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Todeseis

Todeseis

Titel: Todeseis
Autoren: Bernward Schneider
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Kugel auf ihn ab, und Barrett stürzte getroffen zu Boden. Seine Waffe landete neben ihm. Barrett versuchte, nach ihr zu greifen, aber Carran war schneller und trat auf seine Hand. Barrett schrie auf, vor Wut und vor Schmerz, und Carran trat die Waffe weg, sodass diese in die nächste Ecke flog.
    Raubold, der sofort hinter Gladys getreten war, löste den Schal um ihren Mund.
    »Roger«, weinte Gladys, nachdem sie einige Male Luft geholt hatte. »Roger! Oh, Mr. Raubold. Oh, mein Gott!«
    Raubold hatte ein Messer gezückt und durchtrennte den Strick, der die Handgelenke von Gladys an der Decke gefesselt hielt, und wäre Roger Carran nicht zu ihr gesprungen und hätte sie aufgefangen, wäre sie nahe bei ihrem Peiniger zu Boden gestürzt.
    Carran presste seine Geliebte an sich, sie weinte, sie zitterte und bebte.
    »Es wird alles gut, Liebes«, murmelte er. »Wir müssen dir schnell etwas anziehen, die Titanic ist in großer Gefahr, wir müssen unverzüglich an Deck.«
    Raubold hatte die Stiefel von Gladys entdeckt und kniete sich hin, um ihr hineinzuhelfen.
    »Schauen Sie mal in einem der Schränke nach, Mr. Rau­bold, ob Sie dort etwas Warmes finden«, sagte Carran, als Gladys wieder in ihren Stiefeln stand.
    »Verdammter Hund«, stöhnte der verletzt am Boden liegende Barrett. »Sie haben mich getroffen.« Er hielt sich die Seite, und Carran sah, dass ihm die Kugel in die Rippen gedrungen war und eine blutende Fleischwunde gerissen hatte.
    »Sie müssen mich zu einem der Boote bringen«, stöhnte der Verletzte.
    Carran sagte nichts, kniete aber neben Barrett nieder und öffnete die Bänder von Barretts Schwimmweste.
    »Was tun Sie da?«, rief Barrett mit vor Schmerz verzerrtem Gesicht.
    »Gladys braucht Ihre Weste. Sie selbst benötigen keine mehr.«
    »Lassen Sie das!«, schrie Barrett und versuchte mit der Hand nach dem anderen Mann zu schlagen, aber Carran wich ihm aus. Er hatte die Schleifen gelöst und zog die Weste mit Gewalt von der Schulter und über den Kopf des Verletzten.
    Barrett schrie auf, dann sackte er zusammen. Der Schmerz hatte ihm die Besinnung geraubt.
    Raubold hatte im Schrank eine dicke Wolljacke gefunden, und zusammen mit Carran half er Gladys, die Jacke langsam über die fast taub gewordenen Arme zu ziehen.
    »Komm Liebes, zieh noch die Schwimmweste darüber«, sagte Carran und zog ihr die Weste ihres Peinigers über die Wolljacke.
    Gladys zitterte.
    »Ich bin ganz benommen«, murmelte sie, »und so furchtbar müde.«
    »Wir müssen sofort an Deck«, sagte Raubold. »Die Titanic sinkt.«
    »Haben wir noch eine Chance?«, fragte Gladys, die sich in die Arme ihres Geliebten schmiegte.
    Er strich zärtlich über ihr Haar.
    »Wir müssen es versuchen«, sagte er. »Die meisten Rettungsboote wurden bereits zu Wasser gelassen. Aber vielleicht finden wir für dich noch einen Platz in einem der Boote.«
    »Einen Platz für uns«, flüsterte Gladys. »Ohne dich gehe ich nicht.«
    Raubold war schon an der Tür.
    »Kommen Sie, es ist höchste Zeit.«
    Gladys blickte hinab zu dem verletzten Reeder.
    »Was ist mit ihm?«
    »Wir können nichts für ihn tun«, sagte Carran. »Er wird leider nicht der Einzige sein, der mit diesem Schiff in die Tiefe gerissen werden wird. Wir müssen ihn seinem Schicksal überlassen.«
    »Seine Waffe ist noch in der Kabine«, sagte Raubold. »Wenn er sie findet, kann er sich damit erschießen.«
    Carran blickte sich um.
    »Wo ist die Waffe? Dieser Schuft hat es nicht verdient, einen leichten Tod zu finden.«
    »Wenn wir ihm die Waffe wegnehmen, vergelten wir Gleiches mit Gleichem«, sagte Gladys, »und dann sind wir nicht besser als er.«
    Carran widersprach ihr nicht mehr, und so ließen sie die Waffe, wo sie war.
    Im Kabinengang stand bereits zentimeterhoch das Wasser. Der Fußboden neigte sich tief und stand halb schräg.
    »Wir werden hier bald nicht nur nasse Füße bekommen«, sagte Carran und zog die Kabinentür zu.
    Sie eilten den Gang entlang in Richtung des Treppenhauses. Den Steward, der hinter ihnen her durch den Gang geeilt kam, bemerkten sie nicht mehr.
    Dieser war damit befasst, die Kabinentüren zu verschließen, um die Räume vor möglichen Plünderern zu schützen. Auf dem hinter ihm liegenden Flur hatte er alle Kabinen leer vorgefunden, und nun, als das Wasser immer näher kam, verzichtete er auf Kontrollen und nahm die Türen nur noch mit dem Generalschlüssel unter Verschluss, so geschah es auch mit der Tür der Kabine von Karl Barrett.
    Der Reeder Barrett,
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