von eben hätte ich nichts anders erwartet.«
    »Nur das Opfer haben wir noch nicht.«
    »Wart’s ab. Wie sagte mein alter Lehrer an der Polizeischule immer: Unsere Mühlen mahlen langsam, aber …«
    Er hält die Flasche hoch.
    Okay, einen noch.
    12 Uhr 38
    Die Fellreste im Stacheldraht sind noch da. In den Trittspuren der Kühe ist das Wasser ausgetrocknet. Am alten Heizöltank säuft ein Rind, glotzt mit tropfendem Maul rüber, säuft weiter. Die anderen Kühe liegen unter den Apfelbäumen, die Äpfel sind nicht mehr da. Eine Wolke schiebt sich vor der Sonne weg, Wärme auf der Stirn. Brennt noch ganz schön. Genau der richtige Platz.
    KHK Konstantin Kirchenberg. Persönlich. Der Strich unter »Persönlich« elegant geschwungen. Drei Versuche, dann brennt das Feuerzeug. Die Ecke des brauen Umschlags saugt die Flamme auf, sie wandert, hinterlässt schwarze, glatte Asche. Das Feuer kämpft sich weiter, erreicht das »Persönlich«, der Hintergrund wird schwarz, es verschwindet. Fallen lassen. Gelbe Flammen mit blauen Rändern, kleine lautlose Schönheit. Noch einmal mit dem Fuß die letzte Ecke angehoben, sie holen sich auch den Rest. Die ersten Aschefetzen wehen Richtung Weide.
     
    Die Tür zu Hehmeyers Laden steht auf, kein Scheppern. Er hat einen Karton im Arm, packt Zucker ins Regal. Die schwarze Alte steht auf der anderen Seite, betrachtet ein Glas Gurken.
    »Ah, die Polizei. Na, ich habe gehört, Sie waren erfolgreich?« Ohne die Arbeit zu unterbrechen.
    Was? Woher hat der das denn? »Solche Sachen hören Sie? Woher denn?«
    »Kann ich Ihnen nicht genau sagen. Wurde heute im Laden erzählt.«
    Das ist unfassbar. Trimm kann es eigentlich nicht gewesen sein.
    »Warten Sie man die Zeitung von morgen ab. Ich will da nicht vorgreifen.«
    Er stoppt, kommt näher. »Heinrich Korte konnte es übrigens auch nicht gewesen sein, das hätte ich Ihnen sagen können.«
    Es ist nicht zu glauben. »Und warum haben Sie das nicht gesagt?«
    »Sie haben mich nicht gefragt.« Er neigt den Kopf noch dichter. »Ich meine, Heinrich kann ein Schwein sein. Seiner Schwiegertochter gegenüber hat er sich nicht immer richtig verhalten, sicher nicht. Aber so was macht er nun doch nicht.«
    Leck mich doch. Wer wusste das denn noch alles?
    Die Alte steckt das Glas unter die schwarze Schürze, geht mit eiligem Schritt aus der Tür.
    »Eh …«
    »Lassen Sie man gut sein, Herr Kirchenberg. Ist schon in Ordnung.« Er lacht, wahrscheinlich über das blöde Gesicht. »Das ist Magda. Magda hat schon immer geklaut, schon als Kind. Sie wohnt mittlerweile allein, und wenn es keine zu großen Sachen sind, lassen wir sie ihr. Sie hat kaum Rente, und so bringt das Dorf sie gemeinsam durch, jedenfalls ein Teil des Dorfes.« Er geht zur Tür, sieht hinter ihr her. »Sie ist ein bisschen verrückt. Aber harmlos. Was kann ich denn
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