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Todesfee

Todesfee

Titel: Todesfee
Autoren: P Tremayne
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wird?«
    »Das hat er gesagt. Aber andererseits sind wir dazu da, das Gesetz auszulegen und über seine Einhaltung zu wachen, denn dort, wo die Herrschaft des Gesetzes endet, beginnt die Herrschaft durch Tyrannei. Zumindest haben wir alle drei Jahre unsere großen
féis
, auf denen wir gemeinsam mit anderen über unsere Gesetze diskutieren, diejenigen Gesetze ändern können, die schlecht sind, und diejenigen Gesetze ergänzen können, bei denen dies nötig ist. Aber hier ist nicht das Gesetz fehlerhaft, sondern es fehlt an Beweisen.«
    »Vielleicht sollte man manchmal Indizienbeweise für das Urteil mit in Betracht ziehen, wenn sie sehr aussagekräftig sind … zum Beispiel, wenn man einen umgestürzten, leeren Melkeimer findet und daneben eine Katze schläft. Dann ist klar, dass die Katze die Milch aufgeschleckt hat.«
    Fidelma lächelte verschmitzt.
    »Dennoch könnte ein guter Anwalt argumentieren, dass vielleicht ein Hund vorbeikam, den Eimer umstieß, sodass die Milch herausfloss und verdunstete. Erst später kam die Katze und legte sich neben dem Eimer zum Schlafen nieder. Wer kann also mit Sicherheit sagen, dass die Katze die Milch aufgeschleckt hat?«

|418| DER VERSCHWUNDENE ADLER
    »Dies ist Diakon Platonius Lepidus, Schwester Fidelma. Er ist zu Besuch aus Rom hier und möchte gern mit dir sprechen.«
    Fidelma schaute überrascht auf, als der Fremde in das
scriptorum
der Abtei geführt wurde. Sie war in der Abtei des Augustinus selbst fremd. Augustinus war der einstige Prior des Andreasklosters auf dem Monte Celio in Rom, der hier vor knapp sechzig Jahren verstorben war, nachdem er als Missionar zum König von Kent gesandt worden war. Heute war die Abtei der Mittelpunkt der jütisch-christlichen Gemeinde im Zentrum von Canterbury. Fidelma wartete auf Bruder Eadulf, der einige Dinge mit Erzbischof Theodor zu regeln hatte. Der Mönch, der ihr den Diakon angekündigt hatte, hatte sich bereits wieder aus der Bibliothek zurückgezogen und die Tür hinter sich geschlossen. Als Fidelma sich zögernd erhob, schritt der Diakon auf den Tisch zu, an dem sie gesessen hatte.
    Platonius Lepidus glich von Kopf bis Fuß den römischen Adligen, die sie kannte. Trotz seines geistlichen Gewands strahlte er Arroganz aus. Fidelma war während einer Pilgerreise in Rom gewesen und wusste, dass man ihn dort sofort als Adligen erkannt hätte. Er war groß, dunkelhaarig und von dunkler Hautfarbe. Seine Begrüßung und sein Lächeln wirkten recht freundlich.
    »Der Ehrwürdige Gelasius hat mir erzählt, dass du ihm einen |419| herausragenden Dienst erwiesen hast, als du in Rom warst, Schwester. Als ich hörte, dass du hier in Canterbury bist, wollte ich dich unbedingt kennenlernen.«
    »Wie geht es dem Ehrwürdigen Gelasius?«, erkundigte sie sich sogleich, denn sie erinnerte sich gern an den überlasteten Beamten im Lateran-Palast, dem Sitz des Papstes.
    »Es geht ihm gut, und er hätte dir sicher einen persönlichen Gruß gesandt, hätte er gewusst, dass ich dir begegnen würde. Der
scriptor
hat mir erzählt, dass du hier gemeinsam mit Bruder Eadulf zu Gast bist, den der Ehrwürdige Gelasius ebenfalls in guter Erinnerung hat. Er hat mir außerdem mitgeteilt, dass ihr beide bald zu einem Ort namens Seaxmund’s Ham aufbrechen werdet.«
    »Das ist richtig, Diakon Lepidus«, erwiderte Fidelma ernst.
    »Lass uns einen Moment Platz nehmen und miteinander reden, Schwester Fidelma«, schlug der Diakon vor, wobei er seinen Worten sogleich Taten folgen ließ, und sie mit einer Handbewegung einlud, es ihm gleichzutun. »Ich fürchte, dass ich auch ein eigennütziges Interesse an deiner Bekanntschaft habe. Ich brauche deine Hilfe.«
    Fidelma nahm mit neugierigem Gesichtsausdruck Platz.
    »Ich helfe gern, sofern es in meiner Macht steht, Diakon Lepidus.«
    »Wie viel weißt du über die Geschichte dieses Landes?«
    »Über die Geschichte des jütischen Königreiches? Nur wenig. Ich weiß, dass die Jüten die ursprünglichen Bewohner von Kent vor noch nicht einmal zwei Jahrhunderten vertrieben haben.«
    Der Diakon schüttelte rasch den Kopf.
    »Ich meinte Wissen über dieses Land, bevor die Jüten hierherkamen. Bevor sie die Britannier vertrieben. Die Zeit, zu der es Britannia genannt wurde und eine römische Provinz war. Du |420| weißt, dass unsere Legionen zur Zeit des großen Römischen Reiches dieses Land mehrere Jahrhunderte lang besetzt hielten und regierten?«
    Fidelma neigte zustimmend den Kopf, amüsiert über den Anflug von Stolz in
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