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Todesflirt

Todesflirt

Titel: Todesflirt
Autoren: Bettina Broemme
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zuzukriegen, so sehr zitterten meine Hände. War ich dabei, verrückt zu werden? Okay, ich war in Max am Anfang auch ziemlich verknallt gewesen – aber so was? Noch dazu, wo ich es doch gar nicht wollte.
    Schweigend saß ich im Bus. Sollte ich von unserem Kuss reden? Ihn fragen, ob er etwas für mich empfand? Oh my god! Ich brachte es einfach nicht übers Herz. Mehrmals öffnete ich den Mund. Und schloss ihn sofort wieder. Auch David schwieg eisern. Er musste sich wohl sehr auf das Fahren konzentrieren.
    Recht wortkarg nahmen wir das Obst und Gemüse entgegen und packten es in den Laderaum des Transporters. David schloss schwungvoll die Hecktür. Da ich links von ihm stand, musste ich an ihm vorbei, um zur Beifahrertür zu gelangen. Im selben Moment gingen wir los, tänzelten umeinander herum, weil jeder den anderen vorbeilassen wollte, und endlich lächelte er. Da nahm ich seine Hand. Seine große, etwas rissige Hand. Und hielt sie einfach fest. Er erwiderte den Druck und ich sah, dass er schluckte.
    »Ist die Tür richtig zu?«, fragte er plötzlich, lehnte sich mit dem Rücken dagegen und drückte noch mal. Alles okay.
    »Äh, ich … du …«, stammelte ich los, ohne auch nur die leiseste Idee davon zu haben, welche Buchstaben meine Zunge als Nächstes formen würde.
    »Ja, du … ich … auch«, stotterte er genauso und wurde tatsächlich rot. Plötzlich musste ich lachen.
    »Was – du auch?«, fragte ich nach.
    »Ich träume jede Nacht, dass wir uns küssen. So einen schönen Traum hatte ich seit Jahren nicht mehr.« Schnell sagte er das, als hätte er Angst, die Worte zu verschlucken, wenn er sie nicht gleich aussprach. Ich konnte ihm endlich in die Augen sehen.
    »Ich träume jede Nacht und jeden Tag davon«, sagte ich. Und da beugte er den Kopf zu mir herunter und endlich, endlich spürte ich seine Lippen auf meinen. Wie zwei Puzzleteile, die perfekt zueinanderpassten.
    »Könnt’s ihr ned mal den Wagen da wegfahren«, holte uns jemand zurück auf die Erde. »Der steht total im Weg, da kommt der Traktor ned durch!«
    Auf der Rückfahrt ließen wir unsere Hände nicht los. Wir umfassten sogar gemeinsam den Gangschaltungsknüppel. Erst als wir ausstiegen und die Gemüse- und Obstkisten in den Kindergarten brachten, lösten wir uns voneinander.
    Die Realität hatte uns grausam schnell wieder. Aber irgendwie hörten sich die Kinderschreie leiser an als sonst, die Kleinen waren leicht wie Federn, wenn man sie herumtrug, und mir schien, sie beschäftigten sich länger als sonst mit einer Sache – und ließen uns in Ruhe. Vielleicht schwebte mein Kopf, mein Herz, mein ganzer Körper so weit oben in Wolke sieben, dass ich nicht mal mitbekommen hätte, wenn der Kindergarten von einem riesigen grünen Drachen verschluckt worden wäre.
    Glücklicherweise war das Wetter herrlich und die Kinder konnten durch den Garten toben. Wir saßen still auf einer Bank und beobachteten sie. Unsere Fingerspitzen berührten sich. Keiner würde es bemerken. Wir glühten innerlich, alle beide. Nur die Zeiger der Uhr hatten sich gegen uns verschworen – sie krochen so langsam wie noch nie.
    Aber irgendwann hatte auch dieser Arbeitstag ein Ende. Wie immer kam Moritz’ Mutter um fünf Minuten nach fünf, entschuldigte sich wortreich für ihre Verspätung und um viertel nach fünf konnten wir den Kindergarten endlich absperren.
    Langsam ging ich zu meinem Fahrrad. Von Trudering, wo meine Eltern wohnten, bis hierher zum Kindergarten in der Messestadt brauchte ich durch den Park gerade mal eine Viertelstunde. Wo David wohnte, darüber hatte ich mir nie Gedanken gemacht. Ich wusste nur, dass er mit dem Bus kam.
    Unschlüssig sperrte ich mein Rad auf. David stand vor mir, die Hände tief in den Hosentaschen vergraben. Wir konnten ja nicht bis morgen früh hier stehen bleiben. Also sagte ich: »Ist richtiges Biergartenwetter heute. Warst du schon mal in einem?« Er schüttelte den Kopf.
    »Dann komm.«
    Bis zum Park gingen wir schweigend nebeneinanderher, mein Fahrrad schob ich. Nach wenigen Schritten hatten sich unsere Hände gefunden. Ich genoss es, nichts sagen zu müssen. Es war ein heiliger Moment. Die Wiesen dufteten und waren von blauen, pinkfarbenen, roten, orangen und weißen Blumen übersät. Die kleinen Nadelwäldchen dazwischen verströmten ein wenig Kühle in den heißen Tag. Vom See wehten die Stimmen der Badenden zu uns hinüber. Ich lief wie auf Wolken.
    Wir blieben im gleichen Moment stehen. Rasch stellte ich mein Fahrrad
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