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Todesmelodie

Todesmelodie

Titel: Todesmelodie
Autoren: Christopher Pike
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erschossen.« Sharon bewunderte den Himmel im Westen, der in einem phantastischen Rotton leuchtete. Dieses Rot erinnerte sie an Anns Rubinring. Warum hatte sie ihn kurz vor ihrem Tod abgezogen? Diese Frage verfolgte Sharon schon, seit sie den Ring auf dem Absatz gefunden hatte. Und es gab noch eine andere Sache, die sie beschäftigte: Chad hatte unrecht gehabt, was die Brücke anging. Lieutenant Artso hatte gesagt sie habe bis vor einem Monat noch dort gehangen.
    »Chad?« sagte sie. »Erinnerst du dich noch, was dieser Artso über die vielen Zufälle gesagt hat? Was meinst du dazu?«
    »Nichts! Dieser Artso ist nur ein Arschloch!«
    »Aber ist es nicht wirklich komisch, daß in der ganzen Zeit niemand außer uns die Leiche entdeckt hat?«
    »Ich bezweifle, daß Artso und seine Leute auch nur einen halben Tag lang wirklich gesucht haben!«
    »Glaubst du wirklich. Ich weiß nicht…«
    Chad blickte sie aufmerksam an. Das Licht wurde immer schwächer, und sein Gesicht lag schon im Schatten.
    Seine Augen wirkten dunkel und unergründlich. »Was weißt du nicht, Sharon?«
    »Ich hab’ nur ein bißchen nachgedacht das ist alles.«
    »Worüber denn?«
    »Ach, über nichts…«
    »Du bist so nachdenklich, seit ich dich geküßt hab’. Was hat das zu bedeuten?«
    Sharon runzelte die Stirn; Chads Ton hatte sich geändert, er sprach jetzt mit ihr genauso, wie er über Paul oder zum Schluß auch über Ann gesprochen hatte – dabei war er früher immer so voller Bewunderung für Ann gewesen! Es paßte gar nicht zu ihm, so bitter zu sein!
    Sharon entzog ihm ihre Hand.
    »Wenn ich ›nichts‹ sage, dann meine ich es auch«, erwiderte sie. »Mir fiel nur gerade auf, was für ein unglaublicher Zufall es ist, daß ausgerechnet ich Ann gefunden habe! Kein Wunder, daß Lieutenant Artso das verdächtig fand!«
    »Verdächtig?«
    »Ja; hast du das nicht gemerkt?«
    »Er hat dich verdächtigt«, sagte Chad.
    »Das meine ich doch! Wie könnte er dich verdächtigen, wo du doch nicht mal dabei warst?«
    »Das kann er nicht.«
    »Nein«, gab sie zurück.
    Sie verfielen in unbehagliches Schweigen, bis Chad plötzlich aufstand. »Ich gehe Feuerholz suchen.«
    Sharon sah ihn an und fragte sich, was er auf einmal hatte. »In Ordnung!«
    »Es dauert nicht lange«, meinte er.
    »Das ist gut«, erwiderte sie.
    Er deutete auf den Himmel im Westen, wo die Sonne untergegangen war. »Das Rot ist wahnsinnig schön!«
    »Es ist wirklich prachtvoll!«
    »Es erinnert mich an den Rubin, den du Ann zum Geburtstag geschenkt hast.« Er wandte sich zum Gehen, drehte sich aber noch einmal kurz um und fügte hinzu: »Du mußt wirklich versuchen, ihn zurückzubekommen!«
    Sharon hielt ihn zurück und sagte aufgeregt: »Genau das habe ich gerade gedacht!«
    »Was?«
    »Daß der Sonnenuntergang mich an Anns Rubin erinnert. Haargenau dasselbe!«
    Chad grinste, als er antwortete: »Dann kann ich also deine Gedanken lesen!«
    Sharon lehnte sich zurück und dachte nach. Sie hatte das Gefühl, als ob irgend etwas absolut nicht stimmte, kam aber nicht darauf, was es sein konnte. Doch sie ahnte, daß die Erkenntnis sie blitzartig überfallen und krank machen würde – wie in dem Moment, als sie Anns aufgedunsenen Körper entdeckt hatte.
    Oder als Chad mich geküßt hat, dachte sie schaudernd.
    Diese beiden Ereignisse hatten eigentlich nichts gemeinsam gehabt; eins war unbeschreiblich grauenvoll gewesen, das andere eher angenehm…
    »Was hast du?« erkundigte sich Chad.
    Es hätte zumindest angenehm sein sollen…
    »Nichts«, murmelte sie.
    »Bist du ganz sicher?«
    »Ja.«
    »Geht es dir nicht gut?«
    Sharon starrte den Himmel an. Sein Rot war so dunkel… wie Blut!
    »Was hast du denn nur?« wiederholte Chad seine Frage.
    »Mir ist kalt!«
    Genauso kalt wie in deinem dunklen Fluß unter der Erde, Chad. Du hast versucht, mich zu küssen, hast es aber dann doch nicht getan. Ich habe dir gesagt, daß ich diesen Ort schrecklich finde, ich hatte Angst vor der Dunkelheit obwohl da nichts war – außer uns beiden.
    Sharon fühlte plötzlich wieder Angst in sich aufsteigen, während sich ihre Gedanken überschlugen und sie allmählich begriff: Der Ring war der Schlüssel zu ihren Fragen! Sie sah das Glitzern des roten Steins vor sich und dachte an Anns Blut. Die Polizisten hatten gesagt, Ann habe eine böse Kopfwunde gehabt, die sie sich vielleicht bei ihrem Sprung zugezogen haben könnte, als sie gegen die Felswand geprallt sei. Einer der Beamten war erstaunt gewesen,
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