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Todesküsse

Todesküsse

Titel: Todesküsse
Autoren: Jason Dark
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kaum anlaufende Querwellen, und so rollte das Schiff seinem Ziel entgegen.
    Sie hatten keinen bestimmten Punkt ausgemacht, sie wollten auch keine Insel anlaufen, sondern mitten auf dem Meer bleiben, dessen Oberfläche von den Sonnenstrahlen angehaucht wurde, doch der Himmelskörper stand den vier Männern noch nicht hoch genug. Sie würden ihre Aufgabe erst in Angriff nehmen, wenn der gleißende Himmelskörper im Zenit stand.
    Das dauerte noch eine Weile. Als es soweit war, holten sie die Segel ein. Das Schiff verlor an Fahrt. Einen Anker konnten sie nicht werfen, weil die See hier einfach zu tief war.
    Noch einmal verglichen sie den Stand der Sonne, bevor sie sich an die wichtige Arbeit machten.
    Sie waren eine verschworene Gemeinschaft, kein Außenstehender wußte von ihren Plänen. Ihnen selbst war unwohl, weil sie nicht wußten, ob ihre Pläne so in Erfüllung gehen würden, wie sie es sich vorgestellt hatten. Jedenfalls hofften sie stark.
    Keiner der Männer befand sich mehr am Ruder. Sie hielten sich dort auf, wo die Tücher und Planen den Gegenstand verdeckten, auf den es ihnen allein ankam. Seinetwegen hatten sie die beschwerliche Reise auf das Meer unternommen.
    Sie schauten noch einmal hoch zur Sonne. Sie hatte jetzt ihren höchsten Stand erreicht, die wärmenden Strahlen fielen auf das Schiff und die Wellen.
    Sie nickten sich zu. Ein jeder nahm den Platz ein, der ihm zustand. Die Wellen liefen klatschend gegen den Schiffsrumpf. Eine lange Dünung wiegte das Schiff. Der Wind fuhr auch über das Deck und spielte mit den Enden der Plane.
    Acht Hände griffen danach. Sie brauchten sich gegenseitig keine Befehle zu geben. Jeder wußte genau, wie er die Plane wegzuzerren hatte. Die Sonne brannte auf ihre Köpfe. Es war heiß geworden, und ein ebenfalls warmer Luftzug entstand, als die Plane zur Seite schwang und endlich den Gegenstand freigab, den sie so lange verdeckt hatten. Es war ein Sphinx!
    Groß und mächtig. Eine Löwin mit dem Kopf einer Frau. Mensch und Tier gemeinsam, ein Rätsel, das auch schon den alten Atlantern bekannt war.
    Der Körper schimmerte hellbraun. Die Sphinx lag, sah irgendwo gesättigt aus, wie eine Katze, die es sich bequem gemacht hatte, aber dabei auf der Lauer lag.
    Selbst die Strenge des Gesteins konnte die Schönheit des Frauengesichts nicht überdecken. Ein breiter Mund, eine wohlgeformte Nase und zwei Augen, die aussahen, als würden sie leben.
    »Sie wird sterben!« sagte einer.
    »Ja, aber nicht für immer.«
    »Dann werden wir nicht mehr sein«, bemerkte der dritte.
    Und der vierte fügte hinzu. »Man wird sich an uns erinnern müssen. Atlantis kann nicht in Vergessenheit geraten.«
    »Schauen wir zu, wie sie stirbt«, sagte der erste. Sie traten zurück. Von vier verschiedenen Seiten richteten sie ihre Blicke auf die Figur, die schutzlos den Sonnenstrahlen preisgegeben war. Das war auch die Absicht der Männer.
    Minuten verrannen. Die Sonne schien weiter. Sie schickte ihre Strahlen auf die Sphinx, brannte erbarmungslos gegen den Rücken, wo sich das Gestein plötzlich auflöste. Es begann zu zittern, Tropfen bildeten sich, Blasen entstanden, platzten auf, wurden zu kleineren Tropfen, die sich über dem Körper verteilten und an beiden Seiten an der Gestalt nach unten rannen.
    Aber nicht nur die obere Haut wurde von den Sonnenstrahlen erwischt. Sie brannten sich in den Körper ein, zerstörten ihn ebenfalls von innen, weichten ihn auf, als wollten sie ihn schmelzen.
    Die Figur »schwitzte« und sackte nach einer gewissen Zeit in sich zusammen. Lachen hatten sich bereits gebildet, aber noch hielt sie den Kopf stolz erhoben.
    Auch er wurde nicht verschont.
    Das Haar des Frauenkopfes erwischte es zuerst. Sehr langsam wurde es flüssig. Als träge, zähe Masse breitete es sich aus, floß auch über das Frauengesicht und verzerrte es zu einer Grimasse. Nichts blieb mehr von der Schönheit. Die Augen schmolzen weg, die Nase verkleinerte sich, der Mund schrumpfte, nachdem er zuvor eine schiefe Form angenommen hatte.
    Der Schrei brandete urplötzlich auf. Ein Ruf, der über das Schiff hallte. Grausam, schrill, ein Schrei des Todes, der Qual, ein letztes Aufbäumen vor dem Ende.
    Die vier Männer hörten zu. Keiner von ihnen rührte sich. Die Blicke waren starr auf den Körper gerichtet, der sich verkleinerte. Um ihn herum verteilte sich eine Lache.
    Stunden vergingen, die Sonne wanderte weiter, aber sie hatte ihre Pflicht getan. Die Sphinx war geschmolzen.
    »Sie ist ein Rätsel
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